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Hessische Landesforstschule: Anfangs eine reine Männersache

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Am 14. September 1923 wurde die Försterschule in Schotten eingeweiht. REPRO: BUND DEUTSCHER FORSTLEUTE © Stefan Weil

Sie war eine Institution: Ältere Einwohner Schottens werden sich noch gut an die hessische Landesforstschule erinnern. Vor 100 Jahren wurde sie gegründet, 1982, 60 Jahre später geschlossen.

Die Gründung geht auf eine Ausbildungsneuordnung der Forstbeamten zum Beginn des 20. Jahrhunderts zurück. Im Deutschen Reich wurden damals mehrere Forstschulen gegründet.

Dem konnte sich auch das Großherzogtum Hessen (Darmstadt) nicht verschließen. Staatsrat Dr. Karl Weber (1864-1929) stand ab 1919 als Landesforstmeister an der Spitze der Forstverwaltung. Weber besaß zusammen mit seiner Frau Ida in Schotten ein stattliches Fachwerkhaus, in dem heute das Vogelsberger Heimatmuseum untergebracht ist. Ein Ausstellungsbereich ist der Geschichte der Forstschule gewidmet.

Weber trieb entscheidend die Modernisierung der Försterausbildung im neu geschaffenen Volksstaat Hessen nach dem Ersten Weltkrieg voran. Bereits von 1890 bis 1894 war er als Forstassessor in Schotten tätig und lernte dabei den Vogelsberg lieben. So setzte er sich vehement dafür ein, dass die Forstschule in Schotten gegründet wurde.

Am 4. Oktober 1921 fasste der Landtag den entsprechenden Beschluss, wie Michael Küthe schreibt, Mitautor des vom Bund Deutscher Forstleute, Landesverband Hessen, herausgegebenen Buches »Hessische Landesforstschule Schotten«.

Erster Leiter der neuen Forstschule - sie hieß zunächst Försterschule - war Oberforstmeister Prof. Dr. Gustav Baader (1878-1956), der gleichzeitig Leiter des Forstamtes Schotten war. Er plädierte für eine zweijährige Ausbildungszeit, die aber erst nach dem Zweiten Weltkrieg verwirklicht wurde. Ab 1970 dauerte die Ausbildung drei Jahre.

Vielseitiges Lehrrevier

Das Forstamt Schotten brachte gute Voraussetzungen für den Standort der Forstschule mit, wie Küthe anmerkt. »Ein vielseitiges Lehrrevier mit wechselnder Bestockung, der Übergang vom reinen Buchenwald in 280 Metern Höhe bis zum reinen Nadelwald in 700 Metern bot zahlreiche Abwechslungen.«

Für die Försterschule wurde ein neues Gebäude gebaut, das im September 1923 bezogen werden konnte. Da der erste Lehrgang bereits am 24. März 1922 seinen Betrieb aufgenommen hatte, wurde der Unterricht für 18 Männer zunächst im Saal des »Posthäuschens und im »Hessischen Hof« abgehalten. Hier befindet sich heute die Sparkasse Oberhessen.

Der Forstberuf war damals und in den folgenden Jahrzehnten reine Männersache. In den Teilnehmerlisten für die Lehrgänge taucht kein einziger Frauenname auf.

Die Forstschule Schotten errang dank des Engagements von Gustav Baader schnell einen guten Ruf, was auch »ausländische« Schüler aus anderen Teilen Deutschlands anzog.

Zur räumlichen Einrichtung gehörten zwei Klassenräume, Bücherei, Lehrmittelräume, zwei Lehrerwohnungen und eine Hausmeisterwohnung. Die Forstschüler mussten sich in Privatunterkünften einquartieren. Die Forstschule war nicht als Internat vorgesehen.

Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde der Unterrichtsbetrieb unterbrochen. Insgesamt 65 Forstschüler ließen im Krieg ihr Leben. Ein Ehrenmal auf dem Alteburgskopf erinnert daran.

Trend zur Verwissenschaftlichung

1946 nahm das neue Bundesland Hessen die Einrichtung als Landesforstschule Schotten wieder in Betrieb. Forsttechnik, Landespflege und Umweltkunde waren neue, den Erfordernissen angepasste Unterrichtsinhalte. Weitere Schwerpunkte waren Waldbau, Forstschutz, Arbeitslehre und Jagd. Eine von mehreren baulichen Erweiterungen war die 1962 eingeweihte Mehrzweckhalle, die auch heute noch vielfach genutzt wird.

In den 1970er Jahren setzte deutschlandweit ein Trend ein, die Ausbildung der Förster zu verwissenschaftlichen. Nach langem Ringen entschied sich die hessische Landesregierung 1978 dafür, zukünftig die Ausbildung der Förster in die neue Fachhochschule in Göttingen zu konzentrieren.

1982 wurde die Landesforstschule in Schotten geschlossen. Im März wurden 82 Männer aus dem letzten Lehrgang entlassen. Letzter Leiter in der Übergangszeit war Joachim Leonhardt.

Der Lehrgangsbetrieb konnte aber dennoch, wenn auch in veränderter Zielsetzung weitergehen. Die Forstschule wurde zur Aus- und Fortbildungsstätte der Hessischen Landesforstverwaltung umgewandelt mit dem Schwerpunkt Fortbildung für die hessischen Forstbediensteten.

Diese neue Aufgabenstellung währte ein Vierteljahrhundert. 2007 wurde der Lehrgangsbetrieb endgültig geschlossen. Ein Jahr später zog das Schottener Forstamt in die Räume ein in der Karl-Weber-Straße ein.

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