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Kasernenentwicklung: Arbeit läuft im Hintergrund

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Von: Jürgen Wagner

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»Wir wollen eine nachhaltige Quartiersentwicklung, in der wir auch Baukultur einfordern«, sagen Bürgermeister Dirk Antkowiak (l.) und Stadtbauamtsleiter Tobias Brandt. © pv

Man sieht noch nichts, aber im Hintergrund laufen die Arbeiten zur Entwicklung der Friedberger Kaserne auf Hochtouren. Wie ist der Stand der Dinge? Bürgermeister und Bauamtsleiter geben Auskunft.

Warum hat es so lange gedauert, bis nun tatsächlich Pläne zum Ray Baracks-Gelände in Friedberg entwickelt wurden? Die Frage sei nicht leicht zu beantworten, sagt Bürgermeister Antkowiak. »Es gab zuerst die Vorstellung, dass die Stadt selbst die Fläche entwickelt. Wir haben uns jetzt entschieden, mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) den kooperativen Weg einzuschlagen, um das Gelände zu vermarkten. Das heißt aber nicht, dass alles, was davor geschehen ist, vergebens war.« Im Gegenteil: Die Stadtverwaltung profitieren davon, dass viele Grundlagen gelegt wurden.

Welche das sind, erläutert Stadtbauamtsleiter Tobias Brandt: »Durch die Bauland-Offensive haben wir einen Rahmenplan erstellt. Durch das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK), haben wir viel Input der Bürger bekommen.« Es gab Untersuchungen zu Altlasten und Denkmalschutz. Brandt: »Aus diesem Riesenpool, gepaart mit Wünschen und Forderungen der Politik, haben wir städtebauliche Leitbilder und Ziele gefiltert. Daraus wird ein Grundvertrag aufgesetzt, der den Bietern mit den Ausschreibungsunterlagen ausgehändigt wird.« Die Bürger sehen davon freilich nicht viel. Was passiert im Hintergrund? Brandt: »Die Entwicklung des Kasernengeländes ist ein Prozess, in dem wir jetzt stecken. Diesen Prozess nimmt man nicht wahr, weil man noch nichts sieht.« Aber im Hintergrund arbeiteten viele Fachleute an der Planung. Zur Vorbereitung des kooperativen Verwertungsverfahrens wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die sich mit Vermarktung und Entwicklung auseinandersetzt. Brandt: »In diesem Jahr wird vielleicht noch nicht viel sichtbar sein, aber wir hoffen, dass man schon spürt, dass da etwas passiert.«

Ausschreibung startet noch 2023

Der Stadtbauamtsleiter kann auch die nächsten Schritte benennen. »Wir wollen 2023 mit der BImA das kooperative Ausschreibungsverfahren vorbereiten und starten. Noch 2023 wollen wir mit der Ausschreibung an den Markt gehen. An der Stelle sind wir ganz froh, dass wir die BImA an unserer Seite haben. Die sind erfahren in der Entwicklung von Konversionsflächen. Wir können dadurch unsere Ressourcen bündeln und diese für Randflächen nutzen, um etwa das Thema Teilerwerb intensiver anzugehen und umzusetzen.«

Was es mit dem Teilerwerb auf sich hat, erläutert der Bürgermeister: »Es gibt verschiedene Gebietskörperschaften, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben einen Teilerwerb bei der BImA anmelden können. Das heißt, dass aus dem Gesamtgrundstück Flächen herausgenommen und vorab verkauft werden.« Die Stadt hat zwei Flächen für den neuen Standort der Kernstadt-Feuerwehr und den Bauhof angemeldet. Außerdem will sie die Kapelle erwerben und als Trau- und Eventstandort nutzen. Die BImA beansprucht ebenfalls Flächen für bundeseigenes Wohnen und das Technische Hilfswerk. Zudem will der Wetteraukreis dort einen Neubau der Verwaltung realisieren.

»Je nach Zahl der Wohneinheiten wird sich der Bedarf an Kitas und Schulen ergeben«, sagt Antkowiak. Nach Abzug der Teilerwerbsflächen blieben 65 Hektar für Wohnen und Gewerbe (siehe Kasten).

