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Bürgermeister meiden Gipfeltreffen

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Auf dem Winterstein sollen bald Windräder stehen - doch es stehen noch Beschlüsse dazu aus. Das Winterstein-Bündnis fordert die Anliegerkommunen (Friedberg, Rosbach, Ober-Mörlen und Wehrheim) auf, sich zu beeilen. © Nicole Merz

Jeder weitere Tag ohne Windpark auf dem Winterstein kostet die Kommunen und Bürger gut 50 000 Euro. Das rechnete der BUND-Vorstand Werner Neumann am Sonntag beim Gipfeltreffen am Steinkopf-Fernsehturm vor.

Nicht jeder hat genug Lust und Energie, bei 28 Grad Celsius bergauf zu laufen. Ober-Mörlens Bürgermeisterin Kristina Paulenz hatte die Einladung zum Gipfeltreffen am künftigen Windpark Winterstein höflich ausgeschlagen, berichtete Organisator Hans-Dieter Wagner. Ebenso ihre Kollegen Dirk Antkowiak aus Friedberg, Steffen Maar aus Rosbach und Gregor Sommer aus Wehrheim. Dennoch wanderten und radelten am Sonntag fast hundert Menschen aus vier Richtungen auf den Berg. Einer kam sogar im Rollstuhl. Und fast alle waren älter als 50 Jahre. Was manche wunderte, denn der schnelle Bau des Winterstein-Windparks dürfte vor allem im Interesse junger Menschen sein, die den Klimawandel noch ausbaden müssen. Einige von ihnen in bunten Trikots stießen zufällig auf die Pro-Windkraft-Demo. Und radelten bald bergab.

Neben dem Tor zum Fernsehturm hatte das aus 30 Organisationen bestehende Winterstein-Bündnis Lautsprecher und ein rotes Zeltdach montiert. Darunter empfing der Musiker Jürgen Wagner die Ankömmlinge: »Weizen, Rüben, Raps, Kartoffeln und viel mehr, die wachsen alle hier. Unser Äppel sin e Pracht, deshalb ham wir uns gedacht: Wenn das alles so gut klappt, wird auch der Strom selbst gemacht!« Den Refrain »Hier steht bald ein Windpark« sangen alle mit.

Es ist höchste Zeit, meinten die zahlreichen Rednerinnen und Redner. Schon seit zehn Jahren wird über den Windpark debattiert, erinnerte Hans-Dieter Wagner. Hier könne man Millionen Kilowattstunden erneuerbarer Energie ernten. Trotzdem hätten die Besitzergemeinden das Projekt bis zum Beginn des Ukraine-Krieges blockiert.

Das ist vorbei, bekannte der Friedberger SPD-Fraktionschef Klaus Dieter Rack. »Wir waren etwas zögerlich. Aber dann war absolut klar: Der Hebel muss rumgelegt werden, und zwar ziemlich zügig.« Das meinte auch der Wetterauer SPD-Landtagskandidat Matthias Körner.

Den Kommunen liegen laut Rack drei Angebote von Windpark-Erbauern vor. Ihre Konzepte müssten auch für Laien verständlich erläutert werden, forderte Rack. Der Grünen-Fraktionschef und Bürgermeisterkandidat Markus Fenske meinte: Die Bürger der Region müssen sich an den Anlagen über Genossenschaften beteiligen können.

Beim Gipfeltreffen sprach auch der Ovag-Vorstandschef Joachim Arnold. Die Ovag hat sich bislang vergeblich um den Bau des Windparks beworben. Die Bürgermeister verhandelten mit dem regionalen Stromversorger - doch momentan scheinen sie ihm die kalte Schulter zu zeigen.

Das könnte am verführerischen Angebot des gewerblichen Windparkbetreibers Abo Wind liegen. Der verspricht den Kommunen laut Diethardt Stamm vom Energiebildungsverein hohe Pachten. Abo Wind habe mindestens 450 000 Euro pro Jahr und Windmast versprochen. Doch die weiteren 65 Prozent des Ertrags würden dann aus der Region abfließen, meinte Stamm.

In diese Kerbe schlug auch Ovag-Chef Arnold. Er warnte: Eine hohe Pacht für die Windkraftgrundstücke könne die Anlagen unwirtschaftlich machen. »Wir garantieren, dass wir mit der Planung sofort anfangen würden.« Der kreiseigene Versorgungsbetrieb würde die Masten auf eigenes Risiko bauen und mindestens 25 Jahre lang betreiben. Die Hälfte des Ertrages würde investierenden Bürgern, Kommunen und Genossenschaften aus der Region zufließen. Die andere Hälfte ginge an die Ovag, die damit auch den regionalen Busverkehr subventioniere.

Gemeinsame Vorlage in Arbeit

Wenn denn die vier Städte und Gemeinden endlich den Windparkbau in Angriff nähmen: Laut Markus Fenske erarbeiten die Bürgermeister gerade eine gemeinsame Beschlussvorlage dazu - Details dazu wollen sie aber nicht verraten.

An jedem Tag ohne Winterstein-Windpark entgehen der Region mindestens 50 000 Euro, rechnete Werner Neumann vom BUND vor. Die Summe verdoppele sich sogar, wenn man den Schaden durch den unnötigen CO2-Ausstoß durch Kohlestrom hinzurechne. Zehn Windräder mit 100 Millionen Kilowattstunden Leistung würden jährlich 80 000 Tonnen Kohlendioxid vermeiden.

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