Zwischen Absicht und geschehen lassen

Friedberg (pm). Reliefartige Werke aus Papier, Kleister, Spachtelmasse und immer wieder Nähgarn. Hier Ordnung, dort Chaos. Das Garn ist oft der einzige Farbtupfer in den anmutig monochromen Bildern. »Zerfall tut weh, gehört aber dazu. Dabei nicht den Faden zu verlieren, darauf kommt es an«, erklärt die Bingenheimer Künstlerin Teresa Neite, deren Ausstellung im Café Kaktus am Sonntag eröffnet wurde.
Auf die Frage, was es mit den Garnwickeln auf sich hat, antwortet die studierte Kunsttherapeutin: »Das sind Puppen, die sich entwickeln.« Und dann wird es offenbar: Die meisten Collagen kommen im Viererpack und erforschen in Momentaufnahmen den Kreislauf aus Wachstum, Erhalt, Zerfall und Reorganisation.
Da ist zum Beispiel ein Quadrat, aus dem werden zwei, die dann zerfallen, um sich in einer komplexeren Anordnung neu zusammenzufinden.
Die in Forchheim aufgewachsene Künstlerin war während und nach ihrem Studium in Bremen sowohl bildhauerisch als auch mit Installation und Performance tätig. Diese Vielseitig- und Fertigkeit erkennt man auch in ihrer aktuellen Arbeit. »Die Beschäftigung mit etwas Handfesten eröffnet mir etwas, das Worte oder Gespräche nicht geben können. Ich kann meine Kunst auf fast alles beziehen, ohne sie würde mir etwas fehlen. Die Lemniskate, die liegende Acht, 8 ist ein schönes Symbol für den wiederkehrenden Zyklus von Werden, Sein, Stagnieren, Zerfallen und Reorganisieren. Nicht umsonst ist sie das Zeichen für Unendlichkeit. Man begreift sich in einem nicht endenden Wandel.« Seit 2020 lebt und arbeitet Neite in Bingenheim. Vor einem Jahr wurde sie Mutter, was sie aber nicht von der Kunst abhält: »Ich bin froh, dass Sammie von Anfang an neugierig dabei ist.« Und auch an der gut besuchten Vernis-sage meckert die Tochter kaum, als die Mutter mit wenigen klaren Worten in ihre Ausstellung einführt.
Kuratorin Su Kyoung Yu fasste indessen Neites Kunst so zusammen: »Ihre Arbeit beinhaltet die ganze Palette und Tiefe von Emotionen, ohne von ihnen fortgeschwemmt zu werden. Solche Prozesse, das Lösen von inneren Knoten, führen zu innerer Heilung und Selbstfindung.«
