Vom »heiligen Drecksack« und Mähroboter

Florstadt-Stammheim (sl). Das Pfarrerkabarett mit Clajo Herrmann und Hans-Joachim Greifenstein gastierte bereits 2012 in Stammheim, die beiden sind also schon gut bekannt. Zumal Herrmann 2015 auch sein Solo-Programm präsentierte. Nun war es wieder soweit: Am Freitag war das Erste Allgemeine Babenhäuser Pfarrer(!)kabarett zu Gast in Stammheim. Gleich zu Beginn scheinen sie in ihrem Programm »Mach Kain Stress« Bilanz zu ziehen aus 26 Jahren Kabarett und über 1400 Auftritten.
Nichts und niemand wird verschont
Und Clajo war gar nicht zufrieden, weil man noch gar keinen Shitstorm geerntet hat. Denn erst dann sei man ein richtiger Star. Dabei hat das Duo in den vielen Jahren seiner Bühnenpräsenz so ziemlich alle und jeden verunglimpft. Sie haben die Dicken und die Dürren, die Frauen und die Männer, die Katholiken und die Protestanten beleidigt. Und natürlich sich selbst aufs Korn genommen.
Allgemein konstatieren sie »harte Zeiten«, der Respekt sei verlorengegangen. Sie wollen nicht in den Status der Bedeutungslosigkeit abdriften. »Freundlich war gestern, ab jetzt ist Arschloch-Zeit« ist ihr neues Credo. Deshalb arbeiten sie mit Verschwörungstheorien, mysteriös und verschroben müssen sie sein. »Man muss die Leute aufhetzen und sich dann genüsslich zurücklehnen«, ist die nächste Aussage, die sitzt. Alle Fakten stünden im Internet, man müsse sie eben nur richtig interpretieren. Überhaupt wird viel Lebenserfahrung vermittelt; dabei streifen sie den »heiligen Drecksack«, die Apotheken-Umschau, Müller-Milch- Joghurtfarben und die Amazon-Drohnen-Überflugsgenehmigungen. Es wird erklärt, wie Facebook ohne PC funktioniere, wer oder was ein Deppenmagnet sei und warum die Corona-Impfung, die das Erbgut verändere, manchmal auch als Chance gesehen werden müsse. Man erlebt, wie Mähroboter mit einem Büschel Gras gelockt werden, was ein tragfähiger Mann kann und wie man die Begriffe paranoid und schizophren erläutert. Selbstkritisch wird die Demütigung für Männer erläutert, wenn er eine Abkürzung kennen will und sie sagt: »So viel Zeit hammer ned.«
Ausverkauft nach kurzer Zeit
Auch die Bahn kriegt ihr Fett weg, wenn ein Zug »auf den Tage genau« abfährt, der Bezug zu »High Noon« hergestellt oder wenn erklärt wird, warum wir in Deutschland im Gegensatz zu Japan Verpflegungsautomaten auf den Bahnsteigen haben.
Köstlich, wenn sie lieber U-Bahn fahren, als in den Zoo zu gehen, und dort den Skinhead bedauern wegen seiner Chemo und den orthopädischen Schuhen. Wenn das »andere Ende« von Arche Noah verkündet wird, wenn der Satz »Meine Leute erkennen mich am Gesicht« fällt, oder wenn vom »liturgischen Sprung« erzählt wird. Aber auch die politischen Parteien, diverse Familienmitglieder, die einfachsten Kindergartenregeln, das Fräulein Schmidt und die Verenglischung der deutschen Sprache werden durchleuchtet.
»Wir sind nach drei Jahren Pause wieder da, und wir sind ausverkauft«, freute sich Kita-Leiterin Gabi Freitag am Freitagabend im Bürgerhaus Stammheim über den überragenden Besuch zum neuen Programm des Ersten Allgemeinen Babenhäuser Pfarrer(!)kabarett. »Wir hatten zwei Plakate ausgehängt und waren innerhalb von eineinhalb Wochen ausverkauft«, erklärte Freitag ihre Freude über die Erlöse zugunsten des Fördervereins der Kita »Sonnenschein«.