Haftstrafe nach Stich in den Hals
Friedberg/Bad Nauheim (doe). Zu insgesamt drei Jahren und drei Monaten Haft, einer zwölfmonatigen Führerscheinsperre und einer Schadensersatzzahlung von 4000 Euro an das Opfer, das einen tiefen Schnitt in den Hals erlitten hatte, hat das Schöffengericht des Amtsgerichts Friedberg unter Vorsitz von Richter Dr. Markus Bange einen 39-jährigen Bad Nauheimer verurteilt.
Das Gericht folgte damit vollumfänglich dem Antrag von Staatsanwalt Christian Bause, dem sich der Vertreter des als Nebenkläger auftretenden 31-jährigen Opfers, Rechtsanwalt Onur Türktorun, angeschlossen hatte. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Armin Kröll, hatte das Gericht um eine Bewährungsstrafe gebeten. Er wird nun in Berufung gehen.
Der zweite Verhandlungstag begann mit der Vernehmung mehrerer Polizeibeamter, die am späten Abend des 13. Dezember 2021 zu den beiden Tatorten in Friedberg und Bad Nauheim gerufen worden waren. In Friedberg hatte der Angeklagte zunächst den neuen Lebensgefährten seiner Ex-Verlobten gegen 23.30 Uhr auf die Straße vor dessen Haus gelockt und ihn im Handgemenge mit einem Messer am Hals verletzt.
Verteidiger Kröll maß dem späteren Opfer eine gewisse Mitschuld zu: »Wären Sie einfach in der Wohnung geblieben, wäre das alles nicht passiert«, wandte er sich an den Nebenkläger.
Der etwa einen Zentimeter tiefe Schnitt war nach Aussage des Sachverständigen Thomas Wolter vom Rechtsmedizinischen Institut Gießen zwar nicht lebensbedrohlich, hätte dies aber sehr wohl sein können, da am Hals mehrere lebenswichtige große Gefäße verlaufen. »Mein Mandant hat Glück gehabt, und Sie haben das auch, denn sonst säßen Sie jetzt wegen eines Tötungsdelikts vor einem anderen Gericht«, gab Nebenklage-Vertreter Türktorun dem Angeklagten zu bedenken.
Der hatte nach dem Messerschnitt von seinem Opfer abgelassen und war - mit einem Blutalkoholwert von über zwei Promille und ohne gültigen Führerschein - nach Bad Nauheim zurückgefahren. Er stürmte zur Wohnadresse seiner Ex-Verlobten, trat zwei Türen ein, rief, man solle ihn »endlich in Ruhe lassen« und verletzte im Gerangel mit seiner Ex und deren Eltern, die ihn gemeinsam aus der Wohnung drängen wollten, die Mutter mit dem Messer leicht am Finger.
Während etliche Polizeibeamte in Friedberg noch damit beschäftigt waren, die vom Opfer zahlreich herbeigerufenen Familienmitglieder vom Betreten des Tatorts abzuhalten (»Sie haben damit die Arbeit der Polizei erschwert, das hätte nicht sein müssen«, schrieb Richter Dr. Bange dem Nebenkläger ins Stammbuch), ging die nächste Alarmierung an den Tatort in Bad Nauheim ein. In dessen Nähe ließ sich der nun ruhig und orientiert auftretende Angeklagte anstandslos festnehmen.
Gericht: Notwehr nicht glaubhaft
Bei Durchsuchungen wurden im Fußraum des Täterfahrzeugs ein Messer, in der Hosentasche des Angeklagten ein Einhandmesser (eine verbotene Waffe mit neuneinhalb Zentimeter langer Klinge) und ein Schlagring sichergestellt. Auf Antrag der Polizei erließ der Wetteraukreis umgehend ein Waffenverbot gegen den Angeklagten.
Wie Richter Bange in der Urteilsbegründung ausführte, sah das Gericht die vom Angeklagten bestrittene gefährliche Körperverletzung als ebenso erwiesen an wie die weiteren Delikte (Sachbeschädigung, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Fahren unter Alkohol, Verstoß gegen das Waffengesetz), die der Angeklagte eingeräumt hatte. Seine Behauptung, in Notwehr gehandelt zu haben, hielt das Gericht nicht für glaubhaft. Durch sein Erscheinen am Tatort und das Herauslocken des Nebenklägers habe er die Situation selbst herbeigeführt. Zugute hielt ihm das Gericht, dass er sich offenbar subjektiv durch den Nebenkläger und seine Ex-Verlobte verfolgt gefühlt hatte, die enthemmende Wirkung des Alkohols und sein Teilgeständnis.