1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis
  4. Friedberg

Brauerei aus Friedberg auf Standortsuche

Kommentare

agl_har_Kultland_1_01062_4c_2
Im hintersten Eck des einstigen Bauernhofs haben Lorenz (l.) und Norman Groh einen Platz für ihre Abfüllanlage gefunden. © Loni Schuchardt

Vor 35 Jahren hat der mittlerweile verstorbene Ockstädter Reiner Weidmann die Brennerei Weidmann & Groh samt Kelterei gegründet. 2016 kam eine Brauerei hinzu. Ein neuer Standort wird gesucht.

Wer das Anwesen in der Ober-Wöllstädter Straße 3 in Ockstadt betritt, sieht sofort: Hier mangelt es an Platz. Überall stehen Apfelwein- und Bierfässer und -kästen herum. Nicht viel anders sieht es in den einstigen Stallungen des Hofs aus. Unter der Adresse befinden sich die Brennerei Weidmann & Groh, eine Apfelwein-Kelterei und die Kultland-Brauerei. »Wir platzen aus allen Nähten«, sagt Lorenz Groh im Büro samt Besprechungsraum direkt unter dem Dach des einstigen Schweinestalls. Der Grund dafür: Vor allem die Kultland-Brauerei boomt, aber auch die Produkte aus Kelterei und Brennerei sind gefragt.

Pandemie brachte Schub für Flaschen-Abfüllung

»Mit so einem Erfolg unseres lokalen Biers haben wir niemals gerechnet«, sagt Norman Groh. Leider kann sein Schwiegervater Reiner Weidmann, der die Idee zur Brauerei gehabt hatte, den ganz großen Erfolg nicht mehr miterleben, er verstarb überraschend im Jahre 2019. Weidmann und die Groh-Brüder hatten 2016 gemeinsam die Kultland-Brauerei gegründet. Zunächst wurde nur ein Bier gebraut, das »Kult hell«, welches in 20-, 30- und 50-Liter-Fässern sowie einem 5-Liter-Partyfass abgefüllt wurde. Mittlerweile sind weitere Sorten hinzugekommen: Zunächst das Festbier zum Dorfjubiläum »1200 Jahre Ockstadt« im Jahre 2017. Es folgten das Craftbeer IPA, ein Sommer- und ein Bockbier sowie - ganz neu - der Apfel-Schaumwein »Cidre«.

Für Norman Groh und seinen Bruder Lorenz war die Corona-Pandemie ein gravierender Einschnitt. »Wir hatten Tausende Liter Bier in Fässern, die keine Abnehmer mehr fanden«, erinnert sich Lorenz Groh. So wurde das Bier zunächst in 0,75-Liter-Flaschen abgefüllt. »Das kam sehr gut an«, sagt Norman Groh.

Inzwischen wurde auf gängige 0,33-Liter-Flaschen umgestellt und Anfang des Jahres eine Abfüllanlage in Betrieb genommen. Alle Sorten sind nun in Flaschen erhältlich. Die Nachfrage steigt, die beiden Brüder mieteten sogar eine 300 Quadratmeter große Lagerfläche in einer Halle an. Doch auch die ist schon wieder randvoll.

Enttäuschende Erfahrung

Die Brüder Groh hatten bereits vor fast vier Jahren damit begonnen, ein neues Betriebsgelände - in erster Linie für die Brauerei - zu suchen. Eines stand für beide von Anfang an fest: »Wir kommen aus der Wetterau und wir bleiben in der Wetterau.« Am liebsten würden beide mit ihrem Betrieb in Ockstadt bleiben, und so bemühten sie sich um das Areal der ehemaligen Gärtnerei Lück an der Kreisstraße zwischen Ockstadt und Bad Nauheim. »Das wäre ideal gewesen«, sagt Lorenz Groh. Doch das Gelände darf nur von einem landwirtschaftlichen Betrieb genutzt werden, die Brauerei zählt nicht dazu, obwohl die Brüder die Braugerste selbst anbauen und auch alle anderen Zutaten aus der Region stammen. Die beiden Brüder wurden bei Bürgermeister Dirk Antkowiak und allen anderen Entscheidungsträgern vorstellig, doch ohne Erfolg. Inzwischen ist das Areal verkauft, die Gebäude zerfallen weiter. Lorenz Groh fasst seine Enttäuschung so zusammen: »Alle lieben unser Bier, sie kommen gerne zu uns, aber die nötige Unterstützung fehlt letztendlich.«

Womöglich Umzug nach Steinfurth

Dies galt auch für fast ein Dutzend Flächen im Umkreis von 15 Kilometern, die die Brüder zwischenzeitlich ins Auge gefasst hatten. Mal waren es die hohen Kaufpreise oder Investitionskosten, ein anderes Mal die fehlenden Rahmenbedingungen. Aktuell sind die Brüder mit Investor Gottfried Langstrof im Gespräch. In dessen Plan zur Umgestaltung des Steinfurther Rosen-Union-Geländes ist auch eine Brauerei-Gaststätte vorgesehen. »Da ist alles noch in der Schwebe«, kommentiert Norman Groh entsprechende Gerüchte.

»Wir haben schon so viel Kraft und Energie für die Suche verwendet. In der Zeit hätten wir viel Bier brauen können«, witzelt Lorenz Groh, der mit dem Kultland-Cidre seinem Bruder im Apfelweinbereich »Konkurrenz« machen will. Lorenz Groh: »Ich wollte ihm zeigen, dass ich auch Apfelwein keltern kann.« Das kontert Norman lachend: »Aber mein sortenreiner Apfelwein ist besser.« Erst kürzlich erhielt sein Boskoop-Apfelwein auf der Apfelweinmesse »Cider-World« in Frankfurt mit 116 von 120 möglichen Punkten eine Goldmedaille. »Der Cidre hätte auch gewonnen, ich habe ihn nur nicht angemeldet«, sagt Lorenz. Gut, dass die beiden Brüder bei all den Enttäuschungen ihren Humor nicht verloren haben.

Auch interessant

Kommentare