Wetteraukreis: Etat-Debatte im Wahlkampfmodus

Die Haushaltdebatte im Wetterauer Kreistag war vom Wahlkampf geprägt. Der Etat wurde von der CDU-SPD-Koalition beschlossen, die nach Meinung der Opposition allerdings längst am Ende ist.
Gute Nachricht für die Städte und Gemeinden: Kreis- und Schulumlage werden nicht weiter erhöht. »Es bleibt bei der Anpassung um 0,6 Prozentpunkte für die Kreisumlage, die Schulumlage sinkt gegenüber dem Ursprungsentwurf sogar um ein knappes Prozent«, sagt Kreiskämmerer Matthias Walther (CDU). Das sind hessenweit die geringsten Belastungen. Und dies, obwohl der Haushalt 2023 des Wetteraukreises ein Defizit von 37,3 Millionen Euro aufweist. Dies sind laut Walther die Folgen des Ukrainekriegs, der Flüchtlings- und der Energiekrise.
Der Kreis hatte einen Doppelhaushalt 2022/23 aufgestellt, das Regierungspräsidium aber nur den ersten Teil genehmigt. Was die Opposition kritisierte. Dies setzte sich in der Kreistagsdebatte fort. Zunächst verteidigten Sebastian Wysocki (CDU) und Rouven Kötter (SPD) den Etatentwurf. Wysocki verwies auf »die hohen Investitionen in die Bildung«, die »niedrigsten Hebesätze in Hessen«, den Ausbau der Radwege. »Wir sind froh, dass der Wetteraukreis angesichts der Herausforderungen sicher durch Landrat Weckler geführt wird.« Kötter betonte in Sachen Kreisumlage: »Wir drücken die Belastungen nicht nach unten durch.« »Fassungslos« habe ihn die Haltung der Grünen im Ausschuss gemacht, die darauf drangen, es müsse mehr in Sachen Schulbau geschehen. Kötter: »Obwohl die Mitarbeiter angesichts der Belastungen sagten: Unmöglich, es geht nicht.« Ob mehr Mittel im Sozialbudget oder kostenloses Schülerticket: »Dieser Haushalt stellt in schwierigen Zeiten die richtigen Weichen«, sagte Kötter.
»Da muss mehr Tempo rein«, fasste Michael Rückl (Grüne) die Kritik seiner Partei am Haushalt zusammen. Nicht mehr, sondern weniger Investitionen im Schulbau seien getätigt worden, nur 55 Prozent der Mittel seien ausgegeben worden. Rückl sprach vom »klimapolitischen Blindflug« der Koalition, vermisste Transparenz. Die SPD-Sozialdezernentin sei selbst in den eigenen Reihen umstritten, die Arbeit bleibe in Entwürfen stecken. Rückl: »Zu einer ehrgeizigeren Politik ist die Koalition nicht in der Lage.«
Abgesang auf die Große Koalition
Als der RP den Etat 2023 zurückwies, war es die FDP, die dies vehement kritisierte. Schon bei der Beratung des Doppelhaushalts habe man darauf hingewiesen, dass die Folgen von Krieg, Corona, Inflation und Flüchtlingskrise nicht genügend berücksichtigt wurden, sagte FDP-Sprecher Jörg-Uwe Hahn. Das habe die Kreisspitze ignoriert. Es fehle der Koalition an »Empathie und Gestaltungswille, das ist eine traurige Geschichte«, so Hahn, der die Koalition am Ende sieht. Kötter zeige sich gegenüber Grünen und FDP kompromissfähig, der CDU-Redner erwähne die SPD nicht einmal.
»Der Haushalt 2023 ist handwerklich ein Desaster«, sagte Erich Spamer (FW) an die Adresse von Kämmerer Walther. Spamer zählte Fehler, Fehleinschätzungen, Versäumnisse auf, sagte eine »exorbitante« Erhöhung der Kreisumlagen voraus - nach den Wahlen. Dann, so Spamer, sei auch die Koalition am Ende.
Michael Kuger (AfD) nahm sich wie alle Haushaltsredner die Freiheit, über dies und das zu reden, was im Falle der AfD heißt: Flüchtlinge, die Kosten, die sie verursachen, gescheiterte Abschiebungen, der Unterschied zwischen Rechtsextremismus und Rechtskonservatismus - bis ihn Kreistagsvorsitzender Armin Häuser zweimal ermahnen musste, bitte zur Sache zu reden. Was nicht so recht gelingen wollte.
Gabi Faulhaber (Linke) geißelte das »Politikversagen« der Koalition in Sachen Wohnungsbau. Da herrsche »geruhsame Beschaulichkeit«. Außerdem beklagte sie, Sozialleistungen würden zurückgehalten, um Geld zu sparen, etwa beim Wechsel vom Sozialamt zum Jobcenter. Daniel Lachmann (NPD) lehnte den Haushalt ab, da in diesem »zuviel Geld für Nichtdeutsche« vorgesehen sei.
Es gab Änderungsanträge der Opposition, die meisten wurden abgelehnt. Beschlossen wurden Anträge der FDP zur Unterstützung des Notmüttertreffs und der Musikschulen. Der Haushalt wurde mit den Stimmen der CDU-SPD-Koalition beschlossen. Am Ende überreichte Kreiskämmerer Matthias Walther Blumen an Inga Wagner, die als langjährige Leiterin der Kreiskämmerei ihren letzten Haushalt bearbeitete. Dafür gab es Applaus des ganzen Hauses.