1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis
  4. Friedberg

Drei Jahre und vier Monate in Haft

Kommentare

Friedberg (doe). Mit einer Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten ahndete das Schöffengericht des Amtsgerichts Friedberg unter Vorsitz von Richter Dr. Markus Bange am Dienstag den »massiven Gewaltausbruch« eines heute 22-jährigen Butzbachers gegen seine gleichaltrige Freundin im September 2022.

B ewährungsstrafe, wie von Verteidiger Christian Konieczny gefordert, komme nicht in Betracht, da die Bewertung des Vorfalls als gefährliche Körperverletzung während des Ermittlungsverfahrens »haarscharf« an einer Einstufung als versuchtes Tötungsdelikt vorbeigeschrammt sei, so Richter Dr. Bange. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Verteidigung wird Revision einlegen.

Der Vorfall ereignete sich am 10. September 2022. Der Angeklagte, der sich zu dieser Zeit mit Gelegenheitsjobs über Wasser hielt, feierte in einem Garten den Geburtstag eines Freundes, trank nach dessen Angaben »sechs oder sieben Bier«. Gegen 22 Uhr ließ er sich von der Freundin des Geburtstagskindes zu der Wohnung fahren, die er mit seiner Lebensgefährtin und der gemeinsamen dreijährigen Tochter bewohnte.

Lebensgefährtin wollte alleine heim

Dass während der kurzen Autofahrt die »gute Stimmung« des Angeklagten kippte, sah das Gericht in der Weigerung der Lebensgefährtin begründet, ihren Freund in dieser Nacht in der gemeinsamen Wohnung schlafen zu lassen. Weil er wegen eines Unfalls an Krücken ging, hatte der 22-Jährige in den Wochen zuvor mehrfach von sich aus bei seiner Mutter in deren ebenerdiger Wohnung genächtigt. An diesem Abend hatte sich seine Lebensgefährtin mit Freundinnen verabredet und eine Frau zum Übernachten eingeladen, wobei die Damen unter sich sein wollten.

Für die Annahme, dass die vierjährige Beziehung der jungen Eltern sich zu diesem Zeitpunkt ohnehin bereits ihrem Ende näherte, spricht neben einer Erklärung der Lebensgefährtin das Ausmaß an Aggressivität, das der Angeklagte nach seiner Ankunft am Wohnhaus zeigte.

Er schlug die Glasscheibe der Haustür ein und lief die Treppe nach oben, wo ihm seine Lebensgefährtin die Wohnungstür öffnete, »damit er die nicht auch noch kaputtmacht«. In der Wohnung kam es zu einer lautstarken Auseinandersetzung, in deren Verlauf der 22-Jährige die junge Frau »grün und blau prügelte« (Dr. Bange), ihr mit der Kante eines Brettes so heftig auf den Rücken schlug, dass einige der Striemen bis heute zu sehen sind, und sie mehrfach würgte. Als er mit der Drohung »Ich bringe dich um« in die Küche ging, um ein Messer zu holen, konnte die junge Frau ihren Autoschlüssel greifen, barfuß aus der Wohnung rennen und mit dem Auto flüchten, bevor ihr Freund sie einholen konnte.

Keine verminderte Schuldfähigkeit

Abgesehen von einer alkoholbedingten Enthemmung, vermochte Sachverständiger Dr. med. Jens Ulfert, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, beim Angeklagten keine Umstände zu erkennen, die eine verminderte Schuldfähigkeit begründen würden. Die Verteidigung führte die »positive Entwicklung« ins Feld, die das Leben des Angeklagten zuletzt genommen habe. Uneheliches Kind eines US-Soldaten, das seinen Vater nie kennenlernte, hatte der Angeklagte zum Ende der Grundschulzeit auffälliges Verhalten entwickelt und erst mit knapp 20 seinen Hauptschulabschluss gemacht. Anfang Oktober 2023 hatte er zudem eine Ausbildung bei der DHL begonnen. Sein Verhältnis zur Tochter beschrieb auch die Kindsmutter als herzlich und liebevoll, ihr eigenes Verhältnis zu ihm als »wieder okay«. Dem Antrag der Verteidigung, diese »positive Entwicklung« nicht durch eine Gefängnisstrafe zu gefährden, vermochte das Schöffengericht nach kurzer Beratung nicht zu entsprechen. Zu gravierend sei der Gewaltausbruch gewesen, zu brutal das Vorgehen gegen die junge Frau. »Ich möchte mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn es Ihrer Freundin nicht gelungen wäre, fortzulaufen«, wandte sich Richter Dr. Bange an den Angeklagten, der eine Tötungsabsicht bestritten hatte. Die Tat hätte als versuchte Tötung eingestuft werden sollen, »und dann hätten Sie vor dem Schwurgericht am Landgericht gestanden«. Dem Gericht fehlte jeglicher Ansatz des Angeklagten, etwas gegen seine Aggressionsausbrüche zu unternehmen.

Mit dem Urteil folgte das Gericht im Wesentlichen dem Antrag von Staatsanwältin Dr. Julia Vorländer.

Auch interessant

Kommentare