- 0 Kommentare
- Weitere
Zwischen Bizet und Whitney Houston
Olympischer Konzertabend: Schneller, höher, heiter
- VonAnnette Hausmannsschließen
Orchester und Solisten der Neuen Philharmonie Frankfurt rissen im Grenzgang zwischen Klassik, Rock, Pop und Filmmusik ihr Publikum von den Stühlen im Friedberger»Stadthallen-Stadion«.
Einem Impuls folgend, hätten sich die Fans sicher gerne schon bei den ersten festlichen Fanfarenklängen von den Sitzen erhoben, den strahlenden Hörnern, Trompeten und den Pauken gehuldigt, dem geschmeidigen Streichersatz, den virtuosen Hölzern und einem charismatischen Dirigenten, dessen Taktstock einem Zauberstab gleichkommt. Aber das Publikum in der Friedberger Stadthalle folgte gebannt der Dramaturgie des geradezu olympischen Konzertabends der Neuen Philharmonie Frankfurt: Warmmachen, zu Höchstform auflaufen und Abfeiern unter dem Motto: »Schneller, höher, heiter!«.
Zwischen Klassik, Rock und Pop
Zum 19. Mal gastierte die Philharmonie um ihren charismatischen Chefdirigenten Jens Troester auf Einladung von Ovag, Sparkasse Oberhessen und der Stadt in der Wetterauer Kreisstadt, und auch mit seiner neuen Crossover-Produktion traf das Ausnahmeorchester den Nerv des Publikums.
Der Auftakt mit John Williams’ »Olympic Theme and Fanfare« versprach einen Abend der großen Gefühle zwischen Musik und Sport. Mit viel Fantasie führte er zu weltmeisterlichen Disziplinen, zu Rimsky-Korsakovs rasantem »Hummelflug«, in die Alpen zu Rossinis stürmisch galoppierender Wilhelm-Tell-Ouvertüre und in die Stierkampfarena zu Bizets temperamentvollem »Toreador«.
Dem Thema geschuldet war die stärkere Präsenz publikumswirksamer Ohrwürmer aus den Stadien und Konzerthallen dieser Welt. Auch im 19. Crossover-Jahr ließ sich die berühmte Friedberger Fankurve von höchster Professionalität und Spielfreude begeistern. »Wer die Form beherrscht, kann mit ihr spielen«, brachte es Janina Klabes auf den Punkt.
Überhaupt punktete die Moderatorin mit Tiefenschärfe und Humor, derweil sie den Glanz ganz den Künstlern zuspielte. Dass ein Orchester den Grenzgang zwischen Klassik, Rock und Pop derart meisterlich beherrscht, sei eine Frage der Haltung.
Unterstützung vom Background-Trio
Kaum war die Eingangsfanfare verklungen, schworen die Publikumslieblinge Karsten Stiers und Katrin Glenz ihre Fans stimmgewaltig mit Rainhard Fendrich ein: »Es lebe der Sport«. Dem elektrifizierenden Brennstab und der hinreißenden Stimm-Magierin gesellte sich am Freitag Singer-Songwriter Sebastian Bogensperger mit warmem Soul Kehle und Gemüt hinzu (am Samstag trat stattdessen Tom Klossek auf), immer wieder stimmlich und choreografisch mitreißend unterstützt vom Background-Trio Esther Wolff, Mirjam Wolf und Anja Loges. Mit Max Raabes »Fahrrad fahr’n« führte sich Bogensperger gewinnend ein - und über zum Sport. Glenz packte mit Katie Melua gleich »Nine million bicycles« aus, und alle Vokalisten vollführten mit dem prächtigen Orchester ein geradezu königliches »Bicycle race«. Aus der Pause liefen über 60 Paar Sportschuhe unter festlicher Orchesterkleidung ein, um mit einem überschäumenden Fußballmedley in die musikalische Party einzusteigen. Mit Rod Stewart segelte der Saal zunächst sanft über die Wellen, entzündete mit Vangelis ein Meer aus Wunderkerzen und das olympische Feuer mit »One Moment in time«.
»Simply the best« rührt Publikum zu Tränen
Nach dem Gänsehautklassiker von Whitney Houston überzeugte Glenz mit einem weiteren emotionalen Höhepunkt: In Tina Turners »Simply the best« legte sie derart viel Turner-Timbre, dass so manche Träne der Rührung floss. Der »Cup of life« und »Waka Waka« läuteten das musikalische Schlussfeuerwerk ein. Orchester, Band und Vokalisten warfen mit »Gonna fly now« und »Eye of the tiger« ihre Klasse in den Boxring, auf den Rängen gab es kein Halten mehr.
Spätestens bei »Auf uns« und »You’ll never walk alone« kochte der Saal über im Meer aus geschwenkten Taschenlampen und getragen von spektakulärer Lightshow und ausgeklügelter Tontechnik, zu der dieses Mal auch ein Glaskäfig für die geniale Gabi Jüttner am Drumset gehörte.