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Heiße Tage, kein Wasser: Was überlebt, was vertrocknet?

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Von: Rebecca Fulle

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ful_MaisfeldTrockenheitI_4c © pv

Wie haben Simone Hofmann vom Wölfersheimer Betrieb Spargel-Hofmann und Thomas Wamser von der Karbener Reitanlage am Ludwigsbrunnen das Jahr überstanden? Wie schauen sie auf 2023?

Tagelang 37 Grad, kein Tropfen Regen in Sicht: Mit dieser Wetterlage wurden diesen Sommer viele Landwirte konfrontiert. »Für die Pflanzen war es extrem stressig, genauso wie für mich«, sagt Simone Hofmann. Knapp 20 Jahre lang hat sie mit ihren Eltern den Betrieb Spargel-Hofmann in Wölfersheim geführt, seit drei Jahren leitet sie ihn nun gemeinsam mit ihrem Sohn. Auf rund 110 Hektar Fläche (das entspricht rund 154 Fußballfeldern) bewirtschaften sie Getreide, Gemüse und Obst.

» Wir haben Gurken, Melonen, Feldsalat, Rosenkohl, Lauch, Kartoffeln, Kürbis, Tomaten und vieles mehr«, zählt Hofmann auf. Auch Sonderkulturen, also Spargel, Erdbeeren, Himbeeren, Johannisbeeren und Brombeeren werden auf dieser Fläche angebaut. Bei so einer großen Auswahl an Produkten stand die 51-Jährige häufig vor der Entscheidung: »Wem gibst du Wasser, wem nicht? Wen lässt du sterben, wem sicherst du das Überleben?« Gerade dieses Jahr sei das für sie eine Zerreißprobe gewesen. »Ich wusste nicht, wie ich all die Pflanzen über den Sommer bringen soll.«

Der Betrieb Hofmann setzt nicht auf feste Termine: »Wir setzen auf die Natur und ihr Tempo. Wenn die Natur das Produkt fertig hat, dann ist es fertig«, sagt sie. Dafür setzen Hofmann und ihr Team die Jungpflanzen zeitlich versetzt. »Das hat bei den langen Trockenperioden aber auch nur manchmal funktioniert.« Denn beim Salat beispielsweise haben der erste und der zweite Durchgang durch die Trockenheit lange gebraucht, der dritte Durchgang war sehr schnell fertig.

Prioritäten liegen nicht beim Essen

2021 war ein feuchtes Jahr, in dem Hofmanns Betrieb Probleme mit Schnecken und Pilzen hatte. »2022 hingegen war das gar kein Problem, da es so trocken war«, sagt die 51-Jährige. Je nach Wetterlage müssten sie immer mit verschiedenen Sachen kämpfen. »Es gibt ständig neue Herausforderungen. Jeden Tag ist das Wetter a nders, und wir müssen neu denken«, resümiert sie.

In die Zukunft blickt Simone Hofmann mit einem sehr unwohlen Gefühl. »Die politischen Entscheidungen nehmen mir die Luft«, sagt sie. Damit meint sie zum Beispiel die Bestimmungen zum Thema Pflanzenschutz. Auch kritisiert sie die Haltung der Menschen: »Die Prioritäten liegen überall, aber nicht beim eigenen Essen und dabei, wie und wo es hergestellt wird. Das macht mir Angst.«

Einkauf der Jungpflanzen: Eine Bauchentscheidung

Für 2023 hat Hofmann nicht geplant, alternatives Saatgut einzukaufen. »Bei so einer Hitze trocknet alles aus, egal was.« Es ist ebenfalls nicht geplant, das Saatgut für nächstes Jahr zu reduzieren. »Als Nächstes planen wir, wann wir welche Jungpflanzen einkaufen«, sagt Hofmann. Das sei jedes Jahr eine Bauchentscheidung, da das Wetter nicht vorhersehbar sei. »Es gibt keine Patentlösung.« Hofmann ist sich sicher, dass es sie 2022 nicht so hart getroffen hätte, wenn es im April und Mai mehr geregnet hätte. »Der Frühling ist wegweisend für den Rest des Jahres.«

Heu anstatt Gras füttern

Ähnlich sieht das auch Thomas Wamser. Er ist Vorsitzender des Reit- und Fahrvereins Karben und kümmert sich auf der Anlage neben der Betriebsleitung um das Training und Coaching. Er hat im Sommer umdenken müssen, da er deutlich früher als sonst Heu anstatt Gras an die Pferde füttern musste (die WZ berichtete). Das Gras sei wie eine Kur für die Pferde. »Sie sind gesünder und sehen besser aus.« In diesem Jahr hatte das Gras für die Fütterung im Spätsommer allerdings eine unbrauchbare Struktur. Dadurch bekämen die Pferde Verdauungsprobleme bis hin zu lebensbedrohlichen Koliken. Daher musste die Reitanlage am Ludwigsbrunnen schon früher komplett auf Heufütterung umsteigen.

Er und sein Team haben aktuell knapp 30 Pferde. Seit 1994 ist er auf der Reitanlage tätig. Vorausschauend zu planen und die Lager mit Futter voll zu haben, ist in all den Jahren immer wichtig gewesen. »Was wir nächstes Jahr machen, hängt am nächsten Jahr. Wir haben alles getan, was wir tun konnten.« Der trockene Winter macht Wamser Sorgen. Denn der Wasserstand sei niedrig: »Wenn das so bleibt, wird es schwierig«, sagt er. Auf das Jahr 2023 blickt er daher mit gemischten Gefühlen. Eins ist aber sicher: »Es muss von heute an bis in den April ordentlich regnen, sonst wird das 2023 sehr herausfordernd.«

INFO: Hitze-Sommer 2022

Der Sommer 2022 ist nach 2003 der zweitwärmste in Hessen und der trockenste seit Beobachtungsbeginn gewesen. So heißt es auf der Webseite des Umweltministeriums. Es gab 56 Sommertage über 25 Grad und nur 87 Millimeter Niederschlag. Vor allem von Mai bis August sei die Hitze extrem gewesen, berichtet das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG). Präsident der HLNUG, Thomas Schmid: »Wir müssen uns darauf einstellen, dass solche heißen und trockenen Phasen im Zuge des Klimawandels häufiger werden.

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