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»Um jeden Absolventen ringen«

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Der alte und neue Landesvorstand des VLF Hessen mit dem Vorsitzenden Jürgen Dexheimer (3. v. l.) und dem Ehrenvorsitzenden Karl-Peter Mütze (2. v. r.). © Jürgen W. Niehoff

Florstadt (jwn). Die Sorgenfalten wegen der sinkenden Mitgliederzahl waren den Vorständen bei der Tagung des Landesverbands Hessen für landwirtschaftliche Fortbildung (VLF) deutlich anzusehen. Sei es früher fast selbstverständlich gewesen, dass die Absolventen einer landwirtschaftlichen Fachschule einem Verein ehemaliger Landwirtschaftsschüler von sich aus beitraten, so müsse heute um jeden Absolventen gerungen werden, wie der Vorsitzende des VLF-Landesverbands, Jürgen Dexheimer, bei der Verbandstagung am Montag in Florstadt bedauerte.

Heute gehören dem Landesverband noch rund 9600 Mitglieder an. Aufgabe des Verbands und der in ihm zusammengeschlossenen Kreisverbände ist die fachliche Fortbildung der Mitglieder. Angeboten werden Vortragsveranstaltungen, Lehrgänge, Seminare und Lehrfahrten.

Qualität des Ackerbodens betont

Da in diesem Jahr der VLF Wetterau Ausrichter der Landesverbandstagung war, warnte Dexheimer vor einem weiteren Versiegeln kostbarer Wetterauer Ackerfläche und auch vor so mancher Gesetzesvorlage, wie beispielsweise die Ausdehnung der roten Gebiete aufgrund der neuen Düngeverordnung. »Schon die Römer wussten, wie wertvoll der Ackerboden in der Wetterau ist. Diese Weisheit scheint immer mehr in den Hintergrund zu rücken«, sagte Dexheimer.

Auch die Ehrengäste, unter ihnen der hessische Staat- sekretär im Ministerium für Umwelt, Klimaschutz und Landwirtschaft Oliver Conz, unterstrichen die Bedeutung der Wetterau. Sie sei im Laufe der Geschichte von vielen Völkern besiedelt worden, weil sie alle erkannt hätten, wie wertvoll der hiesige Ackerboden sei. Das werde inzwischen auch von der Politik berücksichtigt, »denn seit zehn Jahren haben wir keine Baugebiete mehr auf der grünen Wiese zugelassen«, sagte Florstadts Bürgermeister Herbert Unger.

Doch nicht nur der Siedlungsdruck, ausgehend von Frankfurt, sondern vor allem die wirtschaftlichen Bedingungen hätten die Lage für die verbliebenen rund 900 Landwirte in der Wetterau erschwert, berichtete Kreislandwirt Michael Schneller. So sei die Viehhaltung etwa stark rückläufig. Stattdessen seien immer mehr Pferde für das Freizeitvergnügen anzutreffen. »Das aber ist keine Landwirtschaft mehr im ursprünglichen Sinne«, warnte Schneller.

Vortrag in Mundart

Bei den Vorstandswahlen blieb bis auf Ausnahmen alles beim Alten. So wurde Jürgen Dexheimer (Hünfelden) genauso in seinem Amt als Landesvorsitzender bestätigt wie Uwe Roth (Wanfried) und Christian Staehr (Neu-Anspach) als Vize.

Bevor es zu einem Besuch im Keltenmuseum auf den Glauberg ging, hielt der Geograph und Siedlungswissenschaftler Prof. Eugen Ernst (Neu-Anspach), der auch Gründer des Hessenparks ist, einen Vortrag über die historische Entwicklung der Landwirtschaft in der Wetterau - in Mundart. Die Entstehung der Wetterau sei auf die Verschiebung der Erdkruste in der Tertiärzeit vor etwa 60 Millionen Jahren zurückzuführen. Die Eiskruste, die lange über Teilen Deutschlands gelegen hatte, zog sich zurück und machte Platz für eine tundraähnliche Landschaft mit Sedimenten aus den umliegenden Bergzügen, aber auch Basaltgeröll aus dem östlichen Vogelsberg. Aus diesen Ablagerungen bildete sich mit der Zeit der so fruchtbare Lössboden.

Als erster namentlich bekanntgewordener Volksstamm erkannten die Kelten die Fruchtbarkeit des Gebietes und ließen sich dort nieder. Erst die Römer verdrängten sie und wurden selbst hier sesshaft, schließlich mussten ihre zahlreichen Legionäre mit Lebensmitteln versorgt werden. Großen Einfluss auf die Entwicklung habe später die Kirche ausgeübt, allen voran die Zisterzienser von der Münzenburg und vom Kloster Eberbach, wie Ernst ausführte.

Eigentlich hatte er noch viel mehr zu berichten, doch das gemeinsame Mittagessen machte ihm ein Strich durch die Rechnung. So blieb ihm nur noch Zeit für die Feststellung, dass die Wetterau eine der fruchtbarsten Landschaften Deutschlands sei, zudem mit viel Geschichte aus den Ursprüngen der Zivilisation.

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