Begriff »Baden« tabu: Stadt Schotten ändert Seeordnung am Nidda-Stausee

Die Stadt Schotten hat die Seeordnung für den Nidda-Stausee geändert und jeden Hinweis auf eine Bademöglichkeit entfernt. Hintergrund ist ein Gerichtsurteil in einem tragischen Fall in Nordhessen.
Tragischer Unfall mit weitreichenden Konsequenzen: Drei Geschwister sind vor sieben Jahren in einem Feuerlöschteich im nordhessischen Neukirchen ertrunken. Auch in zweiter Instanz hat das Landgericht Marburg dem Bürgermeister eine Mitschuld gegeben. Er habe seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt.
Auf der Tagesordnung für die Sitzung der Stadtverordneten am Donnerstag stand nun eine Änderung der Seeordnung für den Nidda-Stausee. Für das Gelände rund um das Gewässer ist die Stadt als Ordnungsbehörde zuständig. Eigentümer ist der Wasserverband Nidda.
Nidda-Stausee in Schotten: Hinweis auf Bademöglichkeit entfernt
Laut Beschlussvorlage für die Stadtverordneten wurde die Seeordnung dahin gehend geändert, dass der Begriff »Baden« aus dem Text der Verordnung gestrichen wurde. Seither lautet die betreffende Passage in der seit 2003 gültigen Fassung: »Das Baden und Tauchen ist nur innerhalb des abgegrenzten oder in sonstiger Weise gekennzeichneten Badeplatzes und nur während der Tageszeit gestattet. Das Baden und Tauchen erfolgt auf eigene Gefahr. Tauchen mit Atemgeräten ist nur Rettungsorganisationen im Einsatz und bei zuvor angemeldeten Übungen gestattet.«
Zukünftig heißt es: »Tauchen mit Atemgeräten ist nur Hilfsorganisationen und Rettungsorganisationen im Katastrophenschutz im Einsatz und bei zuvor angemeldeten Übungen sowie Firmen, die für den Wasserverband Nidda tätig sind, gestattet.« Jeglicher Hinweis auf eine Bademöglichkeit wird damit aus dem Text der Seeordnung entfernt. Hintergrund ist das Urteil des Landgerichtes Marburg.
Das Gericht hatte dem Bürgermeister der Gemeinde eine Mitschuld attestiert und ihn im Berufungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassung zu einer Geldstrafe über 14 400 Euro verurteilt.
Nidda-Stausee in Schotten: Konsequenzen in vielen Kommunen
Die beiden Urteile in erster Instanz, in denen der Bürgermeister zunächst zu einer geringeren Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war, sowie das Berufungsurteil habe in vielen Kommunen zu Konsequenzen geführt. Auch bei der Stadt Schotten. Sie hat ein Gutachten bei dem Gemeindeunfallversicherungsverband (GVV) eingeholt.
»Uns als Kommune wird empfohlen, keine Hinweise auf eine Bademöglichkeit im Nidda-Stausee zu geben oder in der Seeordnung zu dokumentieren«, betonte Bürgermeisterin Susanne Schaab in der jüngsten Sitzung des zuständigen Fachausschusses im Vorfeld der Sitzung am Donnerstag.
Nidda-Stausee in Schotten: Aufsicht ist nicht zu leisten
Erlaubtes Baden im See, ohne im Fall eines Unfalls ein gerichtliches Nachspiel befürchten zu müssen, wäre nur in einem besonders abgegrenzten Raum möglich, und dann zwingend auch nur mit einer Badeaufsicht. »Eine kontinuierliche Aufsicht am See einzurichten, können wir nicht leisten«, hatte die Verwaltungschefin bereits in einer früheren Ausschusssitzung erklärt, auch mit Hinweis auf den personalintensiven Betrieb im städtischen Freibad.
Ein generelles Badeverbot mit entsprechenden Hinweisen am Seeufer oder in der Seeordnung sei ebenfalls keine Lösung. Ebenso die Formulierung »Baden auf eigene Gefahr«. »Ein Badeverbot lässt sich an sieben Tagen in der Woche nicht kontrollieren. Schon der Hinweis, dass Baden verboten, damit aber - unausgesprochen - grundsätzlich möglich ist, könnte im Zweifelsfall als Einladung zum Baden verstanden werden«, sagte Schaab.
Nidda-Stausee in Schotten: Badesteg weg, Treppe soll gesperrt werden
Die Bürgermeisterin mahnte in diesem Zusammenhang den Gesetzgeber an, eine grundsätzliche Regelung zu treffen. »Solange dies nicht geschehen ist, müssen Hinweise aufs Baden aus der Seeordnung rausgenommen werden, um sicherzugehen.«
Die Stadt Schotten hat bereits an der Infrastruktur Änderungen vorgenommen. So ist der kleine Badesteg unterhalb des hinteren Endes des Campingplatzes nicht wieder aus seinem »Winterquartier« geholt und an der üblichen Stelle am Ufer installiert worden. Die zuführende Treppe mit Geländer soll noch gesperrt werden.
Von den neuen Maßnahmen betroffen ist auch der kleine, idyllisch gelegene Brandweiher in Eichelsachsen, der gerne zum Baden und Abkühlen genutzt wird. Die frühere Leiter, die einen bequemen Einstieg in den Teich ermöglichte, wurde von Mitarbeitern des städtischen Bauhofes inzwischen entfernt.