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Kisten packen bereitet Joachim Arnold Wehmut

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Mit einem weinenden und einem lachenden Auge wird Landrat Joachim Arnold (SPD) heute seinen Chefsessel in der Wetterauer Kreisverwaltung räumen. Ab der kommenden Woche wechselt er als Vorstand an die Spitze des kommunalen Energieunternehmens Oberhessische Versorgungsbetriebe (Ovag).

Weinenden Auges, weil ihm der Abschied vom Chefsessel der Kreisverwaltung nach zehn Jahren nicht leicht fällt. Viele Herausforderungen habe er in dieser Zeit mit gemeistert, viele Projekte angepackt und umgesetzt. „Rückblickend fallen mir vor allem zwei Dinge ein, die all meine Kraft gefordert haben und auf deren Bewältigung ich ganz besonders stolz bin. Das ist zum einen die Wirtschaftskrise 2009 und zum anderen die Flüchtlingskrise 2015“, erinnert sich Arnold. Als er 2008 auch für ihn überraschend die Landratswahl gegen seinen Mitbewerber Oswin Veith (CDU) gewonnen hatte, übernahm er nicht nur einen hochverschuldeten Landkreis, sondern schlitterte sogleich auch in weltweite Wirtschaftskrise.

Gute Ergebnisse

„Meine Aufgabe damals bestand darin, den Schaden für die Wetterau so gering wie möglich zu halten, indem ich für möglichst viel Arbeit sorgte“, berichtet Arnold. Es hätte Krisensitzung auf Krisensitzung mit Vertretern der Landesregierung, der IHK, Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften in seinem Büro stattgefunden. Und wie man im Nachhinein sehe, mit guten Ergebnissen, denn durch die zahlreichen Investitions- und Kurzarbeits-Programme seien die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in der Wetterau nicht so gravierend wie in anderen Teilen Hessens oder der Bundesrepublik gewesen. Auch die Flüchtlingskrise 2015 hat sich für Arnold als große Herausforderung dargestellt.

Denn auf der einen Seite galt es für Unterbringungsmöglichkeiten für die Flüchtlinge zu sorgen, auf der anderen Seite durften die Ängste und Nöte der Bürger nicht unberücksichtigt bleiben. „Hier musste vor allem nach Kompromissen gesucht werden, weil Nächstenliebe und Vorurteile einander gegenüberstanden und die Situation oftmals zu eskalieren drohte“, erinnert sich Arnold. Vor einer ähnlich großen Aufgabe hatte er bereits in seiner 15-jährigen Amtszeit als Wölfersheimer Bürgermeister gestanden, als es um die Bewältigung der Strukturkrise nach dem Ende der Bergbau- und Kraftwerks-Ära in seiner Gemeinde ging. Auch da hatte es Arnold geschafft, Wölfersheim durch Neuausrichtung wieder eine Zukunft zu geben.

Rascher Aufstieg

Zur Politik ist der zweifache Familienvater Arnold erst spät und auch deshalb gekommen, weil er sich gegen die starken NPD-Kräfte in seinem Wohnort auflehnte. Dann musste es aber auch die SPD sein, weil sein Elternhaus sozialdemokratisch eingestellt war. Aufgrund seiner Kompetenz als Diplom-Ingenieur und Dezernent für Land- und Regionalmanagement in Wiesbaden stieg er dann aber ganz schnell zum Bürgermeisterkandidaten in seiner Gemeinde auf und zog schon nach wenigen Jahren 1994 für die SPD ins Rathaus ein. „Eigentlich hat mir die Bürgermeisteraufgabe mehr Spaß gemacht als die des Landrates, weil ich als Bürgermeister den Erfolg oder Misserfolg einer Maßnahme sofort sehen konnte. In einer Kreisverwaltung dauert die Umsetzung naturgegeben wesentlich länger“. Deshalb bezeichnet er sich selber vor allem als Pragmatiker und verdrängt bei Sachentscheidungen die Politik möglichst in die zweite Reihe. Visionen seien nicht sein Ding.

Auch wenn er als Ingenieur und als zusätzlich geprüfter Wirtschaftsförderer bisher stets Führungspositionen bekleidete, so will er doch kein Machtmensch sein. „Nein, die reine Macht interessiert mich nicht. Spaß macht mir vor allem, Menschen zu überzeugen, sie auf den Weg mitzunehmen und sie zu leiten.“ Dabei wollte er als Kind Schiffskoch werden und fremde Länder bereisen. Erst bei der Bundeswehr sei sein Interesse am Ingenieurstudium geweckt worden. Den Wechsel zur Ovag sieht Arnold aber auch lachenden Auges, denn als neuer Ovag-Vorstand hat er gleich Mitverantwortung für den kommunalen Strom-, Gas- und Wasserversorger mit rund 600 Arbeitnehmern, 210 000 Kunden und Umsatzerlösen von rund 450 Millionen Euro pro Jahr.

„Was mich reizt, ist die Tatsache, mit 58 Jahren mich noch einmal einer ganz neuen Herausforderung stellen zu können“, erklärt Arnold abschließend. Und zwar eine Herausforderung deshalb, wie er es formuliert, weil die Energiewirtschaft einer ziemlich unsicheren Zukunft entgegensehe, wo es nun gilt, die Weichen richtig zu stellen. Daran will er mitwirken.

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