Stratege und Vorbild verlässt Kommandobrücke

Thomas Falk (64), Vorstands-Vize der Sparkasse Oberhessen, ist jetzt in den Ruhestand gegangen. Er ist ein Urgestein des Vogelsbergs - im allerbesten Sinn: bodenständig und heimatverbunden, aber auch schlagfertig und humorvoll.
Ein Bankfachmann der alten Schule, der immer auf Augenhöhe mit den aktuellen Entwicklungen im Finanzdienstwesen war, hat die Kommandobrücke der Sparkasse Oberhessen verlassen: Thomas Falk, stellvertretender Vorstandsvorsitzender, ist in den Ruhestand verabschiedet worden. Viele der etwa 800 Mitarbeiter des größten hiesigen Kreditinstituts bedauern das, denn seine ruhige, sachliche, menschliche und strategische Art wurde allseits geschätzt.
Falk muss sich erst noch daran gewöhnen, den Ruhestand erreicht zu haben. Mit dem Begriff »Vogelsberger Urgestein« hat er, bezogen auf seine Person, gewisse Probleme. »Urgestein - das hört sich so alt an«, sagt er. Trotzdem ist er ein Urgestein des Vogelsbergs - und das im besten Sinn. Er ist ein Vorbild, bodenständig und heimatverbunden, schlagfertig und humorvoll, schaut über den Tellerrand hinaus.
Anfänge in Alsfeld
Im Vorstand war er für die sogenannte Produktionsbank im Hause verantwortlich. Dazu gehören Organisationseinheiten und Prozesssteuerungen, alle Marktfolgeaktivitäten, Immobilien- und Gebäudemanagement, IT und IT-Infrastruktur, Sicherheit und Datenschutz, Kreditservice sowie Sanierungs- und Abwicklungstätigkeiten. Gerade letzterer Bereich gewann während der Corona-Pandemie enorm an Bedeutung. Thomas Falk blieb stets optimistisch dabei, flexibel auf diese äußere Krise zu reagieren. »Leitmotiv unseres Handelns war trotz Corona immer, die Sparkasse zukunftsfähig aufzustellen«, sagt er.
Wichtige Entscheidungen zu treffen, die Weitsicht erfordern, das war häufig das Ding von Thomas Falk. Das fing schon 1987 an, als ausgerechnet er, der Sohn des ehemaligen Lauterbacher Bürgermeisters Otto Falk, in der einst selbstständigen Sparkasse Alsfeld als Assistent des damaligen Direktors Ferdinand Maikranz neue Akzente setzen sollte. Der Ur-Lauterbacher im Rückblick: »Erst haben sie mich skeptisch beäugt, später entwuchsen daraus sogar echte Freundschaften.« Mit Maikranz erlebte er etwas, das zu den Raritäten seines Berufslebens gehörte: Beide begleiteten ein Projekt des Bundesfinanzministeriums und der Sparkassen-Stiftung in Kaliningrad, das manches Abenteuer mit sich brachte.
Arbeitsintensiv gestaltete sich 1991 Falks Auftrag, mit den jeweiligen Vorständen die Fusion der Kreissparkassen in Lauterbach und Alsfeld vorzubereiten. Das gelang nach viel Überzeugungsarbeit gerade in Alsfeld. In dieser neuen Sparkasse Vogelsberg wurde Falk in den Vorstand berufen und war dort viele Jahre lang fürs Privatkundengeschäft verantwortlich. Bis der nächste Schritt in Richtung regionaler Großbank folgte, als 2006 die Fusion mit der Sparkasse Wetterau zur Sparkasse Oberhessen anstand.
Als junger Mann wollte Falk Lehrer für Mathematik und Englisch werden. »Ich bin gerne zur Schule gegangen und habe die Verhältnisse am Alexander-von-Humboldt-Gymnasium in Lauterbach sehr geschätzt. Warum dann nicht selbst Wissen vermitteln?«, erklärt er. Daher begann er nach der Wehrpflicht ein Mathe-Studium in Gießen und Frankfurt. »Doch an der reinen Theorie der höheren Mathematik mit mehrdimensionalen Räumen verlor ich das Interesse, weil das echte Leben mir mehr gab«, sagt Falk. Er wechselte zu den Wirtschaftswissenschaften und schwenkte zielstrebig um in Richtung Finanzwelt, wo er es zum Vize-Chef der Sparkasse Oberhessen mit einer Bilanzsumme von sechs Milliarden Euro brachte.
Abnehmen und Golf spielen
Thomas Falk wird sich in die neue Rolle des Pensionärs noch reinfinden. »Das muss erst mal alles weg«, sagt er schmunzelnd, schaut an sich herunter und streicht sich über den Bauch. »Ich war früher sportlich ohne Ende«, sagt er. Falk hat drei Gesundheitswochen gebucht - zum intensiven Abnehmen. Dass es so weit gekommen ist, führt er darauf zurück, dass er vor geraumer Zeit beim Skifahren, als er am Rand der Strecke stand, von einem rücksichtslosen Skifahrer umgesenst wurde und sich dabei schwere Verletzungen zuzog. Da war mit Sport erst mal Schluss.
Nun wird er sich wahrscheinlich dem Golfsport zuwenden, schließlich liegt der Platz in Sickendorf vor der Haustür. Früher war Falk ein begeisterter Fußballer, er absolvierte rund 450 Pflichtspiele für den VfL Lauterbach. Auf der passiven Seite ist er passionierter Fan von Eintracht Frankfurt. Falk hat drei Töchter - und ist als Vater auch noch gefordert, denn neben zwei mittlerweile erwachsenen jungen Damen steht noch ein 14-jähriges Mädel im Fokus der Eltern.
Nachfolger von Thomas Falk ist Roman Kubla, der dem Vorstand seit 2015 als Mitglied angehört. Ebenfalls zum 1. April ergänzte Oliver Senteck den Vorstand als stellvertretendes Mitglied mit Sitz und Stimme. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und kam 2002 als Verbandsprüfer im Rheinischen Sparkassen- und Giroverband (RSGV) in die Sparkassenorganisation. Er ist sowohl ausgebildeter Steuerberater als auch examinierter Wirtschaftsprüfer. 2011 wechselte er als Direktor Gesamtbanksteuerung zur Sparkasse Düren mit Verantwortung für die strategische Planung, das Controlling, das Rechnungswesen sowie das gesamte Kreditgeschäft inklusive Kreditsekretariat. 2018 kam der ausgewiesene Experte für Bilanzanalyse, strategische Planung und Ratingverfahren als Leiter Unternehmensentwicklung zur Sparkasse Oberhessen. Dort stieg er im April 2018 zum Verhinderungsvertreter des Vorstands auf. Der 50-jährige Oliver Senteck ist verheiratet, Vater eines kleinen Sohnes und lebt in Bad Nauheim. VON MICHAEL GIERS