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Der Appell fürs Frühjahr: Umdenken beim Gärtnern

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Der Appell lautet: Nicht nur fürs Auge gärtnern, sondern naturnah. Darüber freuen sich dann auch Kohlmeise und Co., die hier eine Gießkanne belagern. SYMBOL © Red

Der Drang zu perfekt aussehenden Rasen und Hecken zerstört Lebensräume vieler Tiere. Frank Uwe Pfuhl von der Nabu-Umweltwerkstatt gibt in Ober-Widdersheim Tipps fürs naturnahe Gärtnern.

Die Natur ab und zu mal walten zu lassen, ist nur einer der Ratschläge, die beim Vortrag des Obst- und Gartenbauvereins Ober-Widdersheim im Bürgerhaus vom Referenten des Nabu Wetterau, Frank Uwe Pfuhl, vermittelt wurden. Interessierte konnten am Montagabend im knapp 80-minütigen Vortrag Tipps und Tricks über einfaches und biologisches Gärtnern erfahren.

Viele Hausbesitzer empfinden den eigenen Garten als Belastung. Deshalb entstehen immer mehr Steingärten oder leere Grünflächen, um die Pflege zu vereinfachen. »Diese Ansicht ist einfach nicht mehr zeitgemäß«, betonte der Referent. Auch würden oft Blumen als Einwegware und Rasen als eine Art grüner Beton behandelt werden. Auch dieser Drang nach Perfektion im eigenen Garten ist laut Pfuhl umweltschädigend. Denn beim übermäßigen Mähen geraten unbewusst Insekten oder deren Larven unters Messer. Außerdem verdunstet in Steingärten das Wasser an der Oberfläche noch bevor es absickern kann. So bleibt die Erde unter den Steinen trocken und Mikroorganismen sterben ab.

Doch Steinen kann man auch etwas Positives abgewinnen. Beispielsweise wenn man heimische Steine zu Trockenmauern türmt und sie bepflanzt. Damit kann man zum Beispiel Eidechsen ein angenehmes Zuhause verschaffen, erklärte Pfuhl.

Pfuhl setzt auf übersichtliche Bearbeitungsflächen. Im Beet sollte man Saatgut verwenden, das über längere Zeit an der Stelle bleiben und überleben kann. Denn ständiges Einsäen, Abernten und Umgraben bedeutet nicht nur Arbeit, sondern lässt den Oberboden an Qualität verlieren.

Auch artenreiche Blumenwiesen können das Gesamtbild eines Gartens deutlich verschönern und sind pflegeleicht. Demnach gibt es für jede Großregion passendes Saatgut, denn sogar die bekannten Gänseblümchen unterscheiden sich in ihren Merkmalen von Ort zu Ort.

Pfuhl riet: Bei der Auswahl vom Saatgut sollte man auf Qualität und regionale Mischungen setzen. Viele Blumenmischungen der Discounter sind aus Arten und Sorten zusammengesetzt, die nicht in die Region passen, eventuell sogar von einem anderen Kontinent stammen. Oft findet man darin Sorten wie Kosmeen, auch als Schmuckkörbchen bekannt. »Die Pflanze sieht hübsch aus, hat aber keinen Mehrwert für die heimische Natur und treibt Insekten geradezu in den Wahnsinn«, erklärte Pfuhl. Sie wirken wie eine Art Drogendealer. Auch der beliebte Schmetterlingsflieder ist nicht geeignet. Er lockt zwar zahlreiche Schmetterlinge an, macht sie regelrecht süchtig, zieht jedoch auch Hornissen an, die dann die Schmetterlinge fressen. Wildbienen und Schmetterlinge seien immer sehr auf eine Pflanze spezialisiert, informierte Pfuhl. Der Schwalbenschwanz beispielsweise benötigt für seine Ablage der Eier und damit für seine Raupen eine Wilde Möhre oder eine verwandte Pflanze.

Ein sinnvoller Schritt ist, beim Rasenmähen bestimmte Bereiche auszulassen und heimische Wildblumen zu bewahren.

Die selbst gesetzten Blumen sollte man längere Zeit stehen lassen, damit die Entwicklungszyklen von Insekten nicht unterbrochen werden. Legen Insekten in der Wilden Möhre ihre Eier ab, ziehen sie sich dann in benachbarte Sträucher und Gebüsche zurück. Bei einem Eingriff in die Natur wird der Zyklus gestört und tötet Insekten wie Schmetterlinge.

Auch das Herbstlaub hat einen großen Mehrwert für heimische Tiere und Pflanzen. Bäume seien wie Humus-Pumpen. Sie kommen mit ihren langen Wurzeln an Mineralien, die tief in der Erde stecken, und pumpen diese Stoffe hoch. Zudem dient das Laub als Schlafplatz für Igel und Würmer. Wer die Grasnarbe schützen möchte, kann das Laub aber auch zur Bedeckung von Beeten verwenden. Der entstehende Humus wird später zum idealen Boden.

Der maßgebende Faktor für ein gelungenes Beet ist die Erde. Besonders gut ist Komposterde, auch Terra Preta genannt. Terra Preta steht für fruchtbaren Boden und ist Teil der Kreislaufwirtschaft. Sie ist reich an Insekten und »guten« Pilzen sowie Bakterien. Durch eingearbeitete Pflanzenkohle sammelt sich das Wasser besser und man muss weniger gießen.

Weitere Informationen gibt es unter der Internetadresse www.umweltwerkstatt-wetterau.de. FOTO: PM

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Frank Uwe Pfuhl © pv

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