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Frischer Wind aus dem Norden

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Käpt’n Johnny (Jannik Nowak) singt und moderiert begleitet von Kuddel (Nenad Nikolic) auf dem Akkordeon und Hodi (Kian Dyalili) mit der Tuba. © Loni Schuchardt

Friedberg (har). Wer am Montagabend die Stadthalle betrat, der spürte sofort einen Hauch von Norden, eine Möwe »flog« vor dem Vorhang, aus den Lautsprechern waren Meeresrauschen und Möwenschreie zu hören, am Bühnenrand lagen dicke Seile.

Es war dies der äußere Rahmen für eine zweistündige »Nord-Revue« aus Musik, Varieté, Comedy und Slapstick, die seit 2017 unter »Albers Ahoi« firmierte und sich nun »Mahoin« nennt, eine Wortkreation aus Moin und Ahoi.

Auf Einladung der Volksbühne war »Mahoin« nach Friedberg gekommen, »der einzigen Stadt, in der Elvis wirklich stationiert war«, wie Frontmann Johnny alias Jannik Nowak nach dem Einmarsch der fünfköpfigen Brass-Band durch den Saal erklärte.

Schon hatte er die Besucher auf seiner Seite. Mit viel Sprachwitz und Humor führte er durch die »Reise über die sieben Weltmeere«, einschließlich mancher schon bekannter Kalauer und einigen nicht ganz jugendfreien Trinksprüchen und Andeutungen.

Nicht jugendfreie Trinksprüche

Das gehört zum rauen Seemannsleben dazu, und es gefiel den Besuchern ebenso wie die moderne Interpretation bekannter Seemannslieder, Shantys, Filmmelodien und Schlager, die allesamt irgendwas mit Hamburg und der Seefahrt zu tun haben.

Die Musiker in Matrosenhosen beließen es aber nicht bei traditionellen Interpretationen, sie verpassten Klassiker wie »Nimm mich mit Kapitän auf die Reise« zum Auftakt, ein ganz neues Gewand, meist mit viel Tempo, angetrieben von Schlagzeuger »Willi« (Fridtjov Schulze).

Aber auch ruhiger fünfstimmiger Gesang, exzellente Arrangements und die außergewöhnliche Instrumentierung garantierten absoluten Hörgenuss. Das ist frischer Wind aus dem hohen Norden.

Jannik Nowak begeisterte nicht nur als der moderierende Käpt’n des Fischkutters »Alte Möwe«, sondern auch als Sänger und exzellenter Cornetspieler, der zusammen mit Saxofonist Heiner (Henry Lambrecht) und Akkordeonspieler Kuddel (Nenand Nikolicz) immer wieder begeisterte, ebenso wie »Hodi« (Kian Dyalili) auf der Tuba.

Und dann war da noch der nicht immer ganz zuverlässige Schiffskoch Scholle (Tobias Schaller), der sich im Verlauf des Abends als exzellenter Jongleur von Bierflaschen und Äpfeln, in die er beim Jonglieren sogar hineinbiss, entpuppte.

Auf ihrer »Weltreise«, die »links an Helgoland vorbei« (Johnny) begann, traf das Sextett immer wieder auf besondere Menschen - allesamt exzellente Artisten, deren Auftritte perfekt in die Handlung passten und die genauso hervorragend von der Band live begleitet wurden.

Da war zunächst Seilspringerin Julia Grote mit einer tempogeladenen Rope-Skipping-Show. Mia Mattenklott bekam immer wieder Zwischenapplaus bei ihrer Artistik am drehenden Ring. Viktoria Lapidus als spanische Senorita überraschte mit einer ausgefeilten und zugleich fröhlichen Hula-Hoop-Show, während Lukas Köster leichte Bälle vom Boden und zwei Kastenelementen immer wieder zu sich zurückspringen lies und schließlich sieben Bälle jonglierte.

Artistischer Höhepunkt war die Partner-Akrobatik von Julia Grote und Lukas Köster. Das alles passte perfekt in die Show, bei der die Zuschauer immer wieder mit einbezogen wurden. Da wurde bei Klassikern wie »La Paloma«, »Rum aus Jamaika« oder dem »Wellermann« lautstark mitgesungen und mitgeklatscht.

Schunkeln auf der Reeperbahn

Schließlich schunkelte der komplette Saal bei »Auf der Reeperbahn nachts um halb eins«. Johnny brauchte gar nicht mehr vorsingen. Doch Mahoin kann auch anders: »Wir haben schwere Zeiten hinter uns, jetzt Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten. Viele vergessen, wie gut es uns geht. Wir sollten demütig und dankbar sein«, sagte Johnny und plädierte für mehr Toleranz.

Dazu passte das von Hans Albers 1947 gesungene »Und über uns der Himmel lässt uns nicht untergehen« aus dem gleichnamigen Nachkriegsfilm. »Heimat kann auch ein Gefühl sein«, meinte Johnny gegen Ende der Show, die von den Besuchern mit stehenden Ovationen gefeiert wurde. Was folgte war ein fünfzehnminütiger Zugabenblock, der mit einem ruhigen plattdeutschen Volkslied und einem Schlussbild mit allen Beteiligten endete.

So schön kann der Norden sein.

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Mia Mattenklott schwebt leicht und anmutig im schwebenden Ring durch die Luft. © Loni Schuchardt
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Als spanische Senorita lässt Viktoria Lapidus die Reifen kreisen. © Loni Schuchardt

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