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Große Ratlosigkeit

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Eine gewisse Ratlosigkeit kann man in den Mienen des Versammlungsleiters Wolfgang Schönfeld (links) und des ZWIGL-Chefs Michael Göllner erkennen. © Klaus Nissen

Wenn Millionen im Feuer stehen, muss der Brand schnell gelöscht werden. Es geht um eine fast fertige Logistikhalle, die so nicht gebaut werden durfte - weil der Bebauungsplan für die Westerweiterung des Gewerbegebiets »Limes« fehlerhaft ist. Was nun?

Gerade mal 40 Minuten - so kurz habe man wohl noch nie getagt, wunderte sich Wolfgang Schönfeld am Mittwochabend. Der altgediente SPD-Politiker aus Limeshain leitete die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Interkommunales Gewerbegebiet Limes (ZWIGL).

Darin bestimmen je fünf Vertreter der Mitglieds-Kommunen Büdingen, Hammersbach und Limeshain die Geschicke ihres Profitcenters an der A 45. Am Mittwoch traf sich das Gremium zum Krisengespräch im holzgetäfelten Kolleg der Büdinger Willi-Zinnkann-Halle. Gut 30 Zuhörer versuchten, möglichst viel davon mitzubekommen.

Es ging um ein verzwicktes Riesenproblem. Im Juli 2021 hatte eine knappe Mehrheit der ZWIGL-Vertreter die rund elf Hektar umfassende Westerweiterung des Gewerbegebiets beschlossen. Schon im Mai 2022 feierte man mit den Investoren von der Dietz AG das Richtfest für das größte Gebäude. In der mehr als vier Hektar großen Halle wollte der saarländische Elektro-Großhändler Hager ab Januar 2023 den Betrieb aufnehmen, täglich 30 Lastwagen voller Kabel und Schalter in die Lande schicken.

Entscheidung vertagt

Doch es kam nicht dazu. Der Verwaltungsgerichtshof Kassel stoppte das Großprojekt. Die schwarz-grüne Koalition in Hammersbach hatte nämlich gegen den Bebauungsplan geklagt, weil er 2016 satzungswidrig nicht einstimmig beschlossen worden war. Der BUND setzte ebenfalls gerichtlich durch, dass seine Bedenken gegen die Bodenversiegelung angehört werden müssen. Und versucht gerade, den Abriss der nagelneuen Halle durchzusetzen.

Was nun? Hammersbachs Bürgermeister Michael Göllner (SPD) hat als ZWIGL-Chef die Aufgabe, möglichst viel Geld aus dem Betrieb des gemeinsamen Gewerbegebiets an die drei Kommunen zu überweisen. Er beantragte vor dem Büdinger Krisentreffen, den Bebauungsplan einfach noch einmal zu beschließen. Diesmal ohne Rechtsfehler.

Wenn dafür die nötige Einstimmigkeit fehlt, so hieß es sinngemäß im Tagesordnungspunkt fünf, sei die Planungshoheit des ZWIGL für die Westerweiterung zu beenden. Dann könnte die Gemeinde Hammersbach die Logistikhalle genehmigen.

Doch es kam anders. Punkt fünf sei zu vertagen, beantragte der Limeshainer Grüne Eric Duda - und bekam nach kurzem Ratschlag dafür die Stimmen aller Delegierten. Duda sagte: »Es ist Zeit, dass wir miteinander reden.« Acht Wochen müsse man sich dafür nehmen.

Rathauschefs merkwürdig still

Nach der Sitzung bildeten sich kleine Diskutier-Gruppen aus ZWIGL-Vertretern und Zuschauern. CDU und Grüne waren in Hammersbach von Anfang an gegen die dritte Logistikhalle, meinte der Unions-Fraktionschef Alexander Kovacsek. Vor Ort habe es viele Menschen verletzt, dass die Halle trotz aller Verfahrensfehler so schnell gebaut wurde. Trotzdem streitet Schwarz-Grün jetzt nicht konsequent für den Abriss der neuen Halle. »Die Firmen wollen Rechtssicherheit«, sagte Kovacsek. »Wir streben eine Hammersbacher Lösung an, um der Gemeinde den Frieden wiederzugeben.« Auf Vermittlung des CDU-Landtagsabgeordneten Heiko Kasseckert soll die Halle etwas kleiner bleiben als geplant, der Rest des Areals kleineren Unternehmen bereitgestellt werden.

Andere schüttelten den Kopf. Es gebe »jede Menge offener Fragen«, meinte einer, falls die West- und die für später geplante Osterweiterung in die Zuständigkeit der Gemeinde Hammersbach (West) und der Stadt Büdingen (Ost) fiele. Es gehe ja auch um Gewerbesteuererträge, ergänzte die sozialdemokratische Parlamentsvorsitzende aus Hammersbach, Ursula Dietzel. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die anderen Kommunen Hammersbach das alles schenken«, sagte sie.

Die Bürgermeister von Hammersbach, Limeshain und Büdingen blieben bei der historischen ZWIGL-Sitzung merkwürdig still. Erst auf Nachfrage äußerte sich hinterher der Büdinger Rathauschef Benjamin Harris. Der CDU-Politiker meinte: »Dass das Buch heute nicht ganz zugeklappt wurde, ist ein gutes Zeichen. Wir halten an der interkommunalen Idee fest, so lange es geht. Wir sind bisher gut damit gefahren. Die Gemeinden sind darauf angewiesen, kommunal zusammenzuarbeiten.«

So bleibt vorerst unklar, ob und wie es mit dem gemeinsamen Gewerbegebiet am Rasthof Langen-Bergheim weitergeht. Der Verwaltungsgerichtshof hat bisher nur im Eilverfahren entschieden. Für die reguläre Verhandlung steht noch kein Termin fest, sagte ZWIGL-Chef Michael Göllner. Und die Vorsitzende der zuständigen Kammer sei seit Ende Januar im Ruhestand. VON KLAUS NISSEN

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Vorerst bleibt unklar, ob und wie es mit dem interkommunalen Gewerbegebiet »Limes« an der A 45 weitergeht. © pv

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