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Künstler lässt zwei Galeristen im Stich

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Einen ungewöhnlichen Fall hat das Landgericht Gießen zu verhandeln. © Kays Al-Khanak

Wetteraukreis/Gießen (ta). Künstler brauchen für die Vermarktung ihrer Werke meist einen Agenten und Kunsthändler. Wenn aber bei diesem Zusammenspiel einmal Sand ins Getriebe kommt, kann es zu völlig unmusischen Auseinandersetzungen kommen. So wie bei dem Fall von zwei Galeristen, die sich kürzlich vor dem Gießener Landgericht stritten. Mit einem sehr eindeutigen Ergebnis:

Der eine muss dem anderen 81 000 Euro zurückerstatten und auch die Verfahrenskosten übernehmen.

Kläger und Beklagter haben im Laufe der Zeit viele Geschäfte miteinander gemacht. So war es auch keine Besonderheit, dass der Braunschweiger Galerist bei seinem Kollegen aus der Wetterau gleich 15 Bilder eines fleißigen Malers bestellte und vorab bezahlte: Die Gesamtsumme lautete auf stolze 135 000 Euro, im Schnitt also 9000 Euro pro Gemälde.

Ein Wechsel im Management führte dazu, dass der Künstler nach der Lieferung von sechs Bildern von seinem Vertrag zurücktrat. Nach Auslaufen der vereinbarten Lieferfrist forderte der Galerist den heimischen Händler zur Restlieferung auf. Als das erfolglos blieb, trat er von dem Kaufvertrag zurück und verlangte im November vergangenen Jahres per Zivilklage von seinem Geschäftspartner die Rückerstattung von 81 000 Euro für die neun fehlenden Bilder. Zu diesem Zeitpunkt war der heimische Händler allerdings gesundheitlich schwer angeschlagen; nach Herzinfarkt und Organversagen kämpfte er monatelang auf einer Intensivstation um sein Leben. So konnte es passieren, dass die ihm vom Gießener Landgericht zugestellte Zahlungsklage in Vergessenheit geriet und bis zuletzt ohne Antwort blieb. Erst am Abend vor dem Gütetermin schaltete der Beklagte einen Rechtsanwalt ein, der ihn zur Verhandlung begleitete, die Akte aber vorher nicht hatte lesen können.

Vor Einzelrichterin Sarina Korimpur versicherte der Händler, er erkenne die Rückforderung an und werde die Verfahrenskosten übernehmen. Er bat nur die Klägerseite darum, die Gesamtsumme nicht auf einen Schlag, sondern in vier Raten begleichen zu können. Auf einen solchen Vergleich ohne Widerrufsrecht mochte sich aber der Anwalt der Klägerin nicht einlassen; er verlangte ein Urteil.

Zur Auswahl standen ein Versäumnisurteil wegen der ausgebliebenen Klageerwiderung, was einen späteren Einspruch ermöglicht hätte, oder ein Anerkenntnisurteil, das den Rechtsstreit beendet. Dank ihres Verhandlungsgeschicks gelang es der Zivilrichterin, den Anwalt des Beklagten zu überzeugen, dass sein Mandant mit einem Anerkenntnisurteil seinen Geschäftspartner würde eher dazu motivieren können, sich auf eine Ratenzahlung einzulassen. Allerdings hatte der Kläger den zu erwartenden »Titel« anscheinend schon an einen Gläubiger abgetreten.

Der von dem Maler derart in finanzielle Verlegenheit gebrachte Händler will versuchen, sich bei dem Künstler schadlos zu halten. Wann und wie das geschehen soll, konnte der Galerist nicht erläutern: Sein Anwalt unterband wegen angeblich schlechter Erfahrungen mit der Presse das Gespräch mit dem Berichterstatter dieser Zeitung.

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