Feuerwehrmänner als Brandstifter
Wetteraukreis (bac). Am 3. September 2021 klickten für vier junge Menschen die Handschellen: Sie wurden auf frischer Tat gestellt, als sie ein Auto in Brand setzen wollten. Dazu kam es nicht mehr. In dieser Nacht endete eine Serie von Brandstiftungen, die die Menschen im Wetterau- und Main-Kinzig-Kreis in Atem gehalten hatte. Seit vergangenem Donnerstag muss sich die Gruppe - zwei 25-jährige Männer und zwei junge Frauen - vor der 1.
Strafkammer des Landgerichts Gießen verantworten. Da die Frauen zu dem Zeitpunkt 19 Jahre alt waren, wird vor dem Jugendschöffengericht verhandelt.
Die vier wussten zum Zeitpunkt der Festnahme noch nicht, dass sie schon längst in das Visier der Polizei geraten waren. Dies erläuterte der ermittelnde Beamte am Montag. Er erhielt am Freitag, 20. August 2021, einen Anruf eines Feuerwehrmanns mit dem Hinweis, dass sich in jüngster Zeit die Brände im Umkreis von Nidderau auffällig häuften. In Verdacht gerieten dabei bereits die beiden Angeklagten, da diese auffällig häufig die Brände der Feuerwehr gemeldet hatten. Am Montag, 23. August 2021, wurde der Verdacht untermauert: Da lagen vier Brandmeldungen auf seinem Schreibtisch.
Grillanzünder auf Reifen gelegt
Von da an wurde die Clique observiert, ihre Mobiltelefone wurden überwacht. Als einmal kurzzeitig die Observation unterbrochen war, schlug die Gruppe erneut zu: Am 29. August ging ein Auto in Flammen auf, am 3. September wurden sie schließlich gestoppt.
Der Polizist schilderte den Tathergang: Simon T. fuhr zu der Wohnung seines Kumpels Jan A. und dessen Freundin Mara S., die eine der angeklagten Frauen ist. Er holte die beiden ab, sie fuhren anschließend zu Annika S., um anschließend gemeinsam auf Tour zu gehen. Sie fuhren nach Himbach, zum Tennisplatz mit Vereinsheim. Dort stellten sie ihr Auto direkt vor dem der Zivilfahnder ab. Anschließend gingen die beiden Männer zu einem Audi A6, legten Grillanzünder auf den rechten Vorderreifen und zündeten sie an. Anschließend fuhren sie weg. Beim Feuerwehrhaus in Limeshain wurden sie gestellt.
Der Polizist, der sie dabei beobachtete, konnte Schlimmeres verhindern, indem er das beginnende Feuer löschte. Trotzdem entstand ein Sachschaden von rund 3000 Euro. In der darauffolgenden Vernehmung gestanden beiden Männer ihre Taten und gaben noch weitere zu, sodass ihnen 18 Fälle zugeordnet werden konnten. Offen ist, ob noch weitere Taten verübt wurden.
Als kurz nach dieser Vernehmung, am 15. September 2021, erneut ein Range Rover in Ockstadt in Flammen aufging, fiel der Verdacht sofort auf Simon T. Er kam in Untersuchungshaft. Allerdings ergaben Ermittlungen, dass er hier nicht als Täter infrage kommt.
Die Tragweite der Geschehnisse sei den jungen Leuten nicht bewusst gewesen, so die Einschätzung des Polizeibeamten. Sie hätten versucht, alles herunterzuspielen. Schließlich hätten sie ja nur Hecken und alte Autos in Brand gesteckt. Doch beim Brand einer Thujahecke am 21. August 2021 hätte weitaus mehr passieren können. Sie brannte auf einer Länge von 15 Metern ab und stand in unmittelbarer Nähe zu einer Hofreite, einem Fachwerkbau inmitten des Ortskerns. Die Flammen hätten da leicht übergreifen können.
Direkt zu den Taten verabredet
Simon T. habe versucht, seine Tatbeteiligung herunterzuspielen: Er sei nur der Fahrer gewesen. Das sei jedoch durch Chat-Protokolle widerlegt. Aus denen gehe klar hervor, dass er sich mit seinem Kumpel direkt zu den Taten verabredet habe. Die beiden Frauen hätten bei den Taten »Schmiere gestanden«, so auch an dem Tag der Festnahme: Sie saßen im Auto und informierten die Männer telefonisch, dass jemand in dem Auto sitze, was ihnen merkwürdig vorkam. Sie gaben ihnen den Tipp, möglichst unauffällig zum Auto zurückzukehren. Zur Motivlage habe Simon T. gesagt, dass er sich in einer Lebenskrise befunden hätte - bedingt durch eine schwierige Beziehung zu seiner Freundin und der schweren Erkrankung seines Vaters. Die Brände seien ein positive Erlebnis gewesen.
Pikant: Beide Hauptangeklagten, Jan A. und Simon T., sind aktive Feuerwehrmänner. »Die Feuerwehr hatte bei beiden einen enormen Stellenwert, wie wir auch anhand ihrer Facebook-Profile feststellen konnten«, sagte der Beamte. Zum Schluss der Vernehmung sei Simon T. weinend zusammengebrochen, berichtete der Polizist. Ihm muss zu dem Zeitpunkt wohl klar geworden sein, dass sein Traum - eine Karriere bei der Feuerwehr - gescheitet ist. Der Prozess wird fortgesetzt.