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Dieser Mann lebt ohne Plastik

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© Dominik Rinkart

Andreas Arnold hat ein Ziel: Ein Leben ganz ohne Plastik. Wir haben ihn einen Tag lang begleitet und erkannt: Mit einigen Tipps und Tricks ist das eigentlich kein Problem.

Drei Jahre ist es her, dass Andreas Arnold eine Erkenntnis hatte. „Dieser Wahnsinn muss beendet werden!“ Die Plastikverschmutzung der Weltmeere ist aus seiner Sicht die größte Umweltkatastrophe aller Zeiten. Doch die Welt verändern? Das kann der 40-jährige Friedberger nicht. Aber er konnte sich ändern und damit seinen gesamten Lebensstil. Inzwischen lebt er nahezu ohne Plastik. Hatte der ledige Polizeibeamte früher einen vollen gelben Sack pro Monat zu entsorgen, kommt er heute auf maximal einen Sack pro Jahr.

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Plastik sparen ist ganz leicht: „Es ist schon sehr viel getan, wenn jeder einfach seine eigene Tüte mit zum Einkaufen nimmt“, erklärt Andreas Arnold. In seinem Jutebeutel hat er alles, was er braucht, um verpackungsfrei einkaufen zu können.

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In Arnolds Lieblings-Bioladen gibt es das meiste Gemüse unverpackt. Das ist zwar etwas teurer, doch Andreas Arnold ist es das Wert. Für das Argument, dass sei auf Dauer nicht bezahlbar, hat er kein Verständnis.

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„Ich investiere lieber in einen gesunden Körper“, betont der Polizeihauptkommissar: „Wer jeden Tag ein Päckchen Zigaretten kauft oder sich Kaffee aus der Kapsel erlaubt, der soll solche Scheinargumente besser streichen. Für alles, was wichtig ist, findet man einen Weg. Alles andere sind nur Ausreden, um seine Komfortzone nicht verlassen zu müssen.“

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Manche Entscheidungen sind ganz einfach: Ein festes Stück Seife, statt Flüssigseife. Hier im Bioladen, gibt es diese unverpackt. „Sie hält länger und ist daher deutlich günstiger“, betont Arnold. Und sauber macht sie genauso.

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Auch Obst muss nicht in Plastik verpackt sein. Andreas Arnold legt es einfach direkt in den Jutebeutel. Warum auch nicht?

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Und auch das ist möglich: Salat ohne Plastikschale.

Die Behältnisse die Andreas Arnold mitbringt, sind keine besonderen: „Ich halte nichts davon, extra Behältnisse neu zu kaufen. Es gibt so viele Einweg-Verpackungen, die man benutzen kann.“

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Der Radicchio landet so in einer alten Papiertüte und dann im Jutebeutel.

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Sein Brötchen lässt er sich in eine alte Brötchentüte geben. Dabei sind strenge Regeln zu beachten.

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Die Verkäufern darf keine fremden Behältnisse hinter die Theke nehmen. Der Kunde darf sich die Lebensmittel aber auch nicht selbst nehmen. Die Verkäuferin muss daher genau über der Theke das gewünschte Produkt in das Behältnis legen, das Andreas Arnold selbst festhalten muss.

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In der Edelstahldose bleiben die Veggie-Bällchen frisch. Auch Fleisch ließe sich so kaufen. Arnold empfiehlt auch dieses an der Frischetheke zu kaufen: „Man darf sich jedoch keine Illusionen machen, denn das Fleisch wurde plastikverschweißt angeliefert. Aber so produziert man immerhin nicht noch mehr Müll.“

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Anschließend gibt es einen kleinen Snack direkt auf die Hand. Man kennt sich hier im Bioladen. Gezahlt wird später. Wohlgemerkt ohne Bon. „Die Kasse lässt uns die Wahl, ob wir den ausdrucken wollen oder nicht“, sagt die Kassiererin und verzichtet auf das Zettelchen, dass andernorts meist Sekunden nach dem Ausdruck schon wieder weggeworfen wird.

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Mit einer vollen Tasche, einem Lächeln im Gesicht und ganz ohne Verpackungsmüll verlässt Andreas Arnold anschließend den Bio-Laden.

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Arnold hat zu einer entspannten Lebenseinstellung gefunden. Er will nicht missionieren oder mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt laufen. „Es wäre vermessen zu fordern, dass jeder von heute auf morgen seinen Lebensstil ändern soll“, weiß der 40-Jährige. Er selbst hat drei Jahre Übung und Gewöhnung gebraucht, um derart sparsam leben zu können. Und noch heute erwischt er sich gelegentlich in schwachen Momenten, wenn der Hunger ihn spontan übermannt und er sich ein eingepacktes Sandwich kauft.

