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Abschied aus der Ferne: Wetterauer Bestattungen in Zeiten von Corona

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Von: Petra Ihm-Fahle

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Silke Szymura und Bernhard Laux wollen künftig auch anbieten, auf Wunsch Trauerfeiern per Zoom zu übertragen. 	FOTO: PETRA IHM-FAHLE
Silke Szymura und Bernhard Laux wollen künftig auch anbieten, auf Wunsch Trauerfeiern per Zoom zu übertragen. FOTO: PETRA IHM-FAHLE © Petra Ihm-Fahle

In der Pandemie hat sich auch das Bestattungswesen verändert. Schutzausrüstung ist erforderlich oder die Trauerfeier wird online übertragen. Bestatter aus Bad Nauheim und Karben berichten.

Grau und kalt kommt der November daher. Wer einen Todesfall zu beklagen hat, dürfte aber auch wegen der Corona-Beschränkungen zusätzlich belastet sein. Bestatter aus der Wetterau erleben es regelmäßig mit, etwa Bernhard Laux und Silke Szymura aus Steinfurth.

»Als während des ersten Lockdowns auf dem Bad Nauheimer Hauptfriedhof nur fünf Personen an einer Trauerfeier teilnehmen konnten, war das eine starke Einschränkung. Man musste fragen: ›Wer sind die fünf Personen, die zum engsten Kreis gehören?‹«, schildert das Ehepaar die damalige Situation. Nur fünf Menschen, das sei unsäglich für die Angehörigen gewesen. »Es ist ganz einfach nicht akzeptabel, wenn ein junger Mensch stirbt und nur fünf Personen kommen dürfen. Das braucht eine Alternative«, betont der 55-jährige Laux.

Die Ankündigung des zweiten, reduzierten Lockdowns brachte das Bestattungshaus Laux dann auf die Idee, Online-Übertragungen von Trauerfeiern anzubieten, freilich nur auf Wunsch. Auf den Gedanken kamen Laux und Szymura durch die Erfahrung, dass Menschen nicht teilnehmen konnten, weil sie im Ausland waren. Ein anderes Mal wurde ein Familienmitglied drei Tage vor der Trauerfeier positiv auf das Coronavirus getestet. »Ein Teil der Familie sagte daraufhin, da können wir nicht kommen. Da es nicht anders ging, war Zoom die optimale Lösung.« Dabei sei wichtig, dass es live geschehe. Bei Zoom handelt es sich um ein Programm für Videokonferenzen.

Wertvolle Fotos von der Trauerfeier

Die Absicht, bis hin zum Grab zu filmen, bestehe nicht - es sei denn, jemand möchte dies. Es gehe darum, nur die Zeremonie in der Trauerhalle aufzunehmen, um keinen Gast zu filmen, der das nicht wolle. Bilder einer Trauerfeier zu haben, fänden viele Hinterbliebene wertvoll. »In unserem monatlichen Gesprächskreis ›Über den Tod reden‹ haben wir jetzt eine Online-Gruppe. Da fragte jemand: ›Darf man bei einer Trauerfeier filmen - oder ist es pietätlos?‹", erzählt Szymura. Viele aus dem Kreis hätten gesagt, dass Fotos von der Trauerfeier sehr wertvoll für sie gewesen seien. »Das muss nicht unbedingt auf Corona beschränkt sein«, fügt die 37-Jährige hinzu.

Bestatter Thorsten Winter aus Karben erzählt: »Im März wurde ich, wie viele meiner Kollegen, mit der Corona-Pandemie konfrontiert, und wir waren nicht wirklich darauf vorbereitet.« Gleich zu Beginn habe das Bestattungshaus es mit einer verstorbenen Corona-Patientin zu tun gehabt. »Wir mussten reagieren und haben das auch getan«, blickt der 52-Jährige zurück.

Zu Beginn hätten er und seine Mitarbeiter umfangreiche Absprachen mit Krankenhäusern und Altenheimen getätigt: Darüber, wie die Vorgehensweise sei, wenn ein Corona-Fall vorliege. »Es bestanden große Probleme, Schutzausrüstung zu bekommen, weil das gleichzeitig alle haben wollten.«

Videoanruf nach Australien

Der Trauerritus habe darunter wahnsinnig gelitten, konstatiert Winter. Schwierig seien die unterschiedlichen Regelungen auf den Friedhöfen, was die Personenzahl angehe. »Das ist nicht einheitlich, jede Stadt oder Gemeinde macht es anders.« Daraus ergäben sich Probleme. Für Angehörige sei es beispielsweise unangenehm, Trauergästen zu sagen, wer in die Halle hineindürfe und wer nicht. »Die ganze Trauerpsychologie leidet massiv darunter«, stellt Winter fest. Sich aus 50 Metern Entfernung zu verabschieden, statt wie früher noch einmal an den Sarg oder an die Urne zu gehen, sei nicht ideal. Auch Geistliche hielten es unterschiedlich. »Es gibt Pfarrer, die zu einer Risikogruppe zählen und die keine Trauergespräche mehr mit physischem Kontakt zu den Angehörigen machen. Die machen das nur am Telefon.« Andere Pfarrer hingegen wollten nach wie vor den persönlichen Kontakt. »Ein Trauergespräch am Telefon war früher undenkbar«, betont Winter. Kürzlich habe er es nicht anders machen können, da zwei Verstorbene Corona gehabt hätten und die Familie unter Quarantäne gestanden habe. In einem Fall zeichnete Winter auf Wunsch eine Trauerfeier filmisch auf. Die Nachfrage nach einer Online-Begleitung sei noch nicht an ihn gerichtet worden, einmal habe er die Trauerfeier allerdings per WhatsApp-Videoanruf nach Australien übertragen.

Ausnahmeregelungen für Trauerfeiern

Bis zum 20. Dezember dürfen sich in der Öffentlichkeit aktuell nur fünf Personen, statt wie bisher zehn, aus maximal zwei Hausständen treffen. Ausnahmeregelungen gelten beispielsweise für Trauerfeiern, wobei sich die Zahl der zugelassenen Gäste nach der Größe der jeweiligen Trauerhalle und der Situation vor Ort richtet. Laut einer Anordnung des Landes vom 20. November muss dabei der Mindestabstand von 1,50 Metern zwischen den Menschen eingehalten werden, geeignete Hygienekonzepte sind zu treffen und umzusetzen, Mund-Nase-Bedeckung ist zu tragen. Alle Informationen dazu gibt es unter https://www.hessen.de/fuer-buerger/corona-hessen/verordnungen-und-allgemeinverfuegungen.

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