Im Cafe im aHa ist das »Dabeisein« ganz normal

Nicht jeder Mensch traut sich in ein Café, unter andere Menschen. Psychische Probleme stehen im Weg. Gut, dass es das »Dabeisein-Café« im Alten Hallenbad in Friedberg gibt.
Menschen mit Behinderung sollen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Dafür gibt es seit 2008 das Persönliche Budget, mit dem die Betroffenen verschiedene Leistungen einkaufen können, vom Wohnen in geschützten Räumen bis zur Unterstützung beim Einkauf oder bei Behördengängen. In der Wetterau hat sich hierfür der Verein »dabeisein« gegründet. Die Mitglieder, in der Regel Sozialarbeiterinnnen und Sozialarbeiter, unterstützen ihre Kleinten im Alltag, sind ihnen eine wichtige Stütze im Leben.
Eine Freizeitaktivität steht bei Menschen mit psychischen Erkrankungen hoch im Kurs: gemeinsame Café-Treffen. Gemütliche Runden, bei denen man sich mit Bekannten austauschen kann, einfach ein bisschen über Gott und die Welt reden, Erfahrungen teilen, Spaß dabei haben.
Ein normales Café zu besuchen, fällt Menschen mit psychischer Erkrankung aber mitunter schwer. Was sind das für fremde Menschen? Beobachten die einen? Wird man Ende gar angesprochen und weiß dann nicht, wie man sich verhalten, was man sagen soll? Diese Ängste kennen viele der Männer und Frauen, die sich einmal im Monat mittwochs zum Kaffee im Alten Hallenbad verabreden.
Nebenan hört man Bohrgeräusche, die Sanierung des großen Saals läuft auf Hochtouren. Die Gäste stört das nicht. Sie sind froh, sich nach vier Wochen wieder in dieser Runde zu treffen. Dabei wird über alles mögliche geredet, von der Bürgermeisterwahl bis zum Bundesligastart der Eintracht aus Frankfurt.
Wie Gertrud Amrein vom »dabeisein«-Vorstand sagt, betreuen die Sozialarbeiter aktuel rund 120 Klienten in der Wetterau. »Dazu kommen rund 30 weitere Personen, die Hilfe suchen, weil sie alleine nicht zurechtkommen.« Viele der Probleme ihrer Kleinten könnten sich Außenstehende gar nicht vorstellen, sagt Amrein. Da öffnet jemand drei Jahre lang nicht seine Post. Andere hätten Angststörungen, seien depressiv. »Wir leisten hier Pionierarbeit«, sagt Amrein. Wenn die Finanzen wieder geordnet, andere gesundheitliche Probleme durch regelmäßige Arztbesuche abgestellt sind und die Behördenpost erledigt ist, glättet sich das Leben plötzlich. Dann können die Kleinten innerlich durchatmen und schaffen es in vielen Fällen, langfristig alleine zurecht zu kommen.
Der Café-Treff ist ein kostenloses Angebot von »dabeisein«. Er ersetzt ein vorheriges Treffen, das wegen Finanzierungsproblemen eingestellt worden sei. Den Anstoß für eine Neuauflage gab letztlich Vincent, wie er erzählt. »Drei Jahre Stillstand, das war nicht gut«, sagt der junge Mann. »Das Café gibt mir Rückhalt und Sicherheit.« Man sei nicht allein, könne sich austauschen. »Und besser als das anonyme Internet ist das sowieso.«
Rückhalt durch Begegnungen
Den Rückhalt, den er hier erfährt, kann auch Markus bestätigen. Der 35-Jährige hat 14 Jahre in einer Bäckerei gearbeitet und nach eigenen Angaben dort »Mobbing der brutalsten Art und auch Gewalt« erlebt. »Davon hab’ ich einen Knacks gekriegt«, sagt er. Derzeit ist er arbeitslos, aber er ist nicht allein. Sozialarbeiter Christian begleitet ihn, steht Markus mit Rat und Tat zur Seite. Das mache ihm viel Spaß, erzählt der Sozialarbeiter. Und es hat offenbar eine sichtbare Wirkung: Markus kann offen über seine Probleme reden, weiß, wo er steht, was ihm noch fehlt, bis er wieder ein eigenständiges Leben führen kann.
Doch nicht die Probleme stehen beim monatlichen CaféTreffen im Vordergrund, es sind tatsächlich die ganz alltäglichen Dinge, über die hier geredet wird.
Mit am Tisch sitzt auch Michael Herbert vom Alten Hallenbad. Eine kleine Gruppe Freiwilliger des Vereins betreut den Café-Treff, hält an der Theke Getränke und Knabbereien bereit. »Wir vermieten unserer Räume auch für Familienfeiern, Hochzeiten, Modenschauen oder Salsa-Workshops. Das monatliche Café ist eine schöne Einrichtung und eine wichtige Sache für die Menschen, die hierher kommen«, sagt Herbert.