Wenn der Laster an der Hauswand hängenbleibt

Die östliche Altstadt ist so etwas wie das Herz von Friedberg. Nur kommt es laut Anwohnern immer wieder zu »Herzrhythmusstörungen«. Falschparker, Raser und riesige Laster sorgen für Verdruss.
Die östliche Altstadt von Friedberg ist ein Gewirr enger Gassen. Wie man hier rasen oder sich mit einem Lkw samt Anhänger durchquälen kann, ist schwer vorstellbar. Laut den Anwohnern kommt das aber ständig vor. Sie haben sich mit Briefen an die Stadt gewandt, die Antwort sei ernüchternd, sagen die Ehepaare Hartmann, Bub und Voss. Und das, obwohl sie Vorschläge gemacht haben, wie die Situation entschärft werden kann.
Jeden Morgen das gleiche Spiel: Elterntaxis parken vor der Musterschule in Halteverbotszonen. Da es in der Altstadt keine Bürgersteige gibt, entstehen ständig gefährliche Situationen. Es gilt Schrittgeschwindigkeit, aber daran hält sich kaum jemand. Beim Ortstermin am Mittwochnachmittag ist das auch zu erleben. Ein Vater prescht in hohem Tempo die Schulstraße hoch, stellt sein Auto verkehrswidrig an eine Hauswand. Als er die Tür öffnet, schlägt sie gegen den Verputz. Der Vater verschwindet im Schulgebäude, dass sein Auto Rettungswege versperrt, kümmert ihn nicht. Man könnte eine Schnitzeljagd machen, wer die meisten angestoßenen Hausecken in der Altstadt findet. Die Eheleute Jürgen und Brigitte Voss haben ihre Hauswand erst vor zwei Wochen streichen lassen. Mal sehen, wie lange das hält. Treppen wurden schon von rangierenden Lkw beschädigt, Pflanzkübel kaputtgefahren.
In einem Schreiben an Ordnungsdezernentin Marion Götz (SPD) hat Johannes Hartmann vier Problemfelder geschildert - und Vorschläge gemacht, was zu tun sei: »Immer wieder fahren Lastwagen ohne Ortskenntnis in die Altstadt und kommen dann nicht mehr unbeschadet hinaus.« Hartmanns Vorschlag: »Einfahrverbot für Laster über 3,5 Tonnen. Schild mit Hinweis auf fehlende Wendemöglichkeiten und Engstellen.«
Ärger über viele Falschparker
Problem Nr. 2: Falschparker. Sie stehen überall, behindern die Müllabfuhr. Bricht ein Brand aus, gibt es für Feuerwehrautos kein Durchkommen. Viele Falschparker sind ortsfremd, übernachten im »Lux Stay«. Das Hotel empfiehlt seinen Kunden das nur wenige Meter entfernte Parkhaus. Mit durchwachsenem Erfolg. Die Anwohner fordern mehr Kontrollen durch die Ordnungspolizei.
Nächstes Problem: die Elterntaxis: »Kurz vor 8 Uhr drängeln sich die Autos in der Schulstraße und Augustinergasse vor der Musterschule. Je später es wird, desto schneller fahren die Eltern die Schulstraße hoch, um ihre Kinder noch rechtzeitig abzuliefern.« Das führe zu Rückstaus, Hupen und bösen Worten. Die Kinder, die zu Fuß zur Schule gehen, seien hochgradig gefährdet. Hat das Müllauto Verspätung und kommt zur gleichen Zeit, geht in der Altstadt gar nichts mehr voran.
Hartmann schlägt eine Kampagne an der Schule vor: Die Kinder sollen, wenn möglich, zur Schule laufen; für Eltern müsse ein Platz für die »Anlieferung« reserviert werden. Problem Nr. 4: die Raser. Mit bis zu 50 Sachen rasten Autos die Schulstraße hoch, Rechts-vor-Links werde missachtet. Gerast werde auch, wenn Kinder auf der Straße spielten. Was sie dürfen, die Altstadt ist verkehrsberuhigte Zone. Trotzdem rollen täglich Autos über den Fünf-Finger-Platz.
Wie ist das, wenn man aus dem Fenster schaut und es nähert sich ein riesiger Laster? »So langsam kriege ich das Zittern«, sagt Brigitte Voss. »Kinder quetschen sich durch die Lücken zwischen wartenden Autos. Das ist total gefährlich.« Und ihr Haus? Übersteht es den nächsten Zusammenstoß mit einem Lkw?
Der Ruf der Friedberger Altstadt ist nicht der beste. Zu Unrecht, wie die Ehepaare Bub, Hartmann und Voss sagen. »Wir leben gerne hier. Alles ist fußläufig erreichbar«, sagt Wolfgang Bub: »Wir schlafen bei offenem Fenster. Abends ist es meist ruhig. Die schlimmen Ami-Zeiten sind lange vorbei.« Das war, als die US-Soldaten das Kneipenviertel unsicher machten. Die Altstadt sei schön, könnte aber laut den Anwohnern noch viel schöner sein. Wenn die Verkehrsprobleme endlich abgestellt würden.
Anwohner fordern höhere Bußgelder für Falschparker
Die Anwohner haben der Stadt ihre Probleme geschildert, das Ordnungsamt sei aber nicht auf alle eingegangen. In einem Brief versprach das Ordnungsamt eine »intensivere Überwachung«. Ob das reicht? Die Anwohner haben Zweifel. Ein Lkw-Verbot werde mit der Begründung abgelehnt, dass ohnehin »nur der Schwerlastverkehr in die Altstadt fährt, der hier auch reinfahren muss«. Und wenn, wie neulich, ein Lkw mit Anhänger Möbel für die Schule liefert und vorab keine Informationen über die örtlichen Verhältnisse hat, ändere sich auch nichts. In Sachen Falschparker, sind sich die Anwohner einig, würden höhere Bußgelder und ein konsequenteres Einschreiten helfen.