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Essen to go und Packung für’n Müll? Plädoyer für Mehrweg

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Zu viel Verpackungsmüll beim Außerhausverkauf von Essen? Theoretisch ist die Lösung einfach: Man setzt auf Mehrweggeschirr. Die Praxis sieht anders aus, wie nach den Konzerten auf der Friedberger Seewiese zu beobachten gewesen ist. © Jürgen Wagner

Die Klimakrise erfordert viele kleine Schritte. Zum Beispiel Mehrweggeschirr. Das hilft Müll zu vermeiden. Vertreter von Wetteraukreis und DEHOGA berichten über die bisherigen Anstrengungen.

Es funktioniert. Aydin Yilmaz von der türkischen Stadtbäckerei Butzbach hat nur gute Erfahrungen mit dem neuen Mehrweggeschirr gemacht. Und seine Kundschaft, die Kaffee, Couscous oder Fladenbrot in den Boxen des Mehrweganbieters Vytal mitnehmen, statt Plastikmüll zu produzieren, auch, wie er erzählt: »Wir waren bei den ersten, die das Mehrweggeschirr angeboten haben, obwohl wir unter die Ausnahmeregelung fallen.« Betriebe mit maximal fünf Beschäftigten und einer Verkaufsfläche von weniger als 80 Quadratmetern müssen sich nicht an die seit 1. Januar geltende Angebotspflicht für Mehrwegverpackungen in der Gastronomie halten. Sie dürfen das aber.

Yilmaz wünscht sich, dass noch mehr Betriebe mitmachen. Das wünschen sich alle, die mit der Thematik befasst sind. Der Wetteraukreis und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband Dehoga hatten dieser Tage zu einer Videokonferenz eingeladen. Die Klimakrise erfordert Antworten.

Susanne Feiler, Koordinatorin für den Klimaschutz in der Kreisverwaltung, wies eingangs des Gesprächs auf die Herausforderungen des Klimaschutzes hin. Dieser sei real, menschengemacht und gefährlich, aber: »Wir können noch etwas tun.« Zum Beispiel Müll vermeiden. Der wird, trotz aller Gegenmaßnahmen, immer mehr. Zahlen von 2021: Pro Kopf waren es da 76 Kilo Kunststoffabfälle im Jahr, davon 38 Kilo Verpackungen. Erschreckend auch: Seit 1995 hat sich die Menge der Kunststoffabfälle mehr als verdoppelt.

Die Produktion von Kunststoffverpackungen schluckt jede Menge Energie, Treibhausgase werden dabei ausgestoßen. Die Politik hat deshalb das Ziel der Netto-Null-Emissionen ausgeschrieben. Das macht viele Maßnahmen nötig, eine davon ist die Vermeidung von Verpackungsmüll. Der Wetteraukreis sieht sich dabei als Netzwerker und Impulsgeber, der die Kommunen unterstützt.

Betriebe können System wählen

Seit 1. Januar 2023 müssen Betriebe, die ihre Lebensmittel in Einwegkunststoffverpackungen anbieten, auch Mehrwegverpackungen bereithalten und diese zurücknehmen. To-Go-Becher aus Plastik wurden ebenso verboten wie Einweggeschirr oder Plastiktrinkhalme (derzeit werden Restbestände genutzt). Oliver Seidel von der Dehoga Hessen stellte in der Videokonferenz mehrere Systeme für Gastronomiebetriebe vor. Es können eigene Gefäße angeschafft werden (mit eigenem Logo), Betriebe können sich aber auch zusammentun, oder sie arbeiten mit einem Mehrwegsystemanbieter zusammen, wie die Stadtbäckerei mit Vytal. Oder wie die Bäckerei Siebenkorn mit Recup. Wie Holger Simon von Siebenkorn sagte, nutzten alle acht Filialen das Mehrweggeschirr. Pro Ausgabestelle und Monat verursache dies rund 50 Euro Kosten. »Aber man spart die Einwegbecher.«

Wie Seidel sagte, müssen beim Gebrauch des Mehrweggeschirrs Hygieneregeln beachtet werden. Der Vorteil liege aber auf der Hand: Man könne sich in Friedberg am Bahnhof einen (Mehrweg-)Becher Kaffee kaufen, denn man nach Genuss während der Zugfahrt später in Frankfurt an einem anderen Verkaufsstand abgeben kann - ohne dabei Müll zu produzieren.

Aktiv werden müssen die Gastronomiebetriebe. Kontrolliert wird das ganze vom Regierungspräsidium Darmstadt. Ob es bereits Kontrollen gab und in welcher Häufigkeit diese vorgenommen werden, konnte niemand sagen.

Einwegpackungen werden teurer

Das Gesetz biete der Branche die Chance zur Umstellung, sagte Seidel. Aber reichen die Anstrengungen angesichts der Tatsache, dass viele Imbisse (aber auch Filialen von Fast-Food-Ketten) unter die Ausnahmeregelung fallen? Und es oft deren Verpackungen sind, die arglos weggeworfen werden? Für Umweltschützer gibt es immerhin einen kleinen Lichtblick: Wie ein Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsbetriebs sagte, sollen Einwegverpackungen teurer werden. Vielleicht stellen dann auch kleinere Betriebe auf Mehrwegverpackungen um.

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