1848: Als Carl Scriba für das offene Wort stritt

Ein »Extrablatt im Geist der Freiheit« wurde kürzlich in Frankfurt präsentiert. Vor 175 Jahren fand dort die Paulskirchenversammlung statt, ein Meilenstein der deutschen Demokratiegeschichte.
Auch in unserer Region waren Menschen in Aufruhr, forderten Freiheitsrechte. Die Kulturregion hatte dazu aufgerufen, darüber zu schreiben. Das »Extrablatt im Geist der Freiheit« wird seit Mitte Mai im Rahmen von Veranstaltungen kostenlos verteilt. In einem der Beiträge, den wir nachdrucken, berichtet Patrick Weise, Mitarbeiter des Stadtarchivs Friedberg, über den Journalisten und späteren Friedberger Bürgermeister Carl Scriba.
»In einer Zeit der Auflösung, wo die Stützen der seitherigen Gewalten zusammenbrechen, wo ein neuer frischer Hauch der Freiheit durch die Welt geht, wo aber auch die gestürzten Verräther an dem Glück des Vaterlandes nicht rasten und das alte Joch heimlich und offen wieder dem Volke aufzuzwingen suchen, in einer solchen Zeit ist es vor allem nötig, ein bestimmtes Ziel festzuhalten, eine bestimmte Partei zu ergreifen. Das wollen wir und unser Blatt wird für die Partei des Rechts und der Wahrheit kämpfen. […] Freiheit der Gesinnung, Offenheit des Worts und Einheit im Handeln allein können eine glückliche Zukunft herbeiführen, hierfür zu wirken ist unser fester Wille und sollte unsre Kraft demselben nicht gleichkommen, so bitten wir, doch ihn selbst nie zu bezweifeln.«
Mit diesen Worten nimmt das »Wetterauer Volksblatt« am 28. Juni 1848 erstmals Kontakt mit den Friedberger Bürgern auf. Vom 1. Juli an erscheint es zweimal wöchentlich, kann über alle Postämter bestellt werden. Verantwortlicher Redakteur ist Carl Scriba.
Scriba stammt aus bürgerlichem Elternhaus, war allerdings schon während seines Studiums der evangelischen Theologie in Gießen mit dem revolutionären Gedankengut Georg Büchners und Friedrich Ludwig Weidigs in Berührung gekommen, was in einer starken Involvierung in der republikanischen Szene mündete.
Sein darauffolgendes Studium im Theologischen Seminar Friedbergs brach er zugunsten der Tätigkeit als Hauslehrer ab. Ebenso war er neben seiner Erwerbstätigkeit in großem Umfang damit beschäftigt, politisch geprägte Texte zu verfassen. Deshalb begann er kurz nach Beginn der Pressefreiheit mit dem Verlegen des Wetterauer Volksblatts.
Es sollte sich hauptsächlich mit politischen Themen beschäftigen und sich nicht scheuen, sowohl die Obrigkeit als auch andere politische Akteure in seinen Artikeln anzugreifen und zugleich seine eigenen radikal republikanischen Ansichten zu vertreten.
Wegen seines Einsatzes für Demokratie, der Forderung zur Abschaffung der Monarchie und dem Aufruf, sich der Revolution anzuschließen, war Scriba den Machthabenden ein Dorn im Auge. Folglich wurde er am 18. Juni 1849 wegen Pressevergehens und dem Einstehen für die Badische Revolution verhaftet. Seine viermonatige Haftstrafe und das Wiedererstarken der reaktionären Kräfte beendeten auch den Verlag des »Wetterauer Volksblatts«. 1850 wurde Scriba für die Mitarbeit am »Gießener Volkskalender für 1851« und darin enthaltenen politisch kritischen Äußerungen erneut verhaftet und unter Arrest gestellt.
Bis zu seinem Tod Bürgermeister
1852 gründete er die »Buchhandlung Carl Scriba«, die auch als Verlag diente. Scriba hielt am Schreiben und Publizieren fest und gab unter anderem Gedichtbände und Schriften heraus. Seine weitere politische Laufbahn führte ihn bis zum Amt des Bürgermeisters Friedbergs, das er 1879 bis zu seinem Tod 1883 innehatte. Dies gelang ihm vor allem dadurch, dass er sich nach der Revolution mit dem System arrangierte und als gemäßigter Politiker galt.
