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Herausforderer mit klarer Ansage gegen Amtsinhaber: Marcel Weber will’s wissen in Hirzenhain

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Zur Landesgartenschau in vier Jahren möchte Marcel Weber an einer neugestalteten Uferpromenade am Stauweiher sitzen, einen Cocktail trinken und seine Heimat gut entwickelt wissen - am liebsten als Hirzenhainer Bürgermeister. © Björn Leo

Marcel Weber spricht vom Verwaltungsmodus, in dem die Gemeinde Hirzenhain stagniert, und gibt sich selbstbewusst. Kein Wunder, denn: Der Vorsitzende der UWG will Bürgermeister werden.

Anlaufschwierigkeiten sind bei Marcel Weber überhaupt keine auszumachen. Die Rolle als angriffslustiger Herausforderer scheint ihm wie auf den Leib geschnitten. »Hirzenhain befindet sich seit Jahren im Dämmerschlaf. Es tut sich so gut wie nichts mehr«, sagt der junge Mann überzeugt und mit einer gehörigen Portion Unbekümmertheit.

Klare Ansagen, jede Menge Spitzen

Am Rathaus zeigt er in Richtung Erdgeschoss: »Wer dort reingeht, muss ja annehmen, er steht in einer Bücherei. Keine Willkommenskultur und antiquiertes Flair.« Marcel Weber will Althergebrachtes aufbrechen, die Verwaltung zum offenen Haus machen. An der Karl-Birx-Straße deutet er auf die Grünflächen: »Alles ist ungepflegt. Dem Bauhof fehlt es an Personal und Struktur und der Verwaltung an guten Ideen, die Missstände zu beheben.« Und zack, die nächste Spitze gegen Amtsinhaber Timo Tichai, den der 33 Jahre alte Augenoptikermeister am 8. Oktober bei der Bürgermeisterdirektwahl herausfordert.

Zwei Männer, ähnliche Typen

Marcel Weber kommt auf einer Runde durch Hirzenhain auf eine Menge Themen zu sprechen, die ihm unter den Nägeln brennen. Das mag in der mit knapp 3000 Einwohnern zählenden zweitkleinsten Gemeinde im Wetteraukreis einfacher sein als in großen Flächenkommunen wie dem benachbarten Nidda. Das Bemerkenswerte an seiner Art ist aber, dass er und Tichai sich gar nicht so unähnlich sind und sie beide einem Gestaltertypus angehören, der so gar nichts mit dem lautsprecherartigen Macher zu tun hat, der vermeintlich alle Felder bespielen kann und sich dabei gerne in Phrasen verliert. Marcel Weber mag Timo Tichai auch als Mensch, allein der Versuch, etwas reißen zu wollen, sagt er, ist so gar nicht zu erkennen.

Seit der Gründung der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG) 2011 ist Marcel Weber Vorsitzender des dahinter stehenden Vereins, seit 2016 ist er deren Fraktionschef in der Gemeindevertretung, seit 2021 agiert dort die UWG als stärkste Kraft. Weber, in Ober-Lais groß geworden, 16 Jahre in Merkenfritz gelebt und seit sechs Jahren in Hirzenhain zu Hause, ist ein Kind der Region, weiß um die Stärken und Schwächen des oberen Niddertals. »Das Landleben hat mich geprägt, es erdet mich und gibt mir Kraft.« Er gehe mit offenen Augen durchs Dorf, spüre die Unzufriedenheit der Leute. Es fehle an Wertschätzung, an Konzepten, an Gewerbeflächen und an Baugebieten. »Wir haben als Gemeinde das Potenzial, auch für junge Familien attraktiv zu sein, allein wir fördern es nicht zutage«, meint Weber. Dabei stehe Hirzenhain finanziell gut da. Er spricht von Liquiditätsreserven in Höhe von zwei Millionen Euro, die investiert werden können.

In diesem Zusammenhang nennt Weber viele Bereiche in der Gemeinde, die auch für Bürger gut nachvollziehbar sind: die Neugestaltung und Entwicklung der Spielplätze, unzureichend gepflegte Friedhöfe, öffentliche Grünanlagen, Konzepte für eine moderne Verwaltung, die er als Bürgermeister offener, digitaler und zugänglicher gestalten will.

Und dann ist da ja noch die Landesgartenschau in vier Jahren. Hirzenhain gehört zu den elf Kommunen, die sie 2027 ausrichten werden. Die Achse Rathaus-Stausee-Schwimmbad soll ohnehin eine umfassende Aufwertung erfahren, ist Teil des Städtebauförderprogramms »Lebendige Zentren«, das in Hirzenhain im besten Fall zur Entwicklung einer neuen Ortsmitte beitragen wird. Aber: Zur Gartenschau soll der Bereich ebenfalls eine bedeutende Rolle spielen. »Bislang gibt es nichts Konkretes. Dabei drängt die Zeit ungemein«, erklärt Marcel Weber, der die Idee, entlang des Stauweihers eine attraktive Uferpromenade zu gestalten, verwirklichen will. Ein Projekt, das auf allgemeine Zustimmung in der Gemeinde stößt, jedoch aus Sicht des UWG-Mannes endlich an Zugkraft gewinnen muss. »Die Verwaltung steht noch ganz am Anfang. Die Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie liegen frühestens 2025 vor, mit der Umsetzung wird es eher 2026. Die Zeit wird knapp«, mahnt Weber, der am Ende eines Spaziergangs am See dennoch positiv gestimmt ist.

Auf die Frage, wo er sich im Jahr der Gartenschau sieht, erklärt er kess: »Dann treffen wir uns hier am Wasser wieder, vergraben die Füße im Sand, trinken einen Cocktail an der Beachbar und holen uns was Leckeres am Foodtruck.« 2027, prognostiziert er, werden die Grundsteuer gesunken und die Feuerwehren in der Gemeinde anständig entwickelt sein. »Ach ja, und ich bin Bürgermeister.«

Sein Motto: Kunde ist König

Ob er das denn kann, Bürgermeister, so ganz ohne Verwaltungserfahrung? »Ich bin als Optiker in einer Servicebranche, in der jeder Kunde König ist. So möchte ich das Rathaus gerne haben - eine Institution, die der Bürger gerne aufsucht und die ihm weiterhilft.« Alles andere, was es als Bürgermeister braucht, könne man sich gut aneignen. An Selbstvertrauen mangelt es Marcel Weber jedenfalls nicht.

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