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SPD fordert: Altstadt endlich zur Chefsache machen!

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Von: Jürgen Wagner

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Nach Angaben der Stadtverwaltung befinden sich die Fachwerkhäuser am Fünf-Finger-Platz in einem »desolaten Zustand«. Von einem Kauf sieht die Stadt ab. Jetzt werden in einem der Häuser Mietwohnungen angeboten. © Nicole Merz

»Die Häuser verfallen weiter«, lautete am 11. März eine Schlagzeile. Jan-Patrick Wismar vom Verein »Stadtbild Deutschland« hat Friedberg besucht. Die SPD hakt nach, will endlich Taten sehen.

Jan-Patrick Wismar besuchte bereits im April 2022 die Friedberger Altstadt. Der ehrenamtliche Denkmalschützer zeigte sich entgeistert über den verkommenen Zustand etlicher Häuser am Fünffinger-Platz, warf Politik und Verwaltung Wegsehen und Ignoranz vor. Viele aus der Anwohnerschaft gaben ihm in den sozialen Medien recht.

In der Folge dieser massiven Kritik kam einiges in Bewegung. In der Presse war im Mai und Juli 2022 vom »neuen Anlauf« und »neuen Ideen« für die Altstadt« zu lesen. Der Anlass dieser eher optimistischen Berichte? Im März 2022 hatte ein Anwohner via WZ mitgeteilt, dass um den Fünf-Finger-Platz drei Gebäude offen zum Verkauf angeboten wurden. Politik und Verwaltung waren interessiert. Alle wollen die historische Altstadt bewohnbarer, lebenswerter und attraktiver gestalten. Die SPD verfasste deshalb Anfang Mai 2022 einen ausführlichen Antrag zur kommunalen Gegensteuerung, um dem Verfall des Areals entgegenzuwirken.

Ende Juni wurde der Antrag im Ausschuss für Stadtentwicklung behandelt. Laut dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Dr. Klaus-Dieter Rack sollte als erster Schritt eine Ortsbegehung durch Ordnungs- und Stadtbauamt, Kreisbauaufsicht und Denkmalschutzbehörde erfolgen. Danach sollten besonders geschädigte Gebäude betrachtet und mit den Eigentümern besprochen werden, um mögliche Schadensbehebung zu verlangen. Rack: »Zudem sollten Rechtsinstrumente des Hessischen Wohnungsaufsichtsgesetzes angewendet werden. Für Sanierungs- und Projektmaßnahmen sollten Fördermittel von Land und Bund ermittelt und es sollten Hauskäufe in der Altstadt geprüft und realisiert werden.«

Das Stadtbauamt habe den Ausschuss zudem über verfahrensrechtliche Dinge informiert und die Antragsabsicht unterstützt, Missständen an der Bau- und Wohnsubstanz entgegenzuwirken. »Doch was ist seither von der Verwaltung real unternommen worden?«, fragt Rack. Ob es eine Ortsbegehung gab, sei nicht bekannt. »Mit Erstaunen« habe er im Sitzungsprotokoll gelesen, dass der Antrag erledigt sei (im Sitzungsprotokoll vom 30. Juni 2022, das erst seit Anfang März 2023 im Ratsinformationssystem nachlesbar ist, nachdem Rack mehrfach beim zuständigen Bürgermeister Dirk Antkowiak (CDU) kritisiert hatte, die Gremienarbeit werde behindert).

Für Rack ist der Antrag nicht erledigt. Die Bauverwaltung, so wurde gefordert, soll regelmäßig zum Thema Altstadt im Ausschuss berichten. Das sei nicht geschehen, rügt Rack. Nur die immer noch zum Verkauf (bzw. zur Miete!) angebotenen Gebäude am Fünffingerplatz seien im Zusammenhang mit dem Förderprojekt »Zukunft Innenstadt« besichtigt worden.

Laut Protokoll ein »desolater Zustand«

Laut Protokoll vom 6. Oktober wurde bei allen Gebäuden ein »desolater baulicher Zustand« festgestellt und, so schreibt Rack, »auch wegen überhöhter Preisforderungen nachvollziehbar kein Ankauf durch die Stadt vorgenommen. Nur: Wie kann es der Stadtverwaltung entgehen, dass an einem der Desolat-Häuser in der Usagasse ein Schild hängt, auf dem Zimmer zur Anmietung angeboten werden, unter der gleichen Mobilnummer, die auch an den anderen Gebäuden seit März 2022 zu sehen ist?« Rack fragt: Darf ein Gebäude in marodem baulichem Zustand unbeanstandet von Stadt, Kreis und Denkmalschutz zur Vermietung angeboten werden? »Oder sind die Genannten nicht gesetzlich zum Handeln gegen solche Eigentümer verpflichtet?«

An der Rückfront eines Gebäudes in gelber Farbe am Fünffingerplatz ist ein Briefkasten mit 15 Namen zu sehen. Rack: »Fällt das der Stadtverwaltung nicht auf, um wegen behördlicher Anmeldung, Überbelegung oder anderen Verdachtsmomenten nachzuhaken bzw. vorzugehen?«

Fazit des SPD-Fraktionsvorsitzenden: »Die Bauamts-Präsentation zum SPD-Antrag war in Ordnung. Nicht akzeptabel ist die Intransparenz seit Juli 2022.« Politik und Anwohner verlangten »erkennbares Verwaltungshandeln für eine Besserung der Wohn- und Lebensverhältnisse in der Altstadt.« Die von der Bevölkerung bei der Umfrage der Landessicherheitsinitiative »Kompass« jüngst als »Hauptangstort« genannt wird. Rack: »In Friedbergs Altstadt gibt es viel zu tun. Das behördliche Vorgehen und die Gespräche über Häuserkauf sollten endlich mit Nachdruck zur ›Chefsache‹ erklärt werden.«

Mehr Engagement für die Altstadt gefordert

Die aktuelle Kritik von Jan-Patrick Wismar falle erneut »kräftig« aus, schreibt der SPD-Fraktionsvorsitzende Dr. Klaus-Dieter Rack. Er irre bei Begriffen wie »Oberbürgermeister« oder »regierender Stadtkoalition«, die gibt es nicht. »Auch kann seiner Forderung zum Hauskauf angesichts inakzeptabler Preise nicht entsprochen werden. Aber auch die SPD Friedberg ist der Auffassung, dass mehr engagierte Handlungen gegen Eigentümer erforderlich sind, die ihr Eigentum verkommen lassen und damit den Altstadtverfall mitverantworten.« Erfahrungen aus anderen Kommunen seien dabei hilfreich, schreibt Rack. Ein sanfter Hinweis darauf, vielleicht doch noch mal mit dem Verein »Stadtbild Deutschland« zu sprechen.

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