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Das beutet jedoch nicht, dass er Ausreden akzeptiert: „Es ist anfänglich natürlich anstrengend, seinen eigenen Beutel nicht zu vergessen, aber irgendwann bedeutet Vergesslichkeit auch Gleichgültigkeit“, betont der Polizeihauptkommissar. Hatte er seine Tasche versehentlich zu Hause gelassen, trug er seine Einkäufe eben nacheinander ins Haus: „Da muss man dann auch konsequent sein.“ Auch unterwegs gibt es keine Vorwände: „Mit Organisation kann man alles vermeiden!“

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Heute musste er nur einige frische Lebensmittel kaufen. Die Grundlagen sind zu Hause noch zu Genüge vorhanden.

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Denn seine Grundnahrungsmittel lässt er sich vom Bioladen in großen Papiergebinden bestellen. „Das machen die meisten freien Läden, wenn man mal nachfragt“, erklärt er. Dadurch spart er nicht nur Plastik, sondern auch viel Geld.

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Er selbst lagert seine Lebensmittel in großen, luftdichten Gläsern. Dabei achtet er darauf, dass die nährstoffreichen Lebensmittel in einem dunklen Glas lagern oder im Schrank stehen: „Das UV-Licht greift sonst die Nährstoffe an.“

Dabei betont Arnold: „Es macht keinen Sinn, Plastik, das man schon besitzt, wegzuwerfen, um es gegen ökologisch vertretbarere Behältnisse einzutauschen. Dinge, die benutzt werden, sollen ruhig weiter verwendet werden. Alles andere würde ja nur neuen Müll produzieren.“

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Andreas Arnold hat großes Glück. Direkt vor seiner Haustür findet der wöchentliche Markt statt. Das ermöglicht es ihm auch einige Spezialitäten verpackungsfrei einzukaufen.

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Zum Beispiel Antipasti: Die Verkäufer auf dem Markt haben nichts dagegen, ihre Köstlichkeiten in Arnolds mitgebrachte Gläser zu füllen. Das Glas wird einfach vorher abgewogen.

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Und so landet Köstlichkeit für Köstlichkeit im Jutebeutel.

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Doch es gibt auch Grenzen: Gewürze etwa. Diese würden als lose Schüttware schnell ihr Aroma verlieren. Doch immerhin verzichtet Arnold auf die zusätzliche Plastiktüte.

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Anders sieht es im Tee-Geschäft aus. Hier lässt Arnold sein eigenes Einweckglas befüllen. So bleibt der Tee lange duftig-frisch.

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Das hat nicht geklappt. Andreas Arnold will sich in einer Bäckerei einen Coffee-to-go kaufen. Selbstverständlich hat er an seinen eigenen Thermobecher gedacht. Doch dieser passt nicht unter die Kaffeemaschine. Die Verkäuferin zückt einen Pappbecher und füllt den Kaffee anschließend in den Thermobecher um: „Das ist natürlich Unsinn“, ärgert sich Arnold, denn der Pappbecher wird jetzt weggeworfen. Beim nächsten Mal will er einen kleineren Thermobecher mitbringen.

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Nach drei Jahren Übung hat Andreas Arnold nahezu Perfektion erreicht. Im Haushalt hat er sich zur eierlegenden Wollmilchsau entwickelt und das auch noch vegan. Seine Alltagstipps sind zwar ambitioniert, zeigen aber was mit Wille und Kreativität möglich ist.

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Auch aus seinem Badezimmer hat er das Plastik verbannt. Die Zahnbürste ist aus Holz, Zahnpaste und Deo sind selbst gemacht und statt Body-Lotion nimmt er Olivenöl: „Das ist sehr angenehm. Der Duft vom Olivenöl verfliegt sofort. Allerdings muss ich mich direkt nach dem Duschen einreiben, denn so zieht es besser ein.“ Lediglich für Sonnencreme hat er noch keinen Ersatz gefunden.

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Die Zutaten für die „Zahnpasta“ sind einfach: 40 Gramm Salz, zwei Esslöffel Salbei, mörsern, fertig. Und das Resultat überzeugt: „Mein Zahnarzt ist sehr zufrieden mit meinen Zähnen.“

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„Seitdem ich plastikfrei lebe, lebe ich tatsächlich entspannter“, freut sich Arnold. So erinnert er sich an die Zeiten, als er morgens noch schnell die Mülltonne rausstellen musste, da sie sonst nicht gelehrt worden wäre. „Heute ist mir das egal: Die Mülltonne ist quasi nie wirklich voll.“

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Andreas Arnolds Motivation ist seine Neugier: „Kann ich wirklich plastikfrei leben?“ Über seine Website und seinen Freundeskreis erhält er viel positives Feedback, das ihn zusätzlich antreibt. „Unsere Großeltern haben es ja auch geschafft“, blickt er zurück. Doch lässt er seinen Blick über die Einkaufsstraßen dieser Welt schweifen, erkennt er, dass noch viel zu tun ist, bis die Weltmeere wieder eine Chance haben, bloß aus Wasser und Leben zu bestehen. 

Mehr Infos unter andreas-arnold.net 

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