Von der Leichtigkeit des Seins

Friedberg (gk). Drei Meister ihres Genres gaben am Freitagabend zum zweiten Mal nach 2017 ein Gastspiel im Alten Hallenbad. Als Trio Lézard wirken Stéphane Egeling (Oboe, Bassoboe, Englischhorn), Jan Creutz (Klarinette, Bassethorn, Sopransaxofon) und Stefan Hoffmann (Fagott, Kontrafagott) seit über 25 Jahren zusammen. Nicht nur der Gewinn des renommierten »Echo Klassik«-Preises im Jahr 2015 zeugt von ihrer erfolgreichen Arbeit.
Paris im Jahr 1927: Der Fagottist Fernand Oubradous (1903 bis 1986) gründet mit dem Oboisten Myrtil Morel und dem Klarinettisten Pierre Lefèbvre das erste »Trio d’anches« (»Rohrblatt-Trio«). Bald erobern die drei die Pariser Konzertsäle und Musikkabinette. Mit vielen bedeutenden Komponisten ihrer Zeit befreundet, widmen sich Oubradous und seine Kollegen nicht nur der klassischen Musik (in Bearbeitungen für ihre Holzblasinstrumente), sondern zum Beispiel auch dem Jazz und Tango. Sie geben Werke in Auftrag und treten in allen Pariser Musikabinetten auf - wie dem legendären »Le boeuf sur le toit« (Der Ochs auf dem Dach), genannt nach einem Werk von Darius Milhaud. Hier gab sich in den 1930er Jahren »tout Paris« die Klinke in die Hand und lauschte fasziniert neben klassischer Kammer- und Klaviermusik auch dem Chanson, Jazz und Swing.
Bereits nach der ersten - eher zufälligen - Begegnung mit der Musik des nach 1945 schnell in Vergessenheit geratenen »Trio d’Anches de Paris« zeigten sich Egeling, Creutz und Hoffmann so fasziniert, dass sie - in die Fußstapfen von Oubradous tretend - sich zum Trio Lézard zusammenschlossen. Gleichzeitig begaben sie sich mit detektivischem Spürsinn auf die Suche nach verschollenen Partituren und Tonträgern.
Ihren größten Fund machten sie 2004 bei einem englischen Sammler alter Schellackplatten mit rund drei Stunden Musik des »Trio d’anches«, die er ihnen auf CD überspielte.
Im Alten Hallenbad trat das Trio Lézard mit einem völlig neuen Programm auf. Im ersten Teil des zweistündigen Konzerts erklangen Werke von Eugène Bozza, Pierre Wissmer und Jean Rivier. Selbst die subtilsten Details dieser anspruchsvollen Musik, der der musikalische Laie ihr hohes spieltechnisches Niveau wenig anhört, nachempfindend, agierten Egeling, Creutz und Hoffmann auf Augenhöhe mit sichtlicher Freude am eigenen Tun. Dieser Funke sprang binnen Kurzem aufs Auditorium über.
Nicht zuletzt durch die aufschlussreichen Informationen der drei Musiker unter anderem über ihre Instrumente wurde der Abend zum Erlebnis. Wer außer einem kleinen Kreis von Musikhistorikern erhält schon Gelegenheit, diese humorvolle, leichte Musik jenseits aller öden Schwerfälligkeit beziehungsweise Ernsthaftigkeit zu hören zu bekommen?
Ein besonderer Leckerbissen des ersten Teils war das Spiel von Johann Sebastian Bachs Triosonate Es-Dur, BWV 525 in eigener Bearbeitung für Harmoniemusik. Vor allem das wunderbare Adagio des zweiten und die Fuge des dritten Satzes beeindruckten. Sté- phane Egeling erhielt hier reiche Gelegenheit, am Englischhorn zu glänzen.
Exotisches Instrument
Nach der Pause kam ein exotisches, ganz selten zu hörendes Instrument zum Einsatz - das Sopran-, Alt- und Bass-Sarrusofon. Als »Verwandter« des Saxofons verfügt es über dasselbe breite Klangspektrum wie dieses. Neben drei Tangos von Poulenc, Martinu und Barbirolli erklang ein weiteres Werk von Bach - seine Sonate g-Moll, BWV 1030b in einer Bearbeitung für Saxo- und Sarrusofon. Lang anhaltenden Schlussapplaus belohnten die Musiker des Trio Lézard mit Cole Porters Hommage an Paris - »Isle of Paris«.