»Dahoam könnt’s so schön sein«

Friedberg (gk). Die Stimmung stieg im Minutentakt: Viele Fans waren ins Theater Altes Hallenbad geeilt, um den promovierten burgenländischen Kabarettisten, Liedermacher und Mehrfach-Instrumentalisten Christof Spörk mit seinem Partner Alberto Lovisan aus Graz zu erleben. Spörk (Klarinette, »Quetschkommode«, E-Piano) und Lovisan (am Schlagzeug und E-Gitarre) präsentierten ein schwungvolles Programm auf insgesamt hohem Niveau, das nach zwei Stunden mit langem Beifall und artistischen Zugaben endete.
Der Österreicher Spörk, in musikalischem Elternhaus aufgewachsen, beeindruckt mit einer ganzen Reihe (kultur-)kritischer Songs und eloquenter Wortakrobatik - allerdings zuweilen in so rasendem Tempo vorgetragen, dass die Verstehbarkeit darunter litt.
Spörks Verhältnis zur Heimat ist - wie sollte es bei einem Österreicher auch anders sein - gespalten. Kurze sehnsuchtsvolle Momente werden immer wieder von vernichtender Kritik an burgenländischer Pseudo-Idylle konterkariert.
»Dahoam könnt’s so schön sein, wenn nicht ...«. Ein viel belachter Song handelt vom »Nationalsport« der Österreicher (vornehmlich ländlicher Herkunft) - dem »Sudern«. Das meint: meckern, klagen, schimpfen, nörgeln, sich in Selbstmitleid ergehen: »Ein österreichischer Bauer, der nicht sudert, dem geht’s nicht gut.« Diese griesgrämige Meckerei über alles und jedes mutet irgendwie bekannt an.
»Schon wieder so ein Lied, das nicht zum Mainstream passt.« Stromlinienförmig ist Spörk in der Tat nicht. Genüsslich attackiert er Spießertum, Kleingeisterei, Selbstgefälligkeit und ähnliche Tugenden. Nach dem Prinzip »Vom Hundertsten ins Tausendste« erleben die Hörerinnen und Hörer im Kesselhaus einen entfesselten Rundumschlag des burgenländischen Kraftpakets. Und Alberto am Schlagzeug liefert den passenden musikalischen Background dazu - zuweilen mit kurzen markerschütternden Trommelschlägen. Sollte irgendjemand trotz fetzigen Programms sanft entschlummert gewesen sein, haben diese ihn bzw. sie sehr unsanft wieder geweckt.
Eines von etlichen Highlights ist der internetkritische Song »Ich stimme zu, ich stimme zu, ich ...«. Alles, aber auch alles muss der elektronische Kunde mit seinem Plazet absegnen - bis hin zur eigenen Entmündigung.
Nach der Pause geht’s munter weiter. »Was braucht man zum Leben?« Äußerst wenig. Aber nur, wenn vorher alles Wesentliche vor oder im Haus steht - die große Limousine, die durchgestylte Inneneinrichtung, eine vollautomatisierte Küche. Plastikspielzeug made in China ist weder lebenswichtig noch erhöht es den Lebensstandard. Auch diesem Kulturgut aus Fernost widmet Spörk ein - eher albernes - Lied.
Dass der 50-Jährige jedoch ein »hochaktives Teilzeitarschloch« sei, als welches er sich in einem nachdenklichen Moment tituliert, wird wohl niemand, der ihn im Alten Hallenbad erlebt hat, behaupten können. Der deprimierende Anblick von zum Hochsicherheitstrakt aufgerüsteten Reihenhäusern mit vergitterten Fenstern, Überwachungskameras und so weiter, veranlasst Spörk zu einem hochkalibrigen philosophischen Bonmot, das wir ihm gar nicht zugetraut hätten: »Jeder ist in unserm Land so frei, dass er seine Freiheit selbst abschaffen kann.« In der Tat: Eine höhere Form von Freiheit ist nicht denkbar.
Die Show im Kesselhaus endet mit einem fantastischen Handtrommelsolo Lovisans, der auch noch eine Art entfesselten Schuhplattler hinlegt, während Spörk sein Können an der Klarinette und am Knopfakkordeon demonstriert.
