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Großartige Aufführung

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Von: Gerhard Kollmer

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Figaro (Alex Winn, M.) schildert dem Schürzenjäger Cherubino (Sophie Wenzel) die Freuden des Soldatenlebens. Basilio (Erich Bro-Larsen) hört amüsiert zu. © Gerhard Kollmer

Friedberg (gk). 28 Musiknummern (davon je 14 Arien und Ensemble-Nummern) in drei Stunden: Diesen Kraftakt muss bewältigen, wer Mozarts wohl populärste Oper in italienischer Sprache - die 1786 in der Wiener Hofoper uraufgeführte »Hochzeit des Figaro« - erfolgreich auf die Bühne bringen will.

Dem elfköpfigen »KlangbadOrchester« unter Leitung von Karin Hendel ist dies - gemeinsam mit dem gleich großen Ensemble (Regie Veronika Brendel) und den neun Sängerinnen und Sängern des »Klangbad-Chors« (Leitung Wolfgang M. Weiß) sowohl in der Premiere am Freitagabend als auch der zweiten Aufführung am Sonntagnachmittag so überzeugend gelungen, dass der Schlussapplaus des zahlreich erschienenen Auditoriums schier kein Ende nehmen wollte.

Zur verwickelten Handlung des »Figaro« nur so viel: Der gräfliche Barbier Figaro (Alex Winn) ist mit Susanna (Sonja Doniat), Kammerzofe der Gräfin (Esther Hock), verlobt. Graf Almaviva (Timon Führ) bedauert, auf das hergebrachte »Recht der ersten Nacht« verzichtet zu haben, und will Susanna zu seiner Geliebten machen. Als er seinen Pagen Cherubino (Sophie Wenzel) bei ihr entdeckt, schiebt er ihn zum Militär ab. Auch der Arzt Bartolo (Katharina Weltzien-Falk) und seine Haushälterin Marcellina (Tanja Haßler) versuchen Figaros Hochzeit mit Susanna zu verhindern.

So weit die Ausgangslange. Was dann folgt, ist ein toller Reigen an (harmlosen) Intrigen und ständig wechselnden Bündnissen. Die Zuschauer tun deshalb gut, sich ganz auf die großartigen Musiknummern zu konzentrieren.

Alex Winn als Figaro begeistert von Beginn an mit seinem volltönenden Bass und bewältigt jede noch so schwierige Phrase souverän. Sowohl im Solo (»Se vuol‹ ballare Signor Contino«, »Non piu andrai, farfallone amoroso« oder dem erleichterten »Tutto è disposto« am Ende des vierten Akts) wie Duettino (»Se a caso madama«) mit Sonja Doniat als Susanna erntet er immer wieder heftigen Applaus. Man sieht einen humorvollen, grundgütigen, kraftvollen Mann, der trotzdem keiner Fliege ein Bein krümmen könnte.

Doniat ist unbestrittene »prima inter pares«: Die Sopranistin führt den Reigen von durchweg hochqualifizierten und motivierten Akteurinnen und Akteuren an. Nur zwei ihrer zahlreichen Perlen seien genannt: »Venite inginocchiatevi« und (im Duett mit dem Grafen) »Perchè finora farmi languir così?« zu Beginn von Akt drei. Sie versteht es meisterhaft, jede noch so kleine emotionale Befindlichkeit Klang werden zu lassen.

Ein wunderbarer Einfall von Mozarts Librettisten Lorenzo da Ponte ist die Figur des Cherubino. Er/Sie ist als androgyne, launische, immer verliebte, schnippische Gestalt angelegt. Besonders Gräfin Almaviva ist sehr von ihm/ihr angetan. Wenzel spielt und singt diesen Cherubino in kongenialer Weise. Mozart und da Ponte hätten ihre Freude gehabt. Schauspielerisch gebührt ihr zweifellos die Krone. Nicht nur die berühmte Arietta »Voi che sapete« begeistert, sondern auch »Non so più cosa« aus dem ersten Akt.

Optimales

Zusammenwirken

Sopranistin Esther Hock als Rosina erntet mit ihrer bewegenden Cavatine »Porgi, amor« heftigen Applaus. Sie gibt die melancholische, von ihrem Mann vernachlässigte Gräfin auf überzeugende Weise. Dieser hingegen ist hoffnungslos in Susanna vernarrt und streicht erst kurz vor Schluss die Segel. Timon Führ (Bariton) als ehrfurchtgebietender Graf bleibt neben vielen anderen mit seiner Arie »Hai già vinta la causa!« in Erinnerung. Wunderbar auch die zahlreichen Ensemblenummern wie »Cosa sento? Tosto andate« und die Chorszenen (Ständchen der Landfrauen »Giovani liete, fiori spargete«) aus Akt I.

Dass das Auditorium Zeuge einer großartigen, rundum gelungenen Aufführung werden konnte, ist Karin Hendel, der musikalischen Gesamtleiterin, zu danken. Sie sorgte so unauffällig wie souverän für optimales Zusammenwirken von Orchester und Ensemble.

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Schlüsselszene: Die Hochzeit des gräflichen Barbiers Figaro (Alex Winn) mit der Kammerzofe Susanna (Sonja Doniat) steht kurz bevor. © Gerhard Kollmer
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Cherubino (Sophie Wenzel) übt, wie man sich beim Militär bewegt. © Gerhard Kollmer

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