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»Birder«-Paradies: Brutsaison im Bingenheimer Ried beginnt

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Derzeit zu Besuch in der Wetterau: Das Männchen der Löffelente ist neben der leuchtend bunten Färbung auch am namensgebenden Schnabel erkennbar. © pv

Für »Birder«, wie die Vogelbeobachter auch genannt werden, sind die Monate März und April besonders interessant - vor allem in der Wetterau.

Auch wenn die Langstrecken-Zugvögel aus Afrika aufgrund der niedrigen Temperaturen erst in geringer Zahl eingetroffen sind, ist der Vogelzug in vollem Gange und auch die Brutsaison beginnt. Für Naturbegeisterte sind die Monate März und April daher besonders interessant - vor allem in der Wetterau.

Im Landkreis wurden seit Anfang März knapp 160 Vogelarten beobachtet, davon allein 110 im Naturschutzgebiet Bingenheimer Ried. Besondere Aufmerksamkeit der »Birder«, wie die Vogelbeobachter auch genannt werden, wurde einem Thorshühnchen zuteil. Die nächstgelegenen Brutplätze des kleinen Watvogels befinden sich auf Island, die Winterquartiere auf dem offenen Atlantik. Entsprechend selten wird der Vogel daher in Hessen und allgemein im Binnenland beobachtet. Im Ried wurden in den letzten Wochen 16 verschiedene Watvogel- und zwölf Entenarten beobachtet, darunter weitere seltene Arten wie Seeadler und Moorente.

Besonders auffällig und leicht zu beobachten sind im Naturschutzgebiet zwischen Reichelsheim und Echzell derzeit Krick-, Pfeif-, Schnatter- und vor allem Löffelenten. Stefan Stübing, Vogelexperte der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), ist begeistert: »Von dieser in ganz Süddeutschland sehr selten und nur in einzelnen Paaren brütenden Entenart halten sich derzeit gut 250 Individuen im Bingenheimer Ried auf. Dabei handelt es sich um die mit großem Abstand höchste Anzahl, die jemals in einem Gebiet in Hessen gezählt wurde.«

Auch Kiebitze seien in großer Zahl eingetroffen und könnten beim Brutgeschäft beobachtet werden. Schreiten die derzeit anwesenden Kiebitze alle zur Brut, sei mit einem Bestand von etwa 100 Paaren zu rechnen, was fast einem Drittel des hessischen Brutvorkommens entsprechen würde. »Diese sehr positive Bestandsentwicklung ist auch auf die Einzäunung des Gebietes zum Ausschluss von Füchsen und Waschbären zurückzuführen, die in den Jahren bis 2020 fast den gesamten Nachwuchs der seltenen Brutvögel aufgefressen haben«, sagt Walter Schmidt vom Forstamt Nidda, der die Errichtung des Zaunes Anfang 2021 betreut hatte.

Sichtlich beeindruckt vom Vogelreichtum des Gebietes waren auch die Vertreter der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten, die auf Einladung der Staatlichen Vogelschutzwarte Hessen kürzlich das Gebiet besuchten. Wenige Tage später tagte der Deutsche Rat für Vogelschutz in der HGON-Geschäftsstelle in Echzell, unter anderem mit einem Schwerpunkt zum bundesweiten Kiebitzschutz. Die Erfolge des Schutzzaunes seien als »außerordentlich positiv und wegweisend« bezeichnet worden, berichtet Udo Seum, Arbeitskreisleiter der HGON im Wetteraukreis.

Vom Gegenwind ausgebremst

Bei vielen anderen Zugvögeln verzögerte sich die Ankunft aus dem Winterquartier aufgrund der kühlen Witterung und Gegenwind aus Nordosten. So konnte der Zilpzalp, der sonst ab Anfang März eintrifft, noch bis Mitte des Monats nur ganz vereinzelt festgestellt werden. Mit günstigeren Zugbedingungen stieg die Zahl der in Hessen gemeldeten Tiere allein vom 17. bis 19. März sprunghaft an. Auch die ersten Rauch- und Mehlschwalben zogen mit dieser Warmluft bis nach Hessen. Größere Schwalbenzahlen, normalerweise ab Ende März zu beobachten, sind bisher aufgrund der kühlen Witterung noch nicht eingetroffen.

Ebenfalls vom Gegenwind ausgebremst wurden mehrere Kranichtrupps, die derzeit etwa in den Auen bei Grund-Schwalheim, Staden, Lindheim und Eichen zu beobachten sind. Es handelt sich dabei vor allem um Jungvögel aus dem Vorjahr, die in diesem Sommer noch nicht brüten, aber die unplanmäßige Rast in der Wetterau zu ausgeprägten Balztänzen nutzen.

Gerade bei den gegenüber Menschen sehr scheuen Kranichen, aber auch allen anderen Rast- und Brutvögeln in den Auen ist es wichtig, einen ausreichenden Abstand einzuhalten, um die Tiere nicht zu stören. Spätestens, wenn die Vögel aufmerksam werden und sichernd den Hals recken oder sich zu Fuß entfernen, sollte man sich als Beobachter zurückziehen.

Die HGON bietet kostenlose Führungen (zwei-drei Stunden) zum Bingenheimer Ried an: am Samstag, 15. April, und am Sonntag, 7. Mai. Start ist jeweils um 10 Uhr am ausgeschilderten Parkplatz in Bingenheim. Infos und Anmeldung bei Udo Seum unter Telefon 01 71/89 49 455.

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