1. Startseite
  2. Region
  3. Wetteraukreis
  4. Friedberg

Mehr als ein reines Gebetsbuch

Erstellt:

Von: Harald Schuchardt

Kommentare

har_Haering_Stundenbuch_1_4c
»Ich habe nur geschrieben. Für alles Weitere habe ich viel Unterstützung erhalten«, sagt Dr. Friedhelm Häring. © Loni Schuchardt

Friedberg (har). Als Stundenbuch wird in der römisch-katholischen Kirche ein Gebets- und Andachtsbuch für das Stundengebet bezeichnet und war zunächst nur für Laien und später auch für Kleriker bestimmt.

»Ein Stundenbuch« ist der Untertitel des neuen Buchs des Friedbergers Dr. Friedhelm Häring mit dem Titel »Tod und Paradies - Friedberger Passion.« Doch das im renommierten Michael Imhof Verlag für Kunst, Architektur, Kultur und Reisen erschienene 66-seitige Werk ist allerdings kein reines Gebetsbuch im üblichen Sinn.

»Das Buch ist auch denen zugedacht, die keine Christen sind und denen, die die Vorstellung von Gott ablehnen, den Geschwistern um Schmerz und in der Sterblichkeit«, schreibt Häring, für dessen Titel er bewusst eine Darstellung von Jesus Christus mit dem Kreuz im Gespräch mit Frauen ausgewählt hat. »Das ist das angesagte Thema in der katholischen Kirche schlechthin«, meint Häring., der nach seinem Studium der Kunstgeschichte unter anderem von 1978 bis 2012 Direktor des Oberhessischen Museum in Gießen war.

Der 75-Jährige zitiert zu der Darstellung auf dem Buchtitel einen Satz aus dem Evangelium: »Sie kommen weder als Mann noch Frau in den Himmel, sondern den Engeln gleich.« Und er wertet diese Stelle so: »Dies ist die Aussage von Jesus für die Emanzipation, der Gleichheit zwischen Frau und Mann im seelischen Leben.«

Bezug zu Dorheim

Das Bild von Jesus und den Frauen ist Teil einer Kreuzwegdarstellung der Benediktinerin Lioba Munz, die in der Dorheimer St.-Anna-Kirche zu sehen ist. Diese Kreuzwegdarstellung der 1913 in einer bürgerlichen protestantischen Familie aufgewachsenen Bingenerin brachte Häring dazu, sich ausführlich mit den Darstellungen des Kreuzweges Christi zu beschäftigen.

»Was ist wahr, was ist unwahr an den Kreuzwegdarstellungen?«, fragt sich Häring, der seit 2013 als freier Kurator und Publizist zur französischen und deutschen Kunst des 20. Jahrhunderts tätig ist. So entstand die Idee zu dem Buch, in dem er sich zunächst ausführlich den ungewöhnlichen Werdegang der Künstlerin widmet, die - noch nicht volljährig - zum römisch-katholischen Glauben konvertierte, mit 21 Jahren auch als Zeichen gegen die Nazis in die Benediktinerinnen-Abtei in Fulda eintrat und ihren Vornamen von Lotte in Lioba änderte.

Bis zu ihrem Tod 1997 lebte sie in der Abtei, wo ihre künstlerische Tätigkeit gefördert wurde, zunächst im Keramikbereich. Später studierte sie Kunst in Köln, das sie 1958 als Meiserschülerin abschloss. Sie wurde eine Meisterin der Cloisonné oder Zellenschmelz, einer 3500 Jahre alten Technik, bei der eine Emaille-Schicht als reine Farbe auf Blech, Kupfer oder Messing aufgebracht wird.

Im Innenraum von St. Anna, einer Filialkirche der katholischen Kirchengemeinde Friedberg, werden die 14 Stationen des Kreuzweges gezeigt, die Häring in 14 Kapiteln beschreibt. Für ihn sind dies »Meditationen«, die alle auf dem Evangelium fußen. »Alle Stellen sind durch das Evangelium belegt«, sagt Häring, der sein reich bebildertes Buch als »Gemeinschaftswerk« sieht. »Ich habe nur geschrieben. Für alles Weitere habe ich viel Unterstützung erhalten.« So stammen die Bilder zu seiner »Publikation aus der Eremitage« (Häring) zum einen von seinem langjährigen Freund Dieter Dollinger, zum anderen von Dipl.-Ing. Elmar Egerer, der in Friedberg als Studienrat tätig ist und der wichtige Beiträge zu theologischen Fragen für die Publikation beisteuerte.

Gezeigt werden nicht nur die 14 Kreuzwegdarstellungen, sondern weitere Gegenstände und Motive, die Lioba Munz für die Gemeinden Mariä Himmelfahrt Friedberg und St. Anna Dorheim geschaffen hat. Zu den Unterstützern Härings zählen ferner Ilse und Bernhard Eis als Kuratoren der Publikation sowie als »Feuerwehr, Koordinatoren und Sponsoren«, wie es Häring in seinen Dankesworten beschreibt.

Dem Leser des Buches gibt der Autor noch einen Tipp: »Versuchen Sie, sich in das Büchlein zu versenken.«

har_Haering_Stundenbuch_2_4c_1
har_Haering_Stundenbuch_2_4c_1 © Loni Schuchardt

Auch interessant

Kommentare