Faszination der Wildtiere auf die Leinwand gebannt

Der Natur- und Dokumentarfilmer Rudolf Dietrich aus Lauterbach begeistert im Lumos in Nidda. Das Publikum ist sich einig: Das darf nicht sein letzter Film sein.
Nidda (em). Es war fast wie das Treffen einer weit verzweigten Familie. Naturschutz-Aktive begrüßten einander, Bekannte, die sich lang nicht mehr gesehen hatten, winkten sich zu, erwartungsvolle Spannung lag in der Luft. Weithin bekannt ist der Natur- und Dokumentarfilmer Rudolf Dietrich aus Lauterbach. Seine Fans kamen jetzt in das Lumos Kino in Nidda zur Premiere seines achten Films »Wildtiere auf der Suche nach neuen Lebensräumen«.
Für den gastlichen Rahmen sorgte wie gewohnt das Lumos-Kino. Ein Team berichtete für die Hessenschau. Im vollen Vorführsaal begrüßte der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Oberhessen, Frank Dehnke, der mit seinen Vorstandskollegen gekommen war. Ehrengäste des Abends waren Rudolf Dietrich mit seiner Frau Ursula. Willkommen heißen konnte Dehnke auch Landrat Jan Weckler, den früheren Landrat Rolf Gnadl und Gerold Beckmann, einst Vogelsberger Kollege Dehnkes.
Dankesworte gingen an die »drei Jungs«, die die Lumos-Gründung gewagt und die Corona-Zeit bestanden hatten - Dehnke vergaß aber nicht, auf ihren »guten Finanzierungspartner« hinzuweisen.
100 Stunden die Bilder bearbeitet
Mehr als vier Jahren hatte Dietrich an diesem Film gearbeitet, 100 Arbeitsstunden Bildmaterial bearbeitet, raffinierte Hilfsmittel wie ein Tarnzelt und spezielle Kameraausrüstung genutzt. Er hat abgelegene Lebensräume aufgesucht, konnte zu seinem Erstaunen aber auch in den Innenstädten Lauterbachs, Niddas, Schottens seltene Arten beobachten. Nicht nur die Frage nach den Ursachen wie dem Klimawandel und die Zerstörung artgerechter Lebensräume stehen im Mittelpunkt seines Films. Dietrich will auf die Schutzbedürftigkeit der Arten hinweisen, je näher sie den Menschen rücken, fordert Rücksichtnahme.
Dies tut Dietrich nicht mit langen Erklärungen, sondern mit faszinierenden Bildern. So deutlich hat er mit dem Teleobjektiv einen Perlmutterfalter auf einer Blutweiderichblüte herangeholt, dass man die Behaarung des Leibes sehen kann, die feinen Tastfäden der Fühler.
Was so selbstverständlich im Bild erscheint, hat Dietrich wahrscheinlich lange Stunden des Wartens und Beobachtens gekostet: Stockentenküken versuchen, an einer Staustufe in der Lauter hochzuklettern - die Entenmutter muss ihnen einen Umweg zeigen. Wie ein fliegendes Juwel taucht die Blauflügelprachtlibelle auf. Selbst die feinen Adern in den Flügeln der blaugrünen Mosaikjungfer sind auf Dietrichs Bildern sichtbar. Mitten unter einer Brücke in Lauterbach nistet ein Wasseramselpaar. Die Jungtiere sind mit weit aufgespanntem Schnabel zu sehen, eilig stopfen die Alttiere Insekten hinein und fliegen schon wieder zurück auf Beutefang. Selbst der Ruf der Wasseramsel, ein selten zu hörendes Phänomen, ist im Film festgehalten.
Seit zwei Jahren zeigt sich der als äußerst scheu geltende Schwarzstorch mitten in der Stadt an der Lauter. Den feinen lila-grünen metallischen Glanz seines Halsgefieders kann man nur dank Dietrichs Aufnahmen bewundern - bei Beobachtungen im Freien ist der Vogel viel zu weit weg. Näher an die Orte gerückt ist auch die Gebirgsstelze, die früher nur in abgelegenen Waldgebieten zu sehen war.
Beziehungsdramen der Hirschkäfer
Regelrechte kleine Beziehungsdramen konnte Dietrich an einer Weide in Nidda filmen, die fast unmittelbar an einer viel befahrenen Hauptstraße gelegen ist. Bis zu 17 Hirschkäfern fanden sich hier vor. Mit Sexuallockstoffen ziehen die Weibchen die Männchen an. Da sind noch Hornissen zu verjagen, ein Rivale versucht, das Hirschkäfermännchen vom weiblichen Tier herunterzuziehen. Drohgebärden, ein eindrucksvoller Zangen-Kampf der beiden - das Weibchen ist inzwischen weggekrabbelt, sie scheint desinteressiert.
Einen Hauptteil seiner Beobachtungen hat Dietrich an der Lauter, dem Eisenbach und dem Brenderwasser gemacht, wo eine Biberfamilie eine Burg gebaut, den Bach gestaut und ein neues Teichbiotop geschaffen hat.
Naturfilme verfallen häufig dem Fehler, nur »schöne« Bilder zu zeigen. Dietrich hat auch ein dramatisches Gewitter mit Starkregen im Bild festgehalten, der Biberdamm ist überspült und geborsten, der Teich läuft ab. Aber wenige Tage später haben die Tiere die Burg und den Absperrdamm wieder errichtet, ein Beispiel für die Beharrlichkeit der Natur.
Und noch ein Wanderer ist im Bild: Nashornkäferlarven, sonst nur am Boden von Eichenwäldern zu beobachten, kann Dietrich in seinem Komposthaufen filmen.
»Das war mein letzter Film«, hatte Dietrich schon nach dem dritten Teil des Vulkanfilms gesagt und wiederholte es. Schade, meinte ein Zuschauer nach der Vorführung, wenn er das wirklich machen würde.