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Stunt im Baustellensand: Friedberger besitzt 60 Jahre alte Miniautos

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Von: Coralie Soemer

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Ein weißer Ford Escort: Der Friedberger Achim Güssgen-Ackva besitzt einige Miniaturautos der Marken Matchbox und Siku. © Nicole Merz

Achim Güssgen-Ackva hat als Kind Spielzeug geliebt, aber nicht geschont. Kleine Dellen und Kratzer zieren die bunten Karosserien des Friedbergers. Dafür bieten sie nun Stoff für zahlreiche Geschichten.

In den 60ern wurde viel gebaut, irgendwo war immer Sand«, erzählt Achim Güssgen-Ackva. Durch Kinderaugen wurde aus dem Baustellensand ein Spielstrand. Rasant flitzten Rennwagen, Busse und Kutschen des Friedbergers die Piste hinab, und auch seine drei Jahre ältere Schwester hatte mit ihren Puppen Spaß in der Sonne.

Zur Sicherheit befand sich unter den Fahrzeugen auch ein kleiner Notarztwagen. Verloren ging im Tumult aber niemand: »Damals hat man noch keine Figürchen in die Autos gesetzt, sondern man hat sie einfach aufgemalt«, sagt Achim Güssgen-Ackva.

»Haben Sie schon mal einen Jaguar mit Anhänger gesehen?«

Der 65-Jährige nimmt einen bunten Blechbus in die Hand, in dem Fahrgäste fröhlich tanzen. Ein Busfahrer, der die Gesellschaft freundlich zurechtweisen könnte, ist nicht zu sehen. Durch eine kleine Schraube an der Seite ließ sich der Bus früher in Bewegung setzen. Heute muss auf der Stelle gefeiert werden - das Fahrwerk ist außer Betrieb.

»Haben Sie schon mal einen Jaguar mit Anhänger gesehen?« Achim Güssgen-Ackva zeigt auf einen beigefarbenen Oldtimer mit rosa Beiwagen - ein Geschenk seines sechs Jahre älteren Bruders. Im Original wurde der Anhänger als Wohnwagen genutzt.

Heute kann sich der Friedberger einen solchen Umgang mit den teuren Autos nicht mehr vorstellen. Seine Schwester schenkte ihm einmal einen schicken Rolls Royce. Prunkstücke, für die gespart werden musste, sagt Achim Güssgen-Ackva. Spielzeugautos kosteten damals mehrere Mark.

Queen Elizabeth II. und Prinzessin Diana führen Mercedes und Ford

Das größte Geschenk machte ihm seine Oma: Ein 600er Mercedes-Benz Pullman. In der Limousine wurde die Queen 1965 bei ihrem ersten Staatsbesuch chauffiert. Auch wenn der junge Achim sein Spielzeug normalerweise nicht mit Samthandschuhen anpackte, diesen Wagen habe er geschont.

Denn: »Ein Auto, das die Türen öffnen konnte, war eine Sensation.« Der dunkelgrüne Wagen wurde nicht zum Spielen mitgebracht, sagt Achim Güssgen-Ackva: »Dieser Mercedes wurde gezeigt.« Ohnehin sei alles Britische für ihn das Größte auf der Welt gewesen.

Die Begeisterung für das britische Königshaus liegt anscheinend in der Familie: Die Mutter von Achim Güssgen-Ackva besaß einen weißen Ford Escort. In den 80ern fuhr Prinzessin Diana in dem gleichen Ford-Modell regelmäßig durch London. Ein rebellischer Akt - innerhalb der Staatsgrenzen war es unter Royals verpönt, ausländische Marken zu fahren.

Auto-Perle: Von außen unscheinbar, von innen Vollausstattung

In der Familie des 65-Jährigen wurde fast ausschließlich Ford gefahren: »Escort, Fiesta, Mondeo«, fallen ihm spontan ein. Heute fährt der Friedberger den alten Ford Mondeo seines Vaters. Von außen wirke der hellgraue Wagen unscheinbar, aber von innen habe er einiges zu bieten. »Den hatte sich ein Werksmitarbeiter bei Ford zusammenstellen lassen«, sagt Achim Güssgen-Ackva und zählt auf: »Sechs Zylinder, heizbare Ledersitze vorne und hinten, Klimaanlage, CD-Wechsler - alles drin, was möglich war.«

Vor Kurzem musste der Wagen in die Werkstatt. Er sei fast 20 Jahre alt und solle noch weitere zehn Jahre halten. Beim Abholen des Mondeos am Morgen habe der Werkstattmitarbeiter noch zu ihm gesagt: »Was haben Sie denn da für eine Kanone?!« Die Rundum-Ausstattung des grauen Pkws überraschte.

Kindheitserinnerungen: Sand im Getriebe willkommen

Achim Güssgen-Ackva besitzt nicht nur den großen Mondeo, sondern auch einen kleinen. In Erinnerung an seine Eltern kaufte er sich Miniaturen ihrer früheren Wagen. Manche seiner Spielzeugautos sind 20 Jahre alt, andere 40, eines ist sogar älter als der 65-Jährige selbst: Ein roter Flitzer mit blauem Dach und Blechverzierungen.

Das Aufbewahren und Sammeln ist für Achim Güssgen-Ackva eine Herzensangelegenheit. Beim Blick auf die kleinen Fahrzeuge, auf Kratzer und das ein oder andere Sandkorn würden schöne Erinnerungen wach an wilde Rennen, royalen Besuch und besonders an die Familie.

Matchbox: Die kleine Anne und ihre »Streich«-Holzschachtel

Die Freunde Leslie G. Smith und Rodney Smith gründeten 1947 die Spielwaren-Firma »Lesney Products« zum Verkauf von Fahrzeugen im Miniaturformat. Richtig mini wurden die Autos durch ein eigentümliches Schulgesetz.

In den 1950er Jahren durften Kinder in Großbritannien nur Spielzeug mit in die Schule nehmen, das in eine Streichholzschachtel (engl. matchbox) passt. In diesen Schachteln brachte eine Schülerin fortan Spinnen und Käfer mit in die Klasse.

Um seiner Tochter die Streiche auszutreiben, entwickelte ihr Vater Jack Odell, Ingenieur bei Lesney, eine kleine Dampfwalze. Das Fahrzeug war kleiner als eine Streichholzschachtel und bot Anne nun die Möglichkeit, auf andere Weise Dampf abzulassen.

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