Energetische Haussanierung: Man braucht einen Plan

Hauseigentümer fragen sich, was der Beschluss des EU-Parlaments zur energetischen Sanierungspflicht bis 2033 für sie bedeutet. Energieberater Johannes Hoffmann weiß es.
Das Parlament der Europäischen Union (EU) beschloss jüngst, dass Hauseigentümer ihre Wohngebäude bis 2033 energetisch sanieren müssen. Was bedeutet das für Immobilieneigner in der Wetterau? Diese Zeitung hat mit Energieberater Johannes Hoffmann aus Florstadt gesprochen.
Herr Hoffmann, welche Fragen stellen Ihnen Immobilieneigentümer aus der Wetterau derzeit?
Der EU-Beschluss zur energetischen Sanierungspflicht ist bei vielen Menschen noch nicht so richtig angekommen. Bei denen aber, die es realisieren, bricht Panik aus. Die Motivation zu energetischen Sanierungsmaßnahmen ist sehr unterschiedlich. Es gibt Hauseigentümer, die ein altes Gebäude besitzen und wissen, dass sie baulich sanieren müssen. Sie fragen: »Was kann ich energetisch richtig machen und wie komme ich an Fördergelder?« Dann gibt es diejenigen, die nur alte Fenster oder eine alte Heizung austauschen möchten. Es ist die gleiche Motivation dahinter, aber nur auf ein einzelnes Gewerk bezogen.
Die Nachfrage steigt.
Vergangenes Jahr wurde das mehr, weil sich viele Hauseigentümer fragen: »Wie komme ich von den hohen Kosten für Energie herunter?« Dann gibt es natürlich auch diejenigen, die ihr Haus in ökologischer Hinsicht verbessern wollen. Das ist in der Beratung eher ein Mitnahme-/Zusatzeffekt. Bisher gibt es kaum jemanden, der eine Sanierung aufgrund gesetzlicher Vorgaben unternimmt. Ein Grund ist, dass es gesetzliche Vorgaben für den Bestand bisher so gut wie keine gibt. Im Neubau und bei Sanierung sieht es anders aus.
Aber es gibt Vorgaben?
Leitungen im Keller und oberste Geschossdecke dämmen - das sind die gesetzlichen Vorgaben, zu denen Hauseigentümer Auflagen einhalten müssen. Damit wollen wir eine Energiewende herbeiführen?
Was halten Sie von dem Beschluss des EU-Parlaments?
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, es kommt aber auf die Ausgestaltung an. Wir sind erst am Anfang. Dieser Beschluss muss in nationale Gesetze umgesetzt werden. Richtig daran ist auch, am »schlechten Ende« anzufangen, sprich Häuser der schlechtesten Kategorien bis 2033 auf die mittlere Energieeffizienz-Klasse D zu bringen. Mit dieser Vorgehensweise ist die Kosteneffizienz einer Sanierung am höchsten.
Hat man das Thema Energetische Sanierung in den vergangenen Jahren verschlafen?
Wir sind hinten dran. Es wird jetzt protestiert: »Alles kommt so plötzlich und schnell.« Hätten wir die letzten Jahre mehr gemacht, hätten wir jetzt mehr Zeit. Der Klimawandel wartet nicht auf uns, sondern wir warten auf den Klimawandel - wie das Kaninchen auf die Schlange.
Was kann man tun, um energetisch zu sanieren?
Es muss nicht immer eine Gesamtsanierung sein. Es gibt verschiedene Optionen, die unterschiedliche Ergebnisse bringen. Dämme ich die Außenfassade des Gebäudes, spare ich 20, 25 Prozent Energie ein. Bei Fenstern, Kellerdecke und oberster Geschossdecke sind es weniger. Wechsle ich die Anlagentechnik im Keller, etwa die Ölheizung gegen etwas Modernes wie eine Wärmepumpe aus, bin ich bereits um bis zu 40 Prozent besser.
Energieeffizienz-Standard D und E - was heißt das bei Gebäuden eigentlich?
