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Gewaltschutz inklusiv gedacht

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Von: red Redaktion

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Eine inklusive Arbeitsgruppe hat die Broschüre gemeinsam erstellt: (hintere Reihe, v. l.) Nico Spieler, Vincenz Schaupp, Miriam Vermeil, (davor, v. l.) Marianne Arndt, Kirsten Luckau, Marie Rachor, Birgit Ahrens, Christa Mansky, (vorne, v. l.) Ute König und Mirjam Siebert. © pv

Wetteraukreis (red). Für Menschen mit Behinderung ist das Risiko, Gewalt zu erleben, deutlich höher als für den Durchschnitt der Bevölkerung. Im Wetteraukreis erarbeitet eine inklusive Arbeitsgruppe aktuell eine Broschüre zum Gewaltschutz.

Noch eine letzte Interviewfrage und ein gemeinsames Foto, dann ist es geschafft. Marianne Arndt vom Wetterauer Büro für Leichte Sprache und fünf Mitarbeitende der Werkstätten der Behindertenhilfe Wetteraukreis sind ganz schön herumgekommen in den vergangenen Monaten. Sie waren auf der Polizei Friedberg, bei Pro Familia, Wildwasser Wetterau und beim Frauen-Notruf zu Gast, um ihre Gespräche für die Broschüre zu führen. Dabei wurden sie von der Fotografin Annika Wolfraum begleitet.

Leicht verständlich und anschaulich soll sie werden, das ist den Mitarbeitenden der Arbeitsgruppe wichtig. »Viele Menschen haben keine Vorstellung davon, was sie in einer Beratungsstelle oder auf der Polizeistation erwartet. Mit den Texten und Fotos geben wir einen Einblick, wie es in den Räumlichkeiten aussieht und welche Unterstützung Betroffene dort erhalten«, erläutert Birgit Ahrens von der Lebenshilfe Wetterau. Ziel sei es, über Hilfeeinrichtungen zu informieren und deutlich zu machen, dass dort auch Menschen mit Behinderung willkommen sind und Hilfe nach Gewalterfahrungen erhalten.

Bei den Interviewfragen standen die Belange der Mitarbeitenden mit Behinderung im Vordergrund. Ihre Perspektive ist der zentrale Blickwinkel in der Broschüre. Da kommt es auch vor, dass in einer Beratungsstelle ganz unverblümt gefragt wird, ob die Beratung denn überhaupt etwas nützt und ob man mehrmals kommen darf. Laut Nico Spieler von Pro Familia Friedberg richtet sich die Broschüre nicht nur an Frauen, sondern auch an Männer.

Infos rund um Vergewaltigung

Zudem informiert die Broschüre in Leichter Sprache über die verschiedenen Formen von Gewalt, Selbstbehauptung und über Gewaltschutz in Werkstätten und betreutem Wohnen. Die Erstellung und der Druck der Broschüre werden über Aktion Mensch finanziell gefördert.

Bereits Ende 2020 entstand die Idee zur Broschüre über Gewaltschutz. Christa Mansky vom Frauen-Notruf und Miriam Vermeil von Wildwasser erinnern sich, dass es anfangs nicht leicht war, eine gemeinsame Vorgehensweise und das richtige Arbeitstempo zu finden. Durch die Arbeit sei die Gruppe eng zusammengewachsen, alle seien stolz, dass trotz Pandemie und Lockdowns die Broschüre kurz vor der Fertigstellung steht. Bis Ende des Jahres soll sie in gedruckter Form vorliegen.

Bereits fertig ist die Broschüre »Vergewaltigung. Informationen & Handlungsmöglichkeiten«, wie der Frauen-Notruf mitteilt. Viele Frauen erleben sexuelle Übergriffe im Laufe ihres Lebens. Die Bandbreite reicht von sexueller Belästigung bis hin zur Vergewaltigung. Die neu erschienene Broschüre greift die Themen auf. Mit 82 Seiten ist ein kompaktes Heft entstanden, das sowohl über den Tatbestand der (versuchten) Vergewaltigung und Vergewaltigungsmythen aufklärt, als auch über die medizinische Versorgung, Spurensicherung und rechtliche Wege (Strafanzeige und -verfahren) informiert. Auch werden die Auswirkungen und mögliche Reaktionen auf das erlittene Trauma erklärt. »Die Einordnung der eigenen Reaktionen ist für Betroffene sehr hilfreich und entlastend. Auch Selbstfürsorge ist in der Zeit nach der Tat sehr wichtig, um das Erlebte bewältigen zu können. Daher gehen wir in der Broschüre gezielt darauf ein«, erläutert Christa Mansky vom Frauen-Notruf. Das eigene Handeln wieder selbst zu bestimmen, sei eine wichtige stärkende Erfahrung für die meisten Klientinnen nach einem Übergriff, bei dem der oder die Täter ihre Grenzen bewusst missachtet hätten, führt Jeanette Stragies die Erfahrungen aus der Beratungsarbeit weiter aus.

Erstellt wurde die Broschüre von den Beraterinnen des Frauen-Notrufs, die auf jahrzehntelange Beratungspraxis zurückblicken. In rechtlichen Fragen stand die Strafrechtlerin Dr. Maike Koch aus Bad Nauheim beratend zur Seite. Ein besonderes Qualitätsmerkmal ist zudem, dass auch der Blickwinkel betroffener Frauen einbezogen wurde.

Die Broschüre richtet sich in erster Linie an Frauen und Mädchen, wobei die Inhalte auch für Männer relevant sein können. Auch Fachkräfte sowie Angehörige und Vertraute finden hilfreiche Informationen, wie sie sensibel und unterstützend reagieren können.

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