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Thorsten Zeller gewinnt Dichterwettstreit

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In lilafarbenes Licht ist das »KreativHaus« getaucht. Über 50 Gäste sind zum Dichterwettstreit an der Kaiserstraße gekommen. © pv

Friedberg (pm). Es ist Samstagabend. Lilafarbenes Licht leuchtet aus dem »KreativHaus« in der Kaiserstraße 89 auf den regennassen Asphalt des Gehwegs. Durch das Schaufenster ist ein Mensch auf einem Podest zu sehen. Die Worte, die er über das Mikrofon zu sagen hat, erreichen die Ohren der Gäste, fluten über deren Köpfe hinweg und schwappen durch die geöffnete Tür in die Friedberger Innenstadt.

Passanten, von der Neugier hingezogen wie Fische vom Licht, blieben immer wieder stehen. Lauschen.

Tatsächlich ist es der erste Dichterwettstreit, den das Helden-Theater seit Corona in der Kreisstadt organisiert. Veranstalter ist GartenRheinMain, ein Projekt der gemeinnützigen KulturRegion FrankfurtRheinMain. Sie haben für ihre abendfüllende Eröffnungsveranstaltung zum Jahresthema »Wasser« Friedberg gewählt. Vor dem KreativHaus, das als Projekt der Innenstadtbelebung von der Stadt und der Diakonie betrieben wird, weist ein in wasserblau gehaltenes Plakat auf die Veranstaltung hin.

»Wasser Worte Wetterau« hat sich Organisator Andreas Arnold als Slogan einfallen lassen. Der Raum fasst bestuhlt 30 Plätze. Eigentlich keine Menge, die Schweiß von den Stirnen der Mitglieder der Poetry-Slam-Sparte des Theatervereins rinnen ließe. Doch es ist Sommer. Zwei Open-Air-Veranstaltungen locken zu Musik ins Freie, dazu zahlreiche weitere, die in Kreisstadt und Umgebung ein abwechslungsreiches Sommerprogramm ausmachen.

Lyrikfreunde stehen in der Tür

Am Samstag ist der erste Gast schon eineinhalb Stunden vor Beginn da. Der Eintritt ist frei. Er will auf Nummer sicher gehen. Während gekühlte Getränke und frische Bio-Brezeln, beides gesponsort von der Diakonie Wetterau, ihren Weg in den Veranstaltungsraum finden, kommen weitere Lyrikfreunde. Bis der Einlass offiziell beginnt, sind schon fast alle Sitzplätze belegt. Kurz vor Veranstaltungsbeginn tragen Organisatoren und Künstler eine eigentlich als ihr Rückzugsort gedachte dreiteilige Couch aus dem Séparée in den Hauptraum, um weitere Sitzmöglichkeiten zu schaffen.

Die Kissen dieser werden vor den Wänden verteilt und schaffen gemütliche Plätze für weitere. Am Ende sind es gut 50 Gäste und ein Hund, die, offenbar hungrig auf das friedbergabstinente Format, im KreativHaus zusammenkommen.

Als Moderator Dominik Rinkart das Bühnenpodest betritt und die Veranstaltung mit einem aberwitzigen Text zur Einstimmung eröffnet, stehen Menschen selbst im Türrahmen, um zuzuhören, und stehen noch, als der Abend nach zweieinhalb Stunden dem Ende entgegen geht.

Bis dahin hören sie Texte von Arnold, der für eine ausgefallene Künstlerin einspringen darf. Er liest aus seiner Nachhaltigkeitskolumne, die auch in der Wetterauer Zeitung erscheint. Es geht um Regen, der zu Unrecht als Metapher für Trübsal herhalten muss und um den Wasserverbrauch der Textilindustrie.

Mit Annika Hofmann wird es lyrisch. Frei trägt sie vor, und als ihre Protagonistin, eine Muschel, ihre Freude über eine entstandene Perle zeigt, bewertet das Publikum ihren Vortrag mit der ersten Zehn des Abends.

Der Frankfurter Uli Höhmann brilliert mit einer vielstimmig und akzentuiert vorgetragenen Anekdote über »Uisge Beatha«, gälisch für »Wasser des Lebens«, heute als Whisky bekannt. Er lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als ein abendlicher Passant der Kaiserstraße kurz anhält und mit dem in Silberpapier verpackten Abendessen in der Hand rasch ein Sätzchen mit der rap-szenenüblichen Beleidigung am Ende in den Zuschauerraum ergießt. Als er seinen Weg fortsetzt, fühlt jeder, wie schnell ein Text zum Thema Alkohol Realität werden kann.

Im finalen Stechen überzeugen Holger Rohlfs aus dem südhessischen Griesheim, der Familienabenteuer in Seen und Flüssen nach Friedberg mitgebracht hatte, und der Friedberger Thorsten Zeller, der mit seiner originell gereimten und lautmalerischen Dichtkunst letztlich den Dichterwettstreit für sich entscheiden kann.

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