B-Plan, Gutachten und Kaufvertrag

Bis die ersten Bagger rollten, dauere es aber noch. Antkowiak: »Selbst wenn wir Ende 2023 mit der Ausschreibung rausgehen, benötigen die Entwickler Zeit für die Planung. Wir als Stadt müssen dann einen städtebaulichen Vertrag verhandeln. Es muss ein Kaufvertrag zwischen BImA und Entwickler abgeschlossen werden. Das kann schnell gehen, kann sich aber auch ziehen. Schätzungsweise 2024 oder 2025 haben wir einen neuen Eigentümer für die Fläche.«

Parallel dazu muss der erste Bebauungsplan erstellt werden. Es folgen Gutachten, etwa zu Lärm oder Mobilität. Antkowiak: »Wir wollen ein autoarmes Quartier entwickeln. Das ist eine langfristige Entwicklung, die etwa zehn Jahre dauert. Bis dahin kann viel passieren. Deshalb bin ich froh, dass die Fraktionen im Stadtparlament mitgetragen haben, keine detaillierten Vorgaben zu machen. Bestimmte Forderungen wären in zehn Jahren überholt.«

Was genau bedeuten die Pläne für die Stadt? Für Antkowiak ist klar, »dass wir nicht alles auf einmal realisieren können. Wir müssen das Projekt in Abschnitten entwickeln.« Würden etwa auf einen Schlag viele Gebäude mit vielen neuen Einwohnern realisiert, wäre das auf vielen Ebenen eine Herausforderung. »Das fängt mit mehr Menschen im Straßenbild an, geht weiter mit dem Vereinswesen. Hinzu kommen neue Spitzenwerte beim Verbrauch und der Entsorgung.« Außerdem entstünden Folgekosten durch mehr Personal für Kitas, Straßenreinigung, Müllabfuhr oder die Ordnungspolizei. Antkowiak: »Es wird einfacher, wenn die Entwicklung peu à peu stattfindet.«

Verschiedene Wohnformen geplant

Die Stadt Friedberg hat eine Vielzahl an Vorgaben zum Thema Wohnen gemacht, damit ein guter Mix an Wohnformen entsteht. »Es soll keine klassische Einfamilienhaus-Bebauung sein, zudem ist auch das Thema sozialer Wohnungsbau zu berücksichtigen«, sagt Stadtbauamtsleiter Tobias Brandt. »Wichtig ist uns, dass wir eine Baukultur fördern und auch fordern. Denn nur, weil es bezahlbarer Wohnraum ist, heißt das nicht, dass der qualitativ schlecht sein muss. Wir haben den Anspruch, dass eine hohe städtebauliche und architektonische Qualität verwirklicht wird.« Dazu gebe es an anderen Standorten Vorbilder. Planer und Architekten seien gefordert, »gute Entwürfe zu präsentieren«, sagt Brandt. Nun zu den Vorgaben, wie viel Prozent der Fläche für Wohnen, Gewerbe und anderes vorgesehen ist. »Es wurde beschlossen, dass 55 Prozent des Nettobaulands für Wohnen und 38 Prozent für Gewerbe vorzusehen ist, dazu gibt es sieben Prozent Gemeinbedarfsflächen«, erläutert Brandt. Ein sehr wichtiges Thema bei einer Quartiersentwicklung seien Freiflächen. »Daran bemisst sich die Aufenthalts- und letztendlich die Lebensqualität.« Selbst die schönste Architektur benötige Grünflächen. »Auch dazu haben wir Vorgaben gemacht. Mindestens zehn Prozent der Gesamtfläche sollten Grünfläche und Parkanlagen sein. Dazu kommen Flächen für den Artenschutz. Wie das im Detail gestaltet wird, das ist den jeweiligen Entwicklern überlassen.« Auch für die Energieversorgung des Geländes gibt es bereits Pläne? Brandt: »Klar ist heute schon, dass wir das Quartier nachhaltig entwickeln wollen. Aber wir können und wollen jetzt noch keine Details festlegen. Wir erwarten, dass sich der Entwickler mit den Ergebnissen der Projektgruppe ›Green Baracks‹ auseinandersetzt.« Diese Gruppe besteht aus den Stadtwerken, der Ovag, der Technischen Hochschule Mittelhessen und der Stadt. »Da sind wir dabei, eine nachhaltige Ver- und Entsorgung für das Quartier aufzuarbeiten. Ich könnte mir vorstellen, dass sich der zukünftige Entwickler der Arbeitsgruppe anschließt, um die Ideen aufzugreifen und umsetzen.

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