Vielfalt des Dorheimer Wingerts

Friedberg (pm). Unter der sachkundigen Führung des Diplom-Biologen Gerd Bauschmann hat kürzlich die Vogelstimmenwanderung des NABU Friedberg in Richtung des Dorheimer Wingerts stattgefunden. Nach der Begrüßung der Teilnehmer und einer kurzen Einführung über den Wingert erläuterte Dr. Stefan Nawrath anhand der Beete die Unsinnigkeit von Plastikfolien zur Unkrautvermeidung.
Auf dem weiteren Weg in Richtung der Brücke meldeten sich die Haussperlinge, und es konnten Amsel, Gartengrasmücke und Gartenrotschwanz gehört werden. Hier haben sich rechts und links der Auffahrt durch den Bau der Umgehungsstraße auch neue Pflanzen angesiedelt, wie zum Beispiel die Königskerze und das orientalische Zackenschötchen.
In diesem Jahr vier Storchenpaare
Vorbei an Baumreihen mit alten und jungen Bäumen wurde erklärt, wie wichtig die alten, teilweise abgestorbenen Bäume sind und warum sie stehen bleiben sollten. Hier konnten Grünspecht und Gartenbaumläufer gehört und beobachtet werden. Das Interesse der Gruppe wurde durch ein Malaise-Zelt geweckt, in dem Insekten zwecks Kartierung gefangen werden. Auf dem Wingert stehen verschiedene Fangeinrichtungen für diverse Insektenfamilien. Es werden hier beispielsweise fliegende Insekten, Käfer, Ameisen und Wanzen kartiert. Dabei wurde schon eine Käferart gefunden, die es nur noch einmal an einem anderen Standort in Deutschland gibt.
Durch die Fallen würden zwar Insekten gefangen und dadurch der Nahrungskette entzogen, aber durch die Beweidung beziehungsweise den Kot der Schafe entwickelten sich mehr Insekten, als durch die Fallen entzogen würden, heißt es in einer NABU-Pressemitteilung. Nicht zuletzt kämen die positiven Entwicklungen bei den Insekten auch der Vogelwelt zugute.
Auch das Grünland steht »unter Beobachtung«. Nawrath nimmt schon seit einigen Jahren die Entwicklung der Pflanzen des Wingerts unter die Lupe. Ziel der Zählung von Tieren und Pflanzen ist die Habitat-Entwicklung bei Beweidung der Flächen. Auch hier sei eine erfreuliche Entwicklung, das heißt eine Zunahme der Pflanzenvielfalt auf den beweideten Flächen, zu verzeichnen, schreibt der NABU.
Auf dem weiteren Weg durch den Wingert waren immer wieder Vögel zu hören, etwa die Nachtigall und der Zilpzalp, aber auch zu sehen, wie der Steinkauz und Fasane. Auch der Kuckuck war an einigen Stellen zu hören. Von der »alten Römerstraße« aus gelang ein Blick bis fast in ein Storchennest, allerdings waren nur die zwei Altvögel zu sehen. Auf der Ost- und Südostseite des Wingerts sind in diesem Jahr vier Storchenpaare zu erleben.
Auf dem Rundweg kam die Gruppe an einem dichten Gebüschstreifen vorbei, in dem in den letzten beiden Jahren auch wieder Rebhühner heimisch sind. Auch die Feldhasen und vor allem die Fasane haben an Zahl zugelegt.
Auf dem letzten Stück des Weges durch die Streuobstwiesen kamen aus der Gruppe Fragen zu den Herbstzeitlosen. Gerd Bauschmann, selbst Schafhalter, erläuterte, das Gift dieser Blume zerfalle nicht beim Trocknen und bleibe selbst im Heu aktiv und gefährlich. Seine Schafe meiden die Pflanze.
Von Menschen erschaffene Natur
Zum Ende der Wanderung zeigten sich die Teilnehmer begeistert über die reichhaltige Natur des Wingerts. Doch der Diplom-Biologe bremste etwas. »Das, was wir heute hier sehen, ist eine Kulturlandschaft, die etwa 150 Jahre alt ist. Das ist keine gewachsene Natur, sondern eine von Menschen erschaffene.« Durch die Einführung der Weidewirtschaft, für die Grünflächen gebraucht wurden, und die Notwendigkeit der Ernährung entstand nach und nach das heutige Aussehen unserer Streuobstwiesen. Teilweise wurden die Baumgrundstücke auch als Ackerflächen benötigt, und der Bauer pflügte rechts und links der Bäume, um Feldfrüchte anzubauen.
Am Ende der Vogelstimmenwanderung wurde ein positives Fazit gezogen. Von etwa 50 verschiedenen Vogelarten, die im Wingert als Stand- beziehungsweise Brutvögel bekannt sind, konnten 25 Arten gehört und teilweise gesehen werden. Auch etliche Feldhasen ließen sich blicken.
Vorstandsprecherin Ruth Müller lud die Teilnehmer zu einem Frühstück ein, das die fast dreistündige Wanderung beendete.