Fitness-Familie trotzt Energiekrise
Die steigenden Energiepreise machen den Fitnessstudios zu schaffen. Auch Sinan Sancar, Inhaber der San-Fit-Studios, klagt über seine Energierechnung, die sich verachtfacht habe. Trotzdem möchte er den Jahreswechsel abwarten, bevor er Alarm schlägt. Das lukrative Neujahrsgeschäft steht vor der Tür.
Perihan Sancar steht am Tre sen des San-Fit-Fitnessstudios in Friedberg. Durch eine gläse rne Wand blickt sie auf den Cardio-Bereich. Dort wird auch schon am Montagmorgen geradelt, gesteppt oder gejoggt. Sie grüßt und verabschiedet jedes Mitglied, das am Ein- und Ausgang vorbeikommt. Mit Namen, versteht sich. »Man kennt sich eben persönlich in einem kleineren Studio«, sagt Perihan Sancar. Ihr Mann und Inhaber der San-Fit GmbH, Sinan Sancar, sitzt eine Etage darüber im Büro. Er hat die aktuelle Lage seiner drei Studios in Friedberg, Bad Nauheim und Wöllstadt im Blick.
Wie viele andere Branchen leidet auch die Fitnessindustrie unter den Folgen der gestiegenen Energiepreise. Im Frankfurter Raum haben die Studios bereits die Preise angezogen (siehe Info-Kasten). »Anfang dieses Jahres haben wir den Monatsbeitrag reduziert«, sagt Sinan Sancar. Nun stehen der Inhaber und seine Frau ebenfalls vor der Entscheidung, die Preise zu erhöhen. Eine Erhöhung solle vermieden werden, jedoch gebe es Überlegungen, den Monatsbeitrag des Studios in Wöllstadt an den Preis der Friedberger und Bad Nauheimer Studios anzugleichen. »Unsere Energie- und Heizrechnung hat sich verachtfacht«, sagt Sancar. Dazu haben sich auch die Preise der Zutaten für das beliebteste Getränk im San-Fit erhöht: Milch und Proteinpulver. »Wir mussten zuletzt unsere Preise für die Proteinshakes m ehrfach anheben«, erklärt Perihan Sancar. »Wir haben fast wöchentlich einen Brief bekommen, dass die Kosten für Milch und Proteinpulver steigen.«
Fitnessindustrie stark gebeutelt
Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV) veröffentlicht jährlich die Eckdaten der deutschen Fitnesswirtschaft. Dieser Bericht verdeutlicht, dass die Studios in den vergangenen Jahren große Verluste hinnehmen mussten. Während 2019 der Gesamtumsatz noch bei 5,5 Milliarden Euro lag, schrumpfte dieser aufgrund der Coronapandemie d ramatisch. 2020 schloss die Industrie mit einem Umsatz von 4,1 Milliarden Euro ab. 2021 halbiert sich der Absatz auf 2,2 Milliarden Euro. »Haupttreiber dieser Entwicklung sind die coronabedingten Schließungen der Anlagen im ersten Halbjahr 2021«, resümiert der DSSV in seinem Bericht. Ein genauerer Blick in das Papier verrät, dass nicht etwa die Fitnessketten den Großteil des Umsatzes erwirtschaften. Rund 60 Prozent der Einnahmen gehen auf die Einzel- beziehungsweise mittelständischen Unternehmen zurück. Studios wie die San-Fit-Studios in der Wetterau stellen damit das Rückgrat der Fitnessbranche dar.
Zur Unterstützung der DSSV-Mitglieder hat der Verband eine Energiekampagne gestartet. Diese beinhaltet Hinweise zu Einsparmöglichkeiten und einer Beratungsstelle zur Beantragung von Fördermitteln. »Wir befolgen auch die Tipps des DSSV. Wir haben schon immer versucht, die Studios energieschonend zu betreiben«, sagt Sabine Werner, zuständig für das Marketing der San-Fit-Studios. Die Devise der San-Fit-Betreiber: Energie sparen ohne Qualitätsverlust für die Mitglieder. Beispielsweise verspreche Sancar, dass die kostenintensive Sauna nicht geschlossen werde. Aber: »Wir schalten beispielsweise unsere Außenbeleuchtung früher aus oder achten darauf, dass in den Kursräumen das Licht und die Heizung abgeschaltet sind«, sagt Sinan Sancar und fügt hinzu: »Wer sich den aktuell schweren Zeiten nicht anpasst, wird sie auch nicht überleben.« Laut Perihan Sancar bringen die Mitglieder viel Verständnis für die aktuelle Situ ation auf. »Unsere Studios sind wie eine Familie für uns und unsere Mitglieder«, sagt Perihan Sancar.
T rotz der hohen Inflation blick t Sinan Sancar optimistisch auf das Geschäft nach Weihnachten und zum Jahreswechsel hin. Eine Zeit, in der sich traditionell viele Menschen in einem Studio einschreiben. Sancar sagt: »Bereits jetzt können wir einen Mitgliederzuwachs feststellen.« Werner fügt hinzu: »Auch wenn die Menschen weniger Geld zur Verfügung haben, genießen Fitness und Gesundheit einen hohen Stellenwert.«