Es erklärt, wie energieeffizient ein Haus ist und fängt in der EU bei G an. G bezeichnet die 15 Prozent energetisch »schlechtesten« Immobilien des Gebäudebestands. Wir haben in Deutschland noch die Sonderregelung H: beispielsweise das Fachwerkhaus mit Öl-, Gas- oder Stromheizung. Oder Ziegelstein-Bauwerke aus den 20er- und 30er-Jahren. Die geraten schnell nach H.
Hat das Baujahr etwas damit zu tun?
Ab 1977 verbesserte sich der Energiestandard durch die verschiedenen Wärmeschutz-Verordnungen. Ein 1984 beantragtes Gebäude ist energetisch effizienter als eines, das vorher fertiggestellt wurde - weil 1984 die zweite Wärmeschutz-Verordnung in Kraft trat. Ein Neubau ab 2000 verbraucht ungefähr 40 bis 100 kWh Energie pro Quadratmeter und Jahr. Dagegen kann ein Fachwerkhaus oder ein Gebäude vor 1977 mit fossiler Heizung das Fünf- bis Siebenfache verbrauchen.
Mit welchen Kosten müssen Hauseigentümer rechnen, die energetisch sanieren wollen?
Das hängt vom jeweiligen Bauteil ab. Es gibt Erfahrungsgrößen, wobei die Preise aufgrund von Handwerker- und Materialknappheit deutlich teurer geworden sind. Nehmen wir ein Ziegelhaus mit zwei Etagen, fünf Zimmern, Dachboden und Ölheizung - da ist man für eine Gesamtsanierung schnell bei 120 000 bis 160 000 Euro. Das kann bis zu 250 000 Euro hochgehen. Der überwiegende Teil der Kosten würde auch bei einer rein baulichen Sanierung anfallen.
Gibt es Förderungen?
Ja, die gibt es. Für die Gebäudehülle kann man 15 bis 20 Prozent Förderung bekommen, für die Wärmepumpe 25 bis 40, für die Pellet-Heizung 10 bis 20, für die Solarthermie-Anlage 25 bis 35 Prozent. Es gibt einen Basiszuschuss und verschiedene Zusatzboni. Der Kostendeckel liegt bei 60 000 Euro pro Jahr und Wohneinheit.
Viele Menschen haben Ängste wegen der zu erwartenden Auflagen. Ist das begründet, beispielsweise bei Rentnern?
Die Ängste kann ich in vielen Fällen nachvollziehen. Dabei übersehen die Menschen meist, dass sie ihr Haus in jedem Fall nach einer bestimmten Dauer baulich sanieren müssen. Das verschlingt ohnehin viel Geld. Für Personen, die über 80 Jahre alt sind und deren Gas- oder Ölheizung kaputtgeht, entfällt laut derzeitigem Gesetzentwurf die Pflicht, auf erneuerbare Energien umzurüsten. Dies war ein Ergebnis der Diskussion auf Bundesebene. So reagiert man auf Härtefälle. Weitere Unterstützung in sozialen Härtefällen ist geplant.
Was halten Sie von Sprüchen in den Sozialen Netzwerken wie »Sehr geehrter Robert H., Hände weg von meinem Haus!« und dergleichen?
Verschiedene Dinge werden dabei vermischt, um einen Schuldigen zu haben. Die EU-Richtlinie hat nichts mit Robert Habeck zu tun - jedenfalls noch nicht. In Deutschland hatte die Regierungskoalition im März 2022 bereits beschlossen, ab 2024 nur noch Heizungen einzubauen, die zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Dies wurde in der Änderung des Gebäudeenergiegesetzes 2022 noch nicht umgesetzt. Ein halbes Jahr später holt uns das gleiche Thema wieder ein.
Was empfehlen Sie Immobilieneigentümern in der aktuellen Situation?
Wichtig ist es, einen Plan zu haben: Kühler Kopf, beraten lassen, bereit sein. Geld, das ich für Energieverbrauch in eine Immobilie stecke, ist weg. Stecke ich das Geld in eine Sanierung, ist das ein Investment in die Immobilie. Die günstigen, einfachen und schnellen Sanierungsmaßnahmen nehme ich vorneweg. Das ist dann wie ein Sparplan.
