„Isabellwürger“: Seltener Vogel erstmals in Hessen beobachtet
Ein seltener Vogel wurde zum ersten Mal in Hessen entdeckt. Ursprünglich kommt die Art aus China und der Mongolei.
Friedberg – Viele Vögel haben mittlerweile ihr afrikanisches Winterquartier erreicht. Daher wird es auch in den Naturgebieten der Wetterau ruhiger. Dennoch gab es in den letzten Wochen einen ausgeprägten „Zugstau“ – und die hessische Erstbeobachtung des Isabellwürgers.
Das vergangene Wochenende hatte für Naturinteressierte in der Wetterau sehr viele seltene Vogelarten zu bieten. Dabei waren vor allem Enten, Gänse und Schwäne mit rund 25 Arten außerordentlich zahlreich vertreten. „Besonders bemerkenswert war eine Ansammlung von 300 Schnatter-, 112 Löffel-, 22 Spieß- sowie 50 Pfeif- und 150 Krickenten, zusammen mit Brandgänsen, Samtenten, Schellenten, Sturm- und Lachmöwen auf den Knappenseen bei Utphe“, berichtet Stefan Stübing.
Vögel in Hessen: Seltene Schatterente in der Wetterau gesichtet
Als Avifaunareferent bei der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) koordiniert er die vogelkundlichen Erfassungsprogramme. Ein so großer Trupp der relativ seltenen Schnatterente sei in der Wetterau nie zuvor gesehen worden. „Auch über 300 Goldregenpfeifer, die auf Ackerflächen zwischen Wölfersheim und Staden rasteten, waren für diese Jahreszeit sehr ungewöhnlich.“
Sehr vielen Naturfreunden wird das Wochenende auch wegen des erneut starken Kranichzuges in Erinnerung bleiben. „Dabei verlief die Zugrichtung der Vögel auffallend nach Süden verschoben“, sagt Stübing. Nicht nur in der Wetterau waren zahlreiche große Formationen zu sehen. Mindestens 4000 Kraniche fielen in verschiedenen Gebieten im südlichen Hessen zur Rast ein.

Was war die Ursache für dieses eindrucksvolle Rastgeschehen so vieler Vogelarten? Am Abend des vergangenen Freitags traf eine aus Nordosten kommende Kaltfront im mittleren Hessen auf Warmluft aus dem Südwesten. In Hessen und weiten Teilen Südwestdeutschlands waren starke Regenfälle und anschließend verbreitete Nebelbildung die Folge, während in Nordostdeutschland leichte Schneefälle, deutlicher Frost und vielfach blauer Himmel winterliches Flair brachten.
Hessen: Viele Vögel sind auf dem Weg in die Winterquartiere
Für zahlreiche Zugvögel im Nordosten waren Kälte und gute Sichtbedingungen das Signal zum Zug in die Winterquartiere. Durch die Nebellagen war die Sicht ab dem mittleren Hessen jedoch so schlecht, dass viele Trupps zur Rast einfallen mussten. „Wird der Vogelzug so abrupt ausgebremst, sprechen die Fachleute von ›Zugstau‹“, erklärt Stübing. Erst mit der Wetterbesserung am Montag und Dienstag konnten die Vögel bei wieder guten Sichtbedingungen weiterziehen.
Besonderes Glück hatte Christin Schmitt aus Darmstadt, als sie während der Beobachtung von Grauammern bei Staden im Rahmen ihres Praktikums bei der HGON einen auffallend hellen Kleinvogel entdeckte: Dieser stellte sich als erster hessischer Nachweis des Isabellwürgers heraus.
Von China nach Hessen: 5500 Kilometer weg von Brutgebieten
Isabellwürger sind nahe mit dem heimischen Neuntöter verwandt, ihr Brutgebiet liegt jedoch vor allem in der Mongolei und in China. Das Winterquartier der Langstreckenzieher erstreckt sich von Ostafrika bis Indien, entsprechend selten ist die Art in Europa zu sehen. Aus ganz Deutschland gibt es bisher erst gut zehn Nachweise. Die etwas martialische Namensgebung verdanken die „Würger“ übrigens ihren Ernährungsgewohnheiten: Selbst nur gut finkengroß, können sie kleinere Mäuse, Eidechsen und sogar Vögel erbeuten.
Besonders erfreulich war, dass sich der seltene Gast überwiegend in einer Blühfläche aufhielt, die von Landwirt Helmut Stelz als Schutzmaßnahme für die Tierwelt der Ackerlandschaft angelegt worden war. Walter Schmidt, Naturschutzbeauftragter beim Forstamt Nidda, betont: „Zusammen mit vielen Rohr-, Gold- und Grauammern, Bluthänflingen, Feldsperlingen und einer Rebhuhnfamilie zeigt der Nachweis des Isabellwürgers etwa 5500 Kilometer von seinen Brutgebieten entfernt den außerordentlichen Wert der Blühflächen für den Schutz der Artenvielfalt im Ackerland.“
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