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Geschichte schnuppern: Schule mit der Schiefertafel

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Die Jungens schreiben während der Projektwoche mit Schiefertafeln. © Elfriede Maresch

Mit einer besonderen Projektwoche bereiteten Kinder und Lehrkräfte der Hohebergschule das 125-jährige Jubiläum vor. Über einige Dinge wunderten sich die Schüler dabei mächtig.

Unerwartete Beförderung: Beim Rundgang während der Projektwoche wurde die Kreis-Anzeiger-Mitarbeiterin unversehens zur »Frau Schulinspektorin«. 125 Jahre wird die Grundschule in Ober-Lais alt. Dazu gab es ein Projekt und die Frau Schulinspektorin hätte früher vielleicht die pädagogischen Ziele »Disziplin, Zucht und Ordnung« überprüfen müssen. Weit angenehmer war es jetzt, die Konzentration und das wache Interesse der Kinder zu beobachten.

Freude am Rollenspiel war auch dabei. Schulleiterin Britta Schaumburg war im strengen Kostüm, manche Mädchen mit Mittelscheitel, Zöpfen und Dirndlkleidchen, Jungen mit karierten Kurzarmhemden modisch passend auf Zeitreise gegangen.

Statt Sport gibt es Leibesübungen

Auch vertraute Schulfächer wurden von den Kindern anders erlebt. Statt der gewohnten Sportstunde ging es um Leibesübungen. Beim Schulfest wird eine solche Leibesübungsstunde zu sehen sein. Der Schwerpunkt Pausenspiele zeigte, dass manche Bewegungsarten - Tauziehen, Fangen, Verstecken - auch heute noch Spaß machen. Für sich wiederentdeckt haben die Kinder Gummitwist, Hickelkästchen, aber auch die vergessenen Murmelspiele.

Bei »Tanzen in der Grundschule« wurden den Kindern der Aspekt der Kontaktaufnahme mit anderen, aber auch des körperlichen Ausdrucks von Stimmungen bewusst. Spaß machte es, den Siebensprung aus einer ganz Reihe alter Tänze dieser Art mit verschiedenen Figuren einzuüben. »Nadelarbeiten« - Stricken, Nähen, Sticken, Häkeln und Flicken waren vor 150 Jahren obligatorisches Unterrichtsfach für Mädchen. Für Jungen war Werken mit dem Vermitteln einfacher Handwerkstechniken angesagt.

Diese Fähigkeiten sind heute meist nicht mehr geläufig, beobachteten die Lehrkräfte. Nadeln einzufädeln, einen Knoten zu knüpfen fällt manchen Kindern schwer. So war das Angebot von Sticken und Weben in der Projektwoche zunächst eine Lektion in Geduld und Fingerfertigkeit - umso mehr freuten sich die Kinder, dass die Aufgaben trotz anfänglicher Schwierigkeiten gelangen.

»Schrift und Schreiben im Unterricht um das Jahr 1900« war ein weiteres Kursthema. Mit Schiefertafel und Griffel erprobten die Kinder, wie sich ihre Urgroßeltern beim Schreibenlernen gefühlt haben mögen. Von der Schwammdose bis zum Griffelkasten lernten sie die Siebensachen kennen, die jedes Kind im Ranzen haben musste.

Schreiben in Sütterlinschrift

Gar nicht so einfach war das Schreiben und Lesen der Sütterlinschrift, die zwischen 1915 und 1940 in Deutschland angewandt wurde. Schreiben mit Gänsefedern? Fasziniert beobachteten die Kinder, wie das Ende eines Federkiels in heißem Sand gehärtet, spitz zugeschnitten und dann mit Tinte zum Schreiben genommen wurde. Es gab »Schönschreibübungen«, spitze Kiele kratzten über das Papier - so wie damals.

Das Projekt »Heimatkunde« begann mit einer Fahrt der ganzen Schule in den Hessenpark. Die Klassen entdeckten Fachwerkstrukturen, die sie auch bei Erkundungsspaziergängen - »zwei und zwei« wie damals - durch Ober-Lais wiederfanden. Ebenso entdeckten sie, dass der Ort vieles verloren hat: die Bäckerei, ein Hausgerätegeschäft, wovon die Großeltern zu berichten wussten. Es gibt noch viel Erinnerungs- und Erzählkontinuität im Ort. So war das Nachfragen in den Familien eine gute Quelle für das Projekt »Hintergrundwissen«, wo Poster zu Themen wie »So lebten Kinder früher« oder »Schulhaus, Klassenzimmer, Unterrichtsmaterialien früher« entstanden.

Zugleich bot die Projektwoche den Kindern auch Gelegenheit zu Selbst- und Gruppenerfahrung und diese Überlegungen sollen nach dem Jubiläum weiter reflektiert werden. So waren die Kinder irritiert, als ihnen im Hessenpark unterschiedliche Rohrstöcke für Jungen und Mädchen gezeigt wurden: »Schlagen ist doch ganz blöd, in die Ecke gestellt werden auch«, stellten sie fest. Aber sie machten auch die Erfahrung: »Bei ›Zwei und zwei« durchs Dorf laufen, gibt es kein Geschubse und Gedrängel.«

An der Hohebergschule werden 53 Kinder aus den Stadtteilen Ober- und Unter-Lais, Michelnau, Fauerbach und Schwickartshausen von fünf Lehrkräften unterrichtet. Es gibt zwei flexible Schuleingangsklassen der ersten und zweiten Jahrgangsstufe sowie eine Kombiklasse der Jahrgangsstufen drei und vier und eine Familienklasse. Dazu kommen jahrgangsübergreifende Arbeitsgemeinschaften, wie Chor, Werken, Tischtennis und mehr, in denen die Kinder zusammenkommen.

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