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Gemeinsames Lesen verbindet

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Von: Harald Schuchardt

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Uli Ludwikowski (2. v. l.) liest vor, Bettina Zeller, Gerhard Förster und Burkhard Klein (v. l.) lesen den Text mit. © Loni Schuchardt

Friedberg (har). Eine Gruppe von Leseinteressierten traf sich erstmals im November letzten Jahres im Bibliothekszentrum Klosterbau zum gemeinsamen Lesen von Kurzgeschichten oder Auszügen aus Romanen. »Shared Reading« heißt die Idee, die aus England stammt und inzwischen immer häufiger auch in Deutschland angeboten wird.

»Das ist ein Angebot für alle Generationen«, sagt Uli Ludwikowski, die Initiatorin der Friedberger Gruppe. Die Mitarbeiterin des Bibliothekszentrums ist schon länger Mitglied der Share-Reading-Gruppe der Stadtbibliothek in Frankfurt Bornheim.

Nach einer Ausbildung zur Shared-Reading-Anleiterin in Berlin gründete Ludwikowski die Gruppe mit zunächst sieben Teilnehmenden, darunter auch ein Ehepaar. In der Bad Nauheimerin Kirsten Hofmann fand sie - auf Empfehlung der Frankfurter Gruppe - eine Mitstreiterin in Sachen »geteiltes Lesen«.

Im 14-täglichen Wechsel wählten Hofmann und Ludwikowski Texte aus, unter anderem von Regisseurin und Autorin Doris Dörrie und Schriftstellerin Lena Gorelik sowie dem schottischen Schriftsteller John Burnside.

Hofmann hat inzwischen in Bad Nauheim eine eigene Shared-Reading-Gruppe gegründet, worüber in dieser Zeitung berichtet wurde. Dies hatte zur Folge, dass sich zum Treff am Dienstag im Klosterbau zahlreiche »Neulinge« angemeldet haben. »Wir sind jetzt 13, drei fehlen allerdings krankheitsbedingt«, sagte Ludwikowski, die den »Neuen« kurz das Prinzip von »Shared Reading« erklärt.

Der vor Lesungsbeginn verteilte Text wird in drei Abschnitten gelesen. Dazwischen und danach wird über den Text gesprochen, wobei jeder seine Wahrnehmungen und Eindrücke schildern kann. »Man kann aber auch gar nichts sagen«, so Ludwikowski. Dementsprechend sind die Erwartungen bei den Teilnehmern ganz unterschiedlich.

»Ich lasse mich überraschen«, meint Burkhard Klein. Der Ockstädter ist zum ersten Mal dabei und bekennt, dass er in letzter Zeit gar nicht so oft zum Lesen gekommen ist, wie er es sich eigentlich wünscht. Eine andere Teilnehmerin erzählt, dass sie schon in Frankfurt Mitglied einer Shared-Reading-Gruppe ist und sich nun freut, dass es ein solches Angebot in Friedberg gibt. »Ich bin eine Leseratte und freue mich, mal nicht alleine zu lesen«, meint die Ockstädterin Bettina Zeller, die ebenfalls zum ersten Mal dabei ist.

»Das ist immer eine sehr nette Runde«, sagt Gerhard Förster, der von Beginn an dabei ist. »Ich lese sehr gerne, und ich finde es toll, sich über die Texte auszutauschen. Normalerweise liest man ja für sich alleine«, sagt der Friedberger.

Derweil hat Ludwikowski den Text der Kurzgeschichte »Alles fängt mit A an« des deutsch-türkischen Schriftstellers Selim Özdogan verteilt. »Noch nicht vorher lesen«, sagt Ludwikowski, die kurze Zeit später mit der Lesung des ersten Teils beginnt. Konzentriert lesen alle mit, einige markieren mit den zuvor verteilten Kugelschreibern Textpassagen der Geschichte um den in Deutschland lebenden türkischen Jungen Can. »Die erzählende Person gibt noch nicht sehr viel von sich frei«, meint eine Teilnehmerin, und eine andere sieht in dem Text ihre Vorurteile bestätigt und ergänzt: »Das ist mein ganz persönliches Empfinden.«

Klein hat während der Lesung an seinen vier Jahre alten Enkel gedacht: »Der ist genau das Gegenteil von Can, der plappert den ganzen Tag.« Uli Ludwikowski freut sich, dass nahezu alle Teilnehmer den Text kommentieren und auch persönliches Empfinden freigeben. Der zweite und auch der dritte Teil der Kurzgeschichte wird von zwei Teilnehmenden gelesen. Mehr als positiv fällt schließlich Ludwikowskis Fazit aus: »Es war eine sehr spannende Gesprächsrunde mit vielen unterschiedlichen Perspektiven auf den Text.«

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