Das Geheimnis der Kathedrale

Friedberg (gk). Mit der fast zweistündigen mitreißenden Aufführung des »Kirchencriminalmusicals« »Das Geheimnis der Kathedrale« ist Stadtkantor Ulrich Seeger nach dreijähriger coronabedingter Zwangspause wieder ein Meisterstück gelungen. Entsprechend lang anhaltend war der Applaus in der voll besetzten Burgkirche am Samstag und Sonntagnachmittag.
35 Kinder und Jugendliche von Jugendkantorei und Jugendchor sowie neun Musiker der Friedberger »Stadtstreicher« und »Stadtbläser« (Leitung: Andrea Seeger) haben unter Ulrich Seegers souveräner Leitung ihr Bestes gegeben, um das 2003 entstandene Musical von Kurt Enßle mit buntem, prallem Leben zu füllen.
In zehn Szenen mit 14 Aufzügen entfaltet sich vor farbiger Kulisse (Adolfsturm, Stadtkirche) ein spannendes Geschehen, das in keinem Augenblick langweilig wird. Die vom bösen Abt Erhardus (professionell verkörpert von Helen Mehr) bedrängten Bewohner einer spätmittelalterlichen Stadt lassen sich von ihm und seinem Spießgesellen Magister Renatus (Jona Diehl) ihren Schneid nicht abkaufen.
Eindrücke aus dem Mittelalter
Dass es ein Happy End gibt, verdanken sie der jungen Johanna (Michaela Gaukel), die als vorgeblicher Lateinschüler in Jungenkleidern gemeinsam mit ihrem Klassenkameraden Benedikt (Leonor Schneider) die dunklen Machenschaften von Erhardus aufdeckt, der sich mit Renatus und dem von den braven Stadtbürgern erschwindelten Geld, das angeblich zum Weiterbau der Stadtkirche vorgesehen ist, zum Papst nach Rom absetzen will, um dort Kardinal zu werden.
Nicht zu vergessen ist bei all dem die ehrwürdige Hiltgart (verkörpert von Meike Allstädt), die als blinde Seherin nach antikem Vorbild das Ihre zur Entlarvung der Gauner im schwarzen Talar beiträgt. Zu guter Letzt entsendet der Heilige Vater höchstselbst seinen Nuntius Richard (Luisa Twele) in die Stadt, der sich am Ende des turbulenten Geschehens als Johannas bislang für tot gehaltener Vater entpuppt.
Neben den genannten Hauptpersonen tragen vier Erzählerinnen, neun Lateinschülerinnen sowie ein Händler und sechs Marktfrauen das Ihre dazu bei, dass Enßles Musical mit seinen mal freudigen, mal still-besinnlichen oder auch bedrückt-klagenden (u. a. über die in der sechsten Szene wütende Pest) »Cross over«-Melodien einen intensiven Eindruck vom Leben in einer spätmittelalterlichen Stadt vermitteln kann. Dasselbe gilt für die »Stadtstreicher und -bläser«, die als stabiles Fundament für die Gesangsdarbietungen von Chor und Solisten fungieren.
Von den Highlights seien nur einige genannt: Johanna singt gleich zu Beginn der ersten Szene das Lied »Ich komm, weiß nit, woher«. Nachdem sie ihre wahre Identität erfahren hat, stimmt sie in der achten Szene »Ich komm, weiß wohl, woher« an. Vom Dunkel ins Licht - sehr eindrucksvoll! Eine tolle Gemeinschaftsleistung ist der »Glockenkanon« der Lateinschüler in der vierten Szene. Der böse Erhardus beeindruckt mit »Wie lieblich ist die viele Kohle anzuseh’n«. Und Hiltgart hat mit »Ein Mensch sieht, was vor Augen ist« gleich in der ersten Szene ihren großen Auftritt. Zwei wunderbare Stunden klingen mit einem triumphierenden »Halleluja« aller 35 Akteurinnen und Akteure aus.


