Weltmusik vom Allerfeinsten

Friedberg (har). Das Genre »Weltmusik« ist gar nicht so leicht zu definieren. Es handelt sich dabei um eine Musikform, die von Musikrichtungen aus vielen Ländern weltweit beeinflusst wird, auch Jazz, Walzer, Klezmer oder Tango können eine Rolle spielen.
Vier Musiker, die diesen Mix bestens beherrschen, sind Michael Gottmann (Akkordeon), Michael Dorn am Bass, Holger Dietz (Schlagzeug und Percussion) sowie Helmut Vogt mit Klarinette, Alt- und Sopransaxophon. Als Quartett »O-Ton« gehören die vier Musiker aus Hofheim, Ingelheim und Edenkoben zu den bekanntesten und großartigsten Vertretern der »Weltmusik«, was im vergangenen Jahr mit der Vergabe des Weltmusik-Preises gewürdigt wurde.
Am Samstagabend gastierten die vier Vollblutmusiker im Rahmen des Kulturtaucherprogramms im endlich wieder einmal voll besetzten Kesselhaus des Theater Altes Hallenbad. Die begeisterten Besucher erlebten gut zwei Stunden eine bestens aufgelegte Combo, die mit ausschließlich selbst komponierten durchweg eingängigen Melodien die Besucher begeisterte.
Meister auf ihren Instrumenten
Da wurde der Bandname »O-Ton« zum Programm, wobei das O nicht nur für original, sondern durchaus auch für originell stehen könnte. Genauso begann das Konzert. Nur drei Musiker kamen auf die Bühne, setzten sich hin und saßen zunächst still da - bis aus der leeren Halle nebenan plötzlich Saxofon-Töne erklangen, getragen von großem Hall. Musizierend spazierte Michael Dorn in das Kesselhaus, seine drei Mitstreiter setzten ein und begeisterten sofort mit einer wunderschönen Melodie, die an einen Spaziergang an der Seine in Paris erinnerte. »Sommerabend« war der Titel des frankophil angehauchten Stücks, dem mit »Lichterloh« eine Komposition folgte, bei der sich hörbare orientalische Einflüsse mit Jazzelementen mischten.
»Weltmusik trifft Jazz« ist denn auch das Motto des Quartetts. Dies erklärt Bassist Michael Dorn, der mit sehr viel Humor durch den Abend führte, so: »Wir drei sind Weltmusik und er ist Jazz«, sagt Dorn, zeigt auf Helmut Vogt, der mit seinen jazzigen Einlagen ebenso immer wieder für Begeisterung sorgt, wie seine Mitspieler.
Alle vier sind wahre Meister auf ihren Instrumenten. Das virtuose Akkordeonspiel von Gottmann, der die Band vor 20 Jahren gegründet hat, harmoniert geradezu ideal mit dem Spiel von Vogt auf den Holzblasinstrumenten.
Dorn entlockt seinem Kontrabass Töne, wie man sie so nur selten hört, wobei er das gesamte Griffbrett seines Instrumentes nutzt, schon mal nicht zupft, sondern draufschlägt, was dann ähnlich einer E-Gitarre klingt. Ebenso unglaublich ist das Spiel von Holger Dietz, für den das Schlagzeug nur die Grundlage für ein virtuoses Percussionspiel ist, wobei er alle verfügbaren Sticks und Besen ebenso nutzt wie Triangel, kleine Mini-Becken, Bongo-Trommeln und anderes mehr.
Immer wieder begeistern die vier mit hervorragenden Soli, aber auch mit Improvisationen, die mit ganz kurzen Blickkontakten oder Bewegungen untereinander »gesteuert« werden und schon mal in den »Free-Jazz-Bereich« eintauchen.
Dabei sieht man den vieren die Freude an ihrem gemeinsamen Spiel an. Nicht nur bei den Moderationen von Dorn, die schon mal Comedy-Charakter haben, wird viel gelacht. Dieser Spaß überträgt sich ganz zwangsläufig auf die Besucher, die immer wieder begeistert applaudieren. Dorn erzählt abstruse Geschichten, deren Wahrheitsgehalt mehr als fraglich ist. »Ihm darf man nichts glauben«, meint Michael Gottmann in der Pause und lacht los. So erfindet der Bassist Titel für die Eigenkompositionen wie »Hessen Jazz 1972 - und mir wird schlecht« in Erinnerung an einen Jazzfestivalbesuch in seiner Kindheit, wo er angeblich mit Bratwurst und Bluna »vollgestopft« wurde. Mit Dorns Feststellung »Wir haben noch nie eine Zugabe gegeben«, verabschieden sich die vier genialen Musiker mit einem »von mir geschriebenen rumänischen Volkslied«, so Dorn.
Natürlich gibt es die stürmisch geforderten Zugaben und die vier wollen gerne wieder kommen, um im dann fertiggestellten Saal zu spielen. Bleibt zu hoffen, dass der Wunsch in Erfüllung geht, spielen die vier mehr als nur Weltmusik, sondern einfach »Weltklasse-Musik.«