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Glauburgs Rathauschef nimmt Abschied ohne Groll

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Carsten Krätschmer vor einem Baugerüst in der Glauberger Turnhalle. Deren mehr als vier Millionen Euro teure Sanierung liegt in den letzten Zügen. Wenn alles klappt, findet dort am 24. Januar seine Verabschiedung statt. © Judith Seipel

In einem Monat scheidet der Glauburger Bürgermeister Carsten Krätschmer aus dem Amt. Ein Rückblick auf zwölf Jahre Arbeit für die Kommune.

Man macht dem Verwaltungsfachmann Carsten Krätschmer offenbar bereits Avancen, in knapp drei Jahren dorthin zurückzukehren, wo seine berufliche Laufbahn ihren Anfang genommen hatte, nämlich ins Altenstädter Rathaus. Dort hat er 1981 seine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten begonnen. Dort könnte sich irgendwann der Kreis schließen, wenn er zum 31. Januar das Bürgermeisteramt in Glauburg aufgibt.

Einer von Krätschmers Altenstädter Kollegen damals war Norbert Syguda, der 2000 zum Bürgermeister von Altenstadt gewählt wurde. Im September 2024 wird Syguda nach 24 Dienstjahren aller Voraussicht nach in den Ruhestand gehen. Nachfolger gesucht.

Finanzen konsolidiert

Das Parteibuch - rot - passt, ihr Werdegang weist Parallelen auf und - Krätschmer ist in Altenstadt daheim. Hat er also schon mit dem Gedanken gespielt, nach einer Verschnaufpause zum Ende seiner Karriere heimzukehren an die alte Wirkungsstätte? Er lacht: »Das wünschen sich in der Tat schon Einige. Aber ich werde bestimmt nicht Bürgermeister von Altenstadt.«

Als Finanzexperte hat sich der Sozialdemokrat Krätschmer in der Glauburger Verwaltung einen guten Ruf erarbeitet, seit er dort zum Bürgermeister gewählt worden ist. In Altenstadt war er zuletzt Kämmereileiter gewesen. Die Finanzen der drittkleinsten Gemeinde im Wetteraukreis in Ordnung zu bringen, sei seine Priorität gewesen, als er am 1. Februar 2010 das Bürgermeisteramt antrat. »Ich habe Glauburg aus dem Konkurs geführt«, sagt er heute selbstbewusst. 2012 sei Glauburg im betriebsrechtlichen Sinne pleite gewesen. Mithilfe des kommunalen Schutzschirmes ab 2013 hat die Gemeinde ihre Finanzen konsolidiert. Das bedeutete viele Auflagen und eine saftige Erhöhung der Grundsteuer, »aber heute haben wir wieder ein wenig Handlungsspielraum«, so Krätschmer.

Glauburg fehlt eine Verbindung zur Autobahn. Der Weg zur A 45 über Enzheim ist gesperrt für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, auf dem direkten Weg nach Florstadt dürfen keine Lastwagen fahren, die länger als zwölf Meter sind. »Für Gewerbe sind wir einfach kein interessanter Standort«, konstatiert der Bürgermeister. Attraktiv ist Glauburg dennoch, weil beide Ortsteile - Stockheim und Glauberg - über einen Bahnanschluss verfügen. Wenn der Stockheimer Bahnhof 2026 endlich ausgebaut und die Niddertalbahn 2027 elektrifiziert sein wird, dann werde das der ganzen Region einen Schub geben, da ist sich Krätschmer sicher. Schon jetzt sei in seiner Kommune die Nachfrage nach Bauland groß, Leerstand gebe es praktisch gar nicht. Besonders ist die knapp 3000 Einwohner zählende Ostkreisgemeinde nicht nur wegen der Niddertalbahn, dem »Stockheimer Lieschen«, mit der Anbindung nach Frankfurt. Durch das 2011 eröffnete Landesmuseum Keltenwelt am Glauberg ist Glauburg überregional bekannt. »Heute kann jeder mit dem Namen Glauburg etwas anfangen, wenn ich mich vorstelle«, erzählt Krätschmer.

Der auf dem Glauberg ausgestellten 1,86 Meter großen Figur des Keltenfürsten verdankt die Region Bekanntheit und den Besuch vieler Touristen. Auch Krätschmer hat deswegen in seinem Amtszimmer immer wieder besondere Gäste begrüßt, »wegen der Keltenwelt kommen ganz andere Leute ins Rathaus«. Besonders bleibt ihm in Erinnerung, wie er dem ehemaligen Rennrodler Georg Hackl, genannt Hackl Schorsch, das Museum auf dem Keltenhügel zeigte.

2021 war vielleicht das heausforderndste Jahr seiner Amtszeit. Am 29. Januar flutet das Hochwasser des Bleichenbachs und der Nidder die Gemeinde. Hart trifft es den Ortsteil Stockheim. Kindergarten und Dorfgemeinschaftshaus saufen ab. Die Schäden sind noch immer nicht vollständig behoben, was auch an - pandemiebedingten - Lieferengpässen liegt. Im Januar, hofft er, können alle Kinder in die Einrichtung in der Herrnstraße zurückkehren.

Überschattet wird das Hochwasser von der Pandemie, deren Auswirkungen auch der Bürgermeister unmittelbar zu spüren bekommt. »Der Kontakt zur Bevölkerung ist nahezu abgebrochen.« Vereinsfeste, Geburtstagsbesuche finden nicht mehr statt. Auch im Rathaus ist es ruhig, seit der Publikumsverkehr wegen Corona zum Erliegen kam. »Man hört nicht mehr, wo die Leute der Schuh drückt, welche Probleme es gibt und man wird auch nicht mal so gelobt, da hat sich schon viel verändert«, bedauert er.

Dass dieses anstrengende Jahr zugleich Carsten Krätschmers letztes als Bürgermeister sein wird, daran war lange nicht zu denken. Seine Wiederwahl im September schien reine Formsache zu sein. Ernstzunehmende Mitbewerber waren nicht in Sicht. Selbst die parlamentarische Mehrheit, die Freien Wähler, hatten keinen Kandidaten, der dem Amtsinhaber gefährlich werden konnte. Da schlug vier Tage vor der geplanten Nominierung am 4. Juli Henrike Strauch, ehemalige Glauburger Hauptamtsleiterin unter Krätschmer und aktuell etwas glücklose Erste Stadträtin in Büdingen, bei ihm auf und sagte, dass sie sich ebenfalls bewerben wird. Krätschmer entschied schnell: »Das muss ich mir nicht antun.« 2003 stand die Glaubuger SPD in einer ähnlichen Situation mit zwei Kandidaten vor einer Zerreißprobe. Das will er dem Ortsverein nicht noch einmal zumuten.

Optionen in Ruhe prüfen

Jetzt, wenige Wochen vor seinem Ausscheiden, lehnt er sich in seinem Stuhl im Büro entspannt zurück. »Wer weiß, wozu das alles gut ist.« Das Amt habe ihn psychisch und physisch gefordert: drei bis vier Abendtermine pro Woche, Wochenendverpflichtungen sowieso. Jetzt will er Zeit und Kraft erst einmal anderen Dingen widmen. Seine Eltern sind pflegebedürftig, bei der Sanierung seines Hauses legt er selbst Hand an »und mein Hund Lupus freut sich auch, wenn ich mit ihm spazieren gehe«. Zu tun gibt es genug.

Carsten Krätschmer ist allerdings auch in einer komfortablen Lage. Nach 40 Jahren im Öffentlichen Dienst hat er, wie man sagt, ausgesorgt und kann sich Zeit lassen mit der Jobsuche. Nichts zu tun, das sei ihm nichts, bekennt er, »dafür bin ich mit 56 außerdem noch zu jung«. Er habe Optionen, die will er in Ruhe prüfen. Momentan aber reihen sich noch die Amtsgeschäfte aneinander. »Ich habe eigentlich keine Zeit, aufzuhören ...«

Krätschmers Amtszeit endet am 31. Januar. Seine Verabschiedung ist für den 24. Januar in der Glauberger Turnhalle vorgesehen. Bei diesem Termin soll auch die Amtseinführung seiner Nachfolgerin Henrike Strauch erfolgen.

Die 49 Jahre alte Sozialdemokratin Strauch hat die Bürgermeisterwahl in Glauburg am 26. September mit 73,4 Prozent der Wählerstimmen für sich entschieden. Ihre Mitbewerberin, die parteilose Stadtpolizistin Dagmar Ringwald, Polit-Neuling, kam auf achtbare 26,6 Prozent.

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