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Hochsaison im Stall

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Lämmer, die von der Mutter nicht angenommen worden sind, werden mehrmals täglich mit der Flasche gefüttert und so groß gezogen. »Während der Lammzeit ist man Tierarzt, Hebamme und Krankenschwester in einem«, sagt Carmen Schmidt. © Pressedienst des Wetteraukreis

Schäfereibetriebe sind für die Landschaftspflege und den Erhalt einer artenreichen Flora und Fauna unentbehrlich. Ein Beispiel ist die Schäferei Schmidt aus Butzbach-Maibach. Doch so wertvoll diese Arbeit auch ist, unwirtschaftlich ist sie dennoch.

Im Stall herrscht fröhliches Treiben. Eine kleine Horde Lämmer tobt zwischen ihren Müttern hindurch. Carmen Schmidt kommt mit zwei Nuckelflaschen warmer Milch in den Stall. »Die sind für die Flaschenlämmer. Der Kamillentee in der Milch beruhigt die Verdauung«, erklärt sie.

Für das junge Schäferpaar Carmen und Pierre Schmidt und Vater Rainer Schmidt ist gerade Hochsaison auf ihrem Betrieb in Butzbach-Maibach. Die Lammzeit gehört zur arbeitsreichsten Zeit im Jahr. »Da ist man Tierarzt, Hebamme und Krankenschwester in einem«, sagt Carmen Schmidt. »Die Herde verdoppelt sich, denn zu den rund 200 Mutterschafen kommen um die 200 bis 250 Lämmer hinzu.«

Schafe als »Samentaxi«

Neben den Schafen hat der Betrieb 40 Ziegen, rund 100 Legehennen, 20 Stallhasen, fünf Schweine, zwei Esel, ein Maultier und fünf Hunde. Ein Bauernhof mit viel Handarbeit und dem Anspruch, so viel wie möglich selbst zu machen.

Die Leidenschaft zur Schäferei liegt in der Familie. Schon Pierres Urgroßvater war Gemeindeschäfer in Hundstadt im Hochtaunuskreis, und auch sein Großvater hielt Schafe im Garten. Den jetzigen Hof hat Pierre mit seinem Vater Rainer 2013 gegründet. 2014 kam Carmen hinzu. Die drei arbeiten neben ihren Vollzeitjobs jede freie Minute auf dem Hof.

An oberster Stelle stehen für sie das Tierwohl und eine artgerechte Haltung. Zugunsten der Tiere verzichten sie etwa auf künstliche Beleuchtung im Hühnerstall und nehmen eine geringere Legeleistung in Kauf. »Mit Verantwortung für Natur und Gesellschaft zu wirtschaften, ist uns ein großes Anliegen«, sagt Pierre Schmidt. Das merkt man auch an ihrem Engagement für die Landschaftspflege. Dafür sind Schafe unentbehrlich, denn durch die Beweidung mit Schafen wird das Aufkommen von jungem Gehölz verhindert, und auf den offen gehaltenen Flächen entsteht artenreiches Grünland. Schafe fungieren auch als »Samentaxi«, weil sie in ihrer Wolle Pflanzensamen von einem Standort zum nächsten transportieren und so zur Steigerung der Biodiversität beitragen.

»Welche Knochenarbeit hinter der Schafhaltung und Beweidung steckt, ist für Außenstehende oft erstmal nicht sichtbar«, sagt Rainer Schmidt. Das kilometerweite Schleppen der Netze über Stock und Stein, weil es keinen befahrbaren Zugang gibt, oder das Umtreiben der Herde zu den verstreut liegenden Flächen ist sehr arbeitsintensiv.

Der Dienst für die Landschaftspflege wird den Schmidts zum Großteil nicht vergütet, obwohl es für die meisten ihrer Flächen zur Beweidung keine Alternative gibt. Aufgrund der schwer zugänglichen Lage und des kargen Aufwuchses lohnt es sich nicht, die Flächen maschinell zu mähen. »Zwar bewirtschaften wir dieses Jahr rund 120 Hektar, aber nur für ein Viertel davon bekommen wir Agrarförderungen«, sagt Pierre Schmidt. Leisten können sie sich den Betrieb vor allem durch ihre Vollzeitstellen, denen alle drei nachgehen.

Betrieb für Nachfolge gesucht

Im Allgemeinen erwirtschaften schafhaltende Betriebe ihren Gewinn durchschnittlich zu etwa 70 Prozent aus Agrarförderungen und nur zu einem kleinen Teil aus der Vermarktung ihrer Produkte. »Es herrscht enorme Flächenkonkurrenz«, erklärt Carmen Schmidt. »Deshalb suchen wir schon seit Jahren nach einem Betrieb, dessen Nachfolge wir antreten können.«

Trotz der widrigen Bedingungen - der größte Wunsch der Schmidts ist es, von der Schäferei leben zu können. Die Liebe zu den Tieren und die Ruhe, die die Herde ausstrahlt, die Nähe zur Natur und die Abwechslung begeistern sie an der Arbeit.

Die Produkte der Schäferei von Fleischwaren bis hin zu Eiern, Nudeln und Schaffellen kann man direkt am Hof kaufen sowie online oder telefonisch bestellen. Über den Eierautomaten in Maibach können rund um die Uhr frische Eier bezogen werden.

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