Haare schneiden, Meere retten: Besonderes Engagement in Ockstadt

In einem Ockstädter Friseursalon sammelt man abgeschnittete Haare und spendet sie an eine Organisation, die damit Meere, Seen und Flüsse reinigt.
In einem Friseurgeschäft fallen viele Haare an. Sie werden zusammengekehrt und in den Müll geworfen, Nicht so im Friseursalon »Sister Act« in Ockstadt. Inhaberin Heike Albergamo und ihr Team sammeln seit Januar dieses Jahres alle anfallenden Haare in Säcken und senden die vollen Säcke an die Aktion »Hair Help the Oceans«, die die Haare in verschmutzten Gewässern zum Einsatz bringt. »Da haben selbst abgeschnittene Haare noch eine Aufgabe«, freut sich Albergamo, die von einer Kundin auf die Aktion aufmerksam gemacht worden ist.
Ein Kilo Haare kann bis zu acht Kilo Öl aufsaugen
»Sie hat mir den Ausdruck eines Artikels darüber mitgebracht. Ich fand die Idee sofort toll«, sagt die Friseurmeisterin, die auf diese Weise einen Beitrag gegen Ölkatastrophen oder andere Wasserverschmutzungen in Deutschland und auch international leisten will.
Bisher wurden auch bei ihr die Haarreste über den Restmüll entsorgt, denn nur wenige Haare sind für Perücken geeignet. Jedoch besitzen Haare die besondere Eigenschaft, viel Fett aufzusaugen. Diese Funktion behalten die Haare auch nach dem Schneiden bei. Daher eignen sie sich hervorragend dazu, als natürliches Reinigungsmittel gegen Verschmutzungen wie Öl, Benzin und Sonnenmilchreste in Meeren, Flüssen und Seen eingesetzt zu werden. Ein Kilo Haar kann bis zu acht Kilo Öl aus dem Wasser ziehen.
Etwa alle drei Monate zehn Kilo Haare in Säcken
Die Haarfilter werden von »Hair Help the Oceans« weltweit eingesetzt. Die aus den Haaren gefertigten Matten und Netze können bis zu achtmal verwendet werden. Im Sommer 2019 kamen die Haarfilter auch vor Mauritius zum Einsatz, als dort ein Frachter auf Grund gelaufen war und mehrere Tausend Tonnen Öl verloren hatte.
Gegründet wurde die Initiative von Unternehmensberater Thomas Keitel aus Würzburg und Friseurmeister Emidio Gaudioso aus Bückeburg, dessen Salon zu den 50 Top-Friseursalons in Deutschland gehört.
»Ungefähr alle drei Monate haben wir zehn Kilo abgeschnittene Haare verpackt. Diese werden dann von einem Paketdienst abgeholt«, berichtet Albergamo, deren Kundinnen und Kunden es durchweg toll finden, dass »wir uns im Salon zum Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz Gedanken machen«. Die Salon-Inhaberin hofft, dass weitere Salons in der Region Partner von »Hair Help the Oceans« werden.
Begeistert von der Sammelaktion ist auch Stammkundin Annette Schana: »Ich finde das super. Sonst sind Haare ja einfach Abfall, der in der Tonne verschwindet. Ich unterstütze alles, was mit Nachhaltigkeit zu tun hat.« Da ist die Kundin im Friseursalon »Sister Act«, den Heike Albergamo vor 25 Jahren mit ihrer Schwester Silke Uftring eröffnet hat, genau richtig. »Nachhaltigkeit und Energie sparen ist für mich schon lange ein Thema, nicht erst seit der Energiekrise«, sagt Albergamo, die die Salonbeleuchtung schon vor sieben Jahren auf energiesparende LEDs umgestellt hat und Ökostrom bezieht.
Dosen und Tuben werden recycelt
Nicht im Müll landen bei ihr auch alle Haarspraydosen und Farbtuben sowie die Alufolien, die zum Haarefärben genutzt werden. Diese werden nach dem Färben abgespült und landen zusammen mit den Dosen und Tuben in einer Kiste. Ist diese voll, holt sie ein Paketdienst ab und bringt sie zur Firma »First Foils«, von der Albergamo die Alufolie bezieht. Die gebrauchten Folien werden ebenso recycelt wie Tuben und Dosen.
Dafür zahlt sie einen monatlichen Beitrag; das tut sie auch für die Haar-Sammelaktion. »Das deckt die Logistikkosten, das mache ich gerne«, erläutert die Friseurmeisterin, die als weitere Nachhaltigkeitsmaßnahme Wasserspardüsen an allen Wasserhähnen angebracht hat.
Weitere Informationen zu der Haar-Sammelaktion gibt es im Internet unter www.hair-help-the-oceans.com.
Geschenke für Kinder
Heike Albergamo und ihr 20-köpfiges Team von »Sister Act« engagieren sich auch im sozialen Bereich und unterstützen Ockstädter Vereine. Derzeit werden außerdem wieder Geschenkpäckchen für die Kinder der Friedberger Tafel gesammelt. »Meine Kundinnen und Kunden machen gerne mit, nehmen einen Wunschzettel vom Weihnachtsbaum, kaufen ein und bringen die Päckchen zu uns zurück«, sagt Albergamo. Die ersten Päckchen stehen schon im Salon.