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Schlossherrin in spe: Elisa May übernimmt Hotelbetrieb im Schloss Ysenburg

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wjs_ElisaMay3_211023_4c_1 © Nicole Merz

Elisa May übernimmt den elterlichen Hotelbetrieb im Schloss Ysenburg. Doch erst einmal wird die Übernahme durch ein erfreuliches Ereignis verzögert.

Wenn man mit Elisa May durch das Schlosshotel Ysenburg in Staden wandelt, fühlt man sich in ein Museum ihrer Familiengeschichte versetzt. Bilder an den Wänden erinnern an die Vorfahren, eine Vitrine zeigt Lieblingsstücke der verstorbenen Oma, die 12 Hotelzimmer sind mit restaurierten Möbeln aus dem Familienbesitz ausgestattet.

Seit 1852 bewirtschaften die Mays das Renaissance-Anwesen, seit 1949 lockt ein gastronomisches Angebot Einheimische und Tagesausflügler an. Nun steht Elisa in den Startlöchern, um das Unternehmen in der vierten Generation fortzuführen.

Kindheit im Schloss

Leicht falle es ihr nicht, von der Rolle des »Schloss-Töchterchens« in das der »Bossin« zu wechseln, wie ein Mitarbeiter sie bereits liebevoll nenne, erzählt die 32-Jährige. Um sich dafür Zeit zu nehmen, hat sie neuerdings einen guten Grund: Sie ist schwanger. »Somit ist die Thronfolge gesichert«, schmunzelt sie.

Während ihres Heranwachsens im Schloss habe sie nie den Druck verspürt, das familiäre Erbe antreten zu müssen. Sie erinnert sich an eine idyllische Kindheit mit Spielen auf dem »verbotenen Heuboden«, damals gab es Katzen, Hühner und einen alten Eber, der sein Gnadenbrot bekam. Als aber ihre Freundinnen fragten ob sie eine Prinzessin sei, dämmerte Elisa, dass ihr Zuhause kein ganz alltägliches war. Wenn sie ihrer Oma beim Kartoffeln schälen half, dann nur, weil sie Lust dazu hatte: »Das hat mir die Chance gegeben, selbst ein Interesse für den Betrieb zu entwickeln.«

Praktikum im Adlon

Das Interesse kam nach dem Abitur. Es reizte sie, das Hotelwesen von der Pike auf zu lernen, möglichst weit weg von zu Hause. Die Chance bot ein einjähriges Praktikum im Berliner Adlon, wo sie im Housekeeping und Roomservice eingesetzt war. Doch der Sprung »von meinem kleinen Kuschelverein« im familiären Staden ins großstädtische Luxus-Hotel war zu krass ausgefallen: »Dem Renommee des Hauses wurde alles untergeordnet«, erinnert sie sich. »Es ging nur um Leistung. Wir Praktikanten waren nur Nummern, die funktionieren mussten und als billige Arbeitskräfte ausgenutzt wurden.« Ein Bandscheibenvorfall sorgte dafür, dass sie das Praktikum nach einem halben Jahr abbrechen musste.

Eine ganz andere Unternehmensphilosophie »mit gelebten familiären Werten« lernte sie in der Frankfurter Villa Kennedy kennen. In dem Fünf-Sterne-Haus absolvierte sie eine Ausbildung zur Hotelfachfrau und hängte ein BWL-Studium dran. Ihre Bachelorarbeit schrieb sie bewusst über Schloss Ysenburg, »um wissenschaftlich auszuleuchten, wie sich eigene Visionen in einen Traditionsbetrieb integrieren lassen«.

Beim Vater angestellt

Dafür befragte sie auch Mitarbeiter nach deren eigenen Vorstellungen. Denn für Elisa May gehören auch sie zur großen Schlossfamilie: »Manche Mitarbeiter sind schon seit 30 Jahren hier und haben mich als Baby auf dem Arm gehabt. Da kann ich nicht hierher kommen und mich als Chefin aufspielen.«

Nach sieben Jahren Großstadt kehrte das »Dorfmädsche« gerne zurück nach Staden. Doch zunächst einmal als Angestellte, um sich behutsam in die Strukturen einzufühlen. Das bedeutet: Vater Klaus ist gleichzeitig ihr Chef. Während er die Küchenleitung inne hat, kümmert sich Elisa um Hotel, Personal und Marketing. »Natürlich hätte mein Tochterherz von Daddy gerne manchmal mehr Unterstützung, wenn ich in meiner Euphorie neue Ideen einbringen möchte.« Doch sie ist froh, ihn an ihrer Seite zu haben. Nur einen Satz mag sie nicht mehr hören: Das wird schon seit 100 Jahren hier so gemacht. Einige Veränderungen gehen bereits auf ihr Konto: Sie hat den Internetauftritt modernisiert und die Buchhaltung digitalisiert, um diese nicht nachts noch erledigen zu müssen. Mit ihrem Partner ist sie vom Schlossgelände weggezogen. So sehr ihr Herz auch an dem historischen Gemäuer hängt, eine Trennung von Arbeit und Freizeit ist ihr wichtig: »Wie soll man abschalten, wenn man hört, dass in der Küche Not am Mann ist?«

Eigene Ideen

Beim Abschalten helfen ihr Hündin Alice, Zeit in der Natur und Yogaübungen. Aus ihren Interessen gewinnt sie wiederum Ideen für Events im Schloss wie Kräuterwanderungen, Yogawochenenden oder Waldbaden. Ideen hat sie viele im Köcher, die an dieser Stelle nicht alle verraten werden sollen.

Nun blickt sie ihrer neuen Rolle als Mutter entgegen. Ein wenig Bammel hat sie schon bei dem Gedanken, das Schloss einmal alleine managen zu müssen. Doch Elisa weiß sich von einem familiären Netz und treuen Mitarbeitern getragen. Und dann sind da die »guten Geister« des alten Gebäudes: »Oma und Opa passen immer auf uns auf.«

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Zimmer 14: Hier schlafen die Gäste in den Betten von Elisas Urgroßeltern. Ihr Vater wurde hier geboren, und auch sie selbst kam hier schon vorübergehend unter. © Nicole Merz
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wjs_May5_grosz_211023_4c_1 © Nicole Merz

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