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Unterstützung im Kampf gegen Alkoholsucht

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Alkoholismus führt in die Verzweiflung. Wer damit Probleme hat, sollte sich Hilfe suchen. Bei den Anonymen Alkoholikern erfahren viele Menschen wieder Wertschätzung. © Imago Sportfotodienst GmbH

Die Anonymen Alkoholiker unterstützen einander, von ihrer Sucht loszukommen. In Friedberg gibt es seit eineinhalb Jahren einen Kreis von Männern und Frauen, der sich regelmäßig trifft.

Wasser und Kaffee stehen vor den etwas mehr als 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Gemeindesaal der Stadtkirche Friedberg. Plakate mit den zwölf Schritten und zwölf Traditionen der Anonymen Alkoholiker hängen an der Wand. Auf den Tischen liegt der Spruch »Gott gib uns die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können. Den Mut, Dinge zu ändern, die wir ändern können und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.«

Es ist Sonntag, 18 Uhr. Ein Sprecher eröffnet die wöchentliche Zusammenkunft, ein anderer liest die Präambel vor. »Alkohol ist verschlagen, trügerisch und mächtig«, liest er unter anderem. Ohne Hilfe sei es schwer, wie er fortfährt, es gebe aber einen, der alle Kraft habe: »Und das ist Gott.« Reihum stellen sich die Teilnehmer mit dem Vornamen und Worten wie »Ich bin Alkoholiker« vor. Es folgt eine kurze Beschreibung des jeweiligen aktuellen Befindens. Die Gruppe erwidert im Chor: »Schön dass du da bist.«

An diesem Tag ist ein Sprecher-Meeting angesetzt, das einmal im Monat terminiert und offen ist. Das heißt: Auch andere interessierte Personen können dazukommen, beispielsweise Angehörige, Sozialarbeitende und Pastoren. Was jemand bei einem Treffen erfährt, trägt er nicht nach außen - das ist eine entscheidende Regel. Die überwiegende Zahl der Anwesenden ist männlich, es sind aber auch einige Frauen dabei.

»Ich finde es ausgesprochen sympathisch in diesem Kreis«, stellt ein Besucher fest. Andere sagen: »Ich hatte eine gute Woche.« Oder: »Ich bin froh hier zu sein.« Eine Frau fühlt sich nachdenklich, weil sie aus der Klinik zurück ist und sich erst einmal wieder im Alltag zurechtfinden muss.

Trocken-Geburtstag und Panik-Attacke

Der Umgang miteinander ist äußerst wertschätzend. Als zwei Teilnehmende verspätet kommen, erweitern die anderen sofort den Kreis und holen noch einen Tisch dazu. Eine Frau spricht über ihre Depressionen. Hat sie getrunken, geht es ihr noch schlechter. Sie kann nur vormittags Aktivitäten nachgehen, sie hat Panik im Auto und ist deshalb nur eingeschränkt mobil. Gemeinsam begeht die Runde »Trocken-Geburtstage«. Eine Teilnehmerin erzählt, seit einem Monat trocken zu sein. Sie bekommt eine Münze, die vorher durch alle Hände wandert, verbunden mit guten Wünschen jedes einzelnen.

»Sprecher-Meeting« bedeutet, dass eine Person ihre Geschichte etwas ausführlicher erzählt. Diesmal ist Gerd dran, der seit 51 Jahren vom Alkohol weg ist. Er berichtet, wie er dieser Droge verfiel und wie er seine Sucht überwand. Er wuchs in einem bürgerlichen Elternhaus auf. Eine heile Familienwelt war es aber nicht, weil Mutter und Vater sehr distanziert waren. Als junger Mann brach er aus und wurde Musiker. Alkohol war nie ein Problem für ihn, bis ihn der Unfalltod seines Bruders aus der Bahn warf. Mit dem Trinken konnte er nicht mehr aufhören und versuchte mehrfach, sich das Leben zu nehmen. In einer Klinik lernte er die Anonymen Alkoholiker kennen, mit deren Hilfe er es schaffte.

Alle Teilnehmer eint ein Wunsch

Das Gespräch führt zum Thema Gott, der eine Bedeutung im Konzept der Anonymen Alkoholiker hat. Manch einer, der dazu stößt, hat kein Interesse an Religion, wie sich in einem Wortbeitrag zeigt. Einige erzählen, dass es ihnen genauso gegangen sei. »Ich hatte mit Gott auch nichts am Hut«, schildert ein Mann. Bei den Anonymen Alkoholikern fühlte er sich trotzdem sehr wohl. »Man hat sich gefreut, dass ich da war - so etwas hatte ich auch schon lange nicht mehr. Und am Ende haben sie sogar gesagt ›Komm wieder‹.« Heute könne er beten, es mache vieles einfacher. Ein anderer Mann berichtet Ähnliches: »Alkohol, Druck, nicht mit Geld umgehen zu können - das tut mir weh. Gott tut nicht weh, mit seiner Hilfe komme ich mit meinem Leben klar.«

Wie sich an diesem Sonntagabend zeigt, muss niemand religiös sein, um bei den Anonymen Alkoholikern dabei zu sein. Es gibt nur eine einzige Voraussetzung: Man sollte den Wunsch zu haben, trocken zu werden.

Bei den Treffen sind alle willkommen

Jeden Sonntag um 18 Uhr sind die Treffen der Anonymen Alkoholiker terminiert. Ort ist der Gemeindesaal der Stadtkirche in Friedberg. Die Zusammenkünfte dauern in der Regel 75 Minuten. Wer ein Alkoholproblem hat und dabei sein möchte, kann ohne oder mit Anmeldung dazu kommen (Telefonnummern: Bernd 0177/4251165 und Sylvia 0151/11015543). Die Teilnahme kostet nichts; am Ende kann jeder nach eigenem Vermögen einen Obolus geben